In italienischen Zeitungen nehmen Berichte und Kommentare zum Rücktritt des Warschauer
Erzbischofs Stanislaw Wielgus breiten Raum ein. Der "Corriere della Sera" behauptet,
dass Wielgus dem Papst nicht die ganze Wahrheit über seine Kontakte zum kommunistischen
Geheimdienst gesagt habe. Das Blatt beruft sich dabei auf eine angebliche Äußerung
von Kardinal Giovanni Battista Re, dem Präfekten der Bischofskongregation. Im Moment
der Nominierung von Wielgus für den Warschauer Metropoliten-Sitz habe der Vatikan
"nichts" über diese Kollaboration gewußt. "La Repubblica" gibt an, Papst Benedikt
habe am Samstag Abend von der polnischen Regierung per Fax ein Dossier zu Wielgus
in deutscher Sprache erhalten; auf dieser Grundlage habe er dann seine Entscheidung
getroffen, den Rücktritt von Wielgus am Sonntag Morgen anzunehmen. Der frühere
Vatikan-Sprecher Joaquin Navarro-Valls erzählt in einem "Repubblica"-Artikel, der
polnische Papst Johannes Paul II. habe ihm einmal von Kontakten zum polnischen Regime
berichtet. Navarro zitiert den verstorbenen Papst mit den Worten: "Das Regime hat
es auch bei mir versucht." Bei einem Gespräch mit Regimevertretern habe der damalige
Priester Karol Wojtyla aber nur allgemeine Weisheiten zum besten gegeben; daraufhin
habe das Regime ihn offenbar als "ungefährlich" eingestuft. Navarro betont, Johannes
Paul habe ihm gegenüber auch die Notwendigkeit "der Vergebung" betont. Der polnische
Priester Adam Boniecki, ein langjähriger Weggefährte Johannes Pauls, glaubt im "Repubblica"-Interview,
Papst Benedikt sei in Sachen Wielgus schlecht informiert worden; das werde "Folgen
haben". Boniecki lobt die "rasche Entscheidung" des Papstes. Der frühere italienische
Kultusminister Rocco Buttiglione urteilt, das veröffentlichte Wielgus-Dossier sei
"kaum glaubwürdig". Der Erzbischof habe aber zurücktreten müssen, weil seine Glaubwürdigkeit
beschädigt sei - "ob zu Recht oder Unrecht." (rv 08.01.07 sk)