Soziales Engagement
der Kirche dürfe nicht losgelöst vom Evangelium geschehen. Das hat Benedikt XVI. bei
der Generalaudienz heute Vormittag betont. In der Audienzhalle sprach der Papst über
den Hl. Stephanus, erster Märtyrer und Diakon. In diesem Zusammenhang ging Benedikt
auf den Gestus der Handauflegung ein, Konstitutivum für alle Weihehandlungen der Kirche: "Dass
es sich um eine wichtige Handlung dreht, zeigt sich, wenn man den ersten Timotheusbrief
liest: 'Lege keinem vorschnell die Hände auf und mach dich nicht mitschuldig an fremden
Sünden (5,22)." Der Papst selbst stellte dieses Zitat nicht in den Zusammenhang
der aktuellen Geschehnisse in Polen. Lediglich in den Grüßen an die Pilger aus dem
Land Karol Wojtylas fügte er an: "Der Glaube, die Liebe und die Weisheit eine
alle Gläubigen Polens."
Mit der Kateches zum Hl. Stephanus setzte Benedikt
XVI. die Reihe über bedeutende Gestalten der Urkirche fort. Auf deutsch fasste er
zusammen: "Die Apostelgeschichte berichtet uns vom heiligen Stephanus an der
Spitze der sieben Diakone der Jerusalemer Gemeinde. Die Bezeichnung 'Diakon' steht
freilich nicht im Text, die Überlieferung hat die Siebener-Gruppe als Ursprung des
Diakonenamtes gedeutet. Die Apostel wählten also bewährte Männer als Helfer für den
christlichen Liebesdienst aus, um sich uneingeschränkt dem Gebet, d.h. vor allem der
Feier der Eucharistie und der Verkündigung des Wortes widmen zu können. Zum Zeichen
der Beauftragung mit diesem Dienst und der Bitte um die dafür notwendige Gnade legten
die Apostel den sieben Männern die Hände auf. Stephanus sah über den karitativen Bereich
hinaus seine Aufgabe auch in der Evangelisierung. Seine Predigt und sein klares Bekenntnis
zu Jesus Christus, den er als die innere Mitte des ganzen alten Testamentes deutete,
brachte ihm Widerstand und schließlich das Martyrium ein. Als erster Märtyrer für
Christus betete er, nach dem Vorbild Jesu, noch im Sterben für seine Verfolger. Die
Verfolgung der jungen Kirche von Jerusalem gab den Jüngern Jesu den Anstoß, die Botschaft
Christi über Jerusalem hinaus ... und schließlich zu den Heiden zu tragen. Paulus,
der bei der Steinigung des Stephanus zugegen war, führte nach seiner Bekehrung dessen
Verkündigung fort, führte vor allem seine Deutung des ganzen alten Testaments auf
Christus hin weiter und befreit so das Alte Testament von der Bindung an die äußere
Befolgung des Kultgesetzes und seiner Rechtsvorschriften, öffnet es auf die ganze
Welt hin, so dass der Gott Abrahams der Gott aller Menschen werden konnte und alle
in der Taufe, im Glauben an Christus Söhne Abrahams und damit Träger der Verheißung
werden durften. ... Dies ist der wunderbare Vorgang, dass der, der Gegner des Stephanus
war, durch die Begegnung mit Christus selbst, dessen Erbe aufnimmt und damit zum Apostel
der Völkerwelt, zum Mitbegründer der universalen Kirche wurde." Der Papst grüßte
in sieben Sprachen. Seine besondere Bitte an die deutschsprachigen Pilger: "Der
heilige Stephanus zeigt uns, daß unser sozialer und karitativer Einsatz nicht von
der mutigen Verkündigung des Glaubens getrennt werden kann. Er helfe uns, nicht vor
Schwierigkeiten und Anfeindungen zurückzuschrecken, sondern darin die Chance zum Zeugnis
für Christus zu sehen. Der Heilige Geist stärke und leite euch!" (rv 10.01.06
bp)