2007-01-07 12:28:50

Polen: Erzbischof von Warschau tritt zurück


Nur zwei Tage nach Übernahme seiner Amtsgeschäfte, am Tag der geplanten feierlichen Einführung, ist der neue Warschauer Erzbischof Stanislaw Wielgus zurückgetreten. Das teilte die vatikanische Nuntiatur in Warschau heute mit. Vorangegangen waren heftige Debatten über eine langjährige Zusammenarbeit von Wielgus mit dem kommunistischen Geheimdienst. Papst Benedikt XVI. nahm das Rücktrittsgesuch an. Mit der Leitung der Erzdiözese wurde übergangsweise der vor kurzem aus Altersgründen zurückgetretene Vorgänger Wielgus', der polnische Primas Kardinal Jozef Glemp (77), betraut.
Auf Druck der Öffentlichkeit hatte Wielgus am Freitag Abend eingestanden, dass er vor Jahrzehnten mit der polnischen Staatssicherheit zusammengearbeitet hat. Er habe dies getan, um vom kommunistischen Regime die Erlaubnis zu Auslandsreisen zu erhalten, bekräftigte aber, bei diesen Kontakten habe er niemandem geschadet.
Vatikansprecher Pater Federico Lombardie erklärte am Mittag, das Verhalten Wielgus' habe seinem Ansehen geschadet. Der Amtsverzicht sowie die sofortige Annahme seien die angemessene Rekation auf die aktuelle Lage. Lombardi warnte gleichzeitig vor einem Rachefeldzug gegen die katholische Kirche in Polen. Der Fall Wielgus sei weder der erste noch der letzte dieser Art. Man dürfe nicht vergessen, so der Vatikansprecher, dass die Geheimdienstakten "von Funktionären eines diktatorischen und erpresserischen Regimes angefertigt" seien.
Das polnische Fernsehen hatte heute Morgen gemeldet, die feierliche Amtseinführung in der Warschauer Kathedrale werde abgesagt. Stattdessen fand ab 11.00 Uhr ein Te Deum, eine Dankmesse für die 25-jährigen Dienste von Kardinal Glemp statt.
Glemp nahm den zurückgetretenen Erzbischof in der Predigt vor den Vorwürfen in Schutz. "Über Wielgus wurde auf der Basis von dreimal kopiertem Papier geurteilt", so Glemp wörtlich. "Wir wollen solche Gerichte nicht." Die Gottesdienstbesucher applaudierten. Der Primas von Polen rief dazu auf, Zeugen für die Geheimdiensttätigkeit zu finden, vor allem die Agenten, die Wielgus kontaktiert hätten. Für die Aufarbeitung der Vergangenheit reiche es nicht aus, Dokumente zu analysieren.
Wielgus selbst nahm an der Messe teil. Mehrere Geistliche und Journalisten riefen inzwischen dazu auf, den tragisch gedemütigten Erzbischof nun in Ruhe zu lassen.
(rv/kna/ansa 07.01.07 bp)







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