2006-12-20 14:28:31

Israel: Patriarch Sabbah, "Hört mit dem Unrecht auf!"


Endlich Frieden für das Heilige Land – eindringlich hat der lateinische Patriarch von Jerusalem Michel Sabbah in seiner Weihnachtsbotschaft ein Ende Unrechtssituation gefordert. Die Hoffnung schwinde immer mehr. Gaza sei ein großes Gefängnis und auch durch die innerpalästinensischen Konflikte und die vielen Opfer unter der Zivilbevölkerung ein Ort des Todes.
„Die Angst vor der Zukunft herrscht hier überall. Im Irak, Libanon, Syrien, Ägypten, Jordanien. Die Zukunft wird für alle aufs Spiel gesetzt. Und der internationale Terrorismus findet in diesen offenen Wunden seine Nahrung.“
Die Menschen würden gerade in Bethlehem, dem Ort der Menschwerdung, trennende Mauern erleben. Das Leben dort sei von Frustration geprägt und nur noch schwer zu ertragen:
„Wir brauchen in der Tat Solidarität und wir sind dankbar für alle Botschaften der Brüderlichkeit, die uns aus der ganzen Welt erreichen. Und doch: Was wir vor allem brauchen ist: Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit und das Ende der Besatzung!“
Die internationale Gemeinschaft sei machtlos und unfähig, Frieden und Gerechtigkeit zu stiften, so Sabbah:
„Das Lösung liegt in der Annäherung der beiden Völker, nicht in ihrer Teilung, eine Lösung für die Israelis und die Palästinenser, wie auch für den ganzen Nahen Osten. Die beiden Völker können durchaus in Frieden und Ruhe zusammenzuleben!“
Dazu müsse auch die internationalen Staatengemeinschaft beitragen, so Sabbah gegenüber Radio Vatikan.
(rv 201206 mc)

Frohe Weihnachten!


Hier der Text der Botschaft in der Übersetzung der KNA:


1. Brüder und Schwestern, aus meiner Diözese in Palästina,
Israel, Jordanien und Zypern wünsche ich Euch allen Freude,
Gelassenheit, Ruhe und Frieden. Weihnachten kommt nach Bethlehem
dieses Jahr erneut in einer Situation von Gewalt und Frustration,
mit irdischen Mauer und Absperrungen sowie mit solchen in den
Herzen. Besatzung und der Entzug von Freiheit auf der einen
Seite, Angst und Unsicherheit auf der anderen gehen weiter. Gaza
bleibt ein großes Gefängnis, ein Ort des Todes und des
Zerwürfnisses unter den Palästinensern. Selbst Kinder wurden dort
umgebracht. Und alle, auch die internationale
Staatengemeinschaft, sind nach wie vor unfähig, einen wirklichen
Weg des Friedens und der Gerechtigkeit zu finden. Die Angst vor
der Zukunft erstreckt sich auf die ganze Region: Irak, Libanon,
Syrien, Ägypten, Jordanien. Für alle steht die Zukunft auf dem
Spiel. In all diesen offenen Wunden findet der weltweite
Terrorismus reichlich Nahrung.


2. Dieses ist unser Blick von Bethlehem aus auf Weihnachten. Und
dennoch ist die Weihnachtsbotschaft eine Botschaft des Lebens,
des Friedens und der Gerechtigkeit. Der Prophet Jeremia sagt: «In
jenen Tagen und zu jener Zeit werde ich für David einen gerechten
Spross aufsprießen lassen. Er wird für Recht und Gerechtigkeit
sorgen im Land. (...) Jerusalem kann in Sicherheit wohnen» (Jer
33,15-16). Und Jesaja erstreckt seine Vision über alle Nationen:
«Der Herr bringt Gerechtigkeit hervor und Ruhm vor allen Völkern»
(Jes 61,11). Der heilige Paulus seinerseits sagt uns in den
zweiten Lesungen des Advents, dass der Weg zu Gerechtigkeit und
Frieden über die Nächstenliebe und die Heiligkeit eingeschlagen
wird: «Euch aber lasse der Herr wachsen und reich werden in der
Liebe zueinander und zu allen (...), damit euer Herz gefestigt
wird und ihr ohne Tadel seid, geheiligt vor Gott» (1 Thess 3,11).


Zudem hat die Kirche uns seit dem ersten Adventssonntag die
Person Johannes des Täufers vor Augen gestellt, den Vorläufer
Christi. Er predigte Buße, und die verschiedenen Volksgruppen
kamen, um ihm zuzuhören und ihm Fragen über die Wege zur Umkehr
und zum neuen Leben zu stellen. Selbst die Soldaten fragten ihn,
was sie tun müssten, um gerettet zu werden: «Auch Soldaten
fragten ihn: Was sollen denn wir tun? Und er sagte zu ihnen:
Misshandelt niemand, erpresst niemand, begnügt euch mit eurem
Sold!» (Lk 3,14)


3. Das Leben in Bethlehem und seiner Umgebung ist heute sehr
schwierig geworden, trotz der zahlreichen Solidaritätsbekundungen
aus dem In- und Ausland. Ja, wir brauchen diese Solidarität, und
wir sind dankbar für die geschwisterlichen Botschaften, die wir
aus der ganzen Welt erhalten haben. Aber unser grundlegendsten
Bedürfnisse sind Friede, Gerechtigkeit, Freiheit und das Ende der
Besatzung. In diesem Punkt jedoch scheint die Welt ohnmächtig zu
sein. Wir jedoch sagen: Jeder und Jede, auch Soldaten und
politische Führer, haben die Fähigkeit, Liebe, Heil und Leben zu
schenken. Dafür jedoch bedarf es einer Bekehrung - vom Tod zum
Leben, von dem Bild des anderen als einem Feind und Mörder zu der
Einsicht, einen Bruder und Lebensspender vor sich zu haben.


Unsere politischen Führer müssen ebenfalls den Täufer fragen:
«Und wir, was müssen wir tun, um das Heil für uns zu finden und
für jene, die ihr Schicksal in unsere Hände gelegt haben?» Auch
sie müssen dieselbe Antwort hören: «Misshandelt niemand, erpresst
niemand, begnügt euch mit eurem Sold!» (Lk 3,14).


Mögen sie die Stimme der Unterdrückten in diesem Heiligen Land
hören, die Stimme derer, die gestorben sind, und die jener, die
weiter von Tod und Demütigung bedroht sind, denen Unrecht
geschieht, um die Sicherheit der anderen Partei zu sichern.


Bethlehem ist die Stadt des Friedens. Unglücklicherweise ist sie
nun zu dem Gegenteil geworden, zu einer Stadt des Streits und des
Todes. Das Leben und der Friede wären jedoch möglich und sogar
leicht zu finden, wenn die Verantwortlichen den aufrichtigen und
entschiedenen Willen dazu hätten. Das Heil liegt in der
Annäherung der beiden Völker, nicht in ihrer Trennung. Hier liegt
das Heil für Palästinenser und für Israelis sowie für die ganze
Region. Die beiden Völker sind fähig, gemeinsam in Frieden und
Ruhe zu leben. Dann werden der Tod, das Morden, die Rache, die
Ablehnung und der Extremismus in dem Maße schwinden, in dem sie
keine Nahrung mehr in Unterdrückung, Besatzung, Armut und
Demütigungen finden.


4. Weihnachten bringt der Menschheit die Freude. Es verkündet
allen das Heil, und besonders jenen, die in Bethlehem und seiner
Umgebung leben, Palästinensern und Israelis. «Lasst uns nach
Bethlehem ziehen», um zu sehen, was dort geschehen ist und was
dort weiterhin geschieht (vgl. Lk 2, 15). Was sagt uns die Mauer
heute, was sagen uns die Bewohner Bethlehems heute? Lasst uns
nach Bethlehem gehen, damit auch wir die Engel den Frieden auf
Erden verkünden hören - Frieden für jeden guten Willen, für alle
aufrichtige Brüderlichkeit, die sich jedem Hass und jeder
Feindschaft entgegenstellt. So werden wir in der Annäherung der
beiden Völker sowohl die Sicherheit wiederfinden als auch das
Ende der Besatzung und die Freiheit.


Für alle, Brüder und Schwestern, bitte ich Gott, dass Ihr die
Weihnachtsbotschaft hören und leben möget, die Botschaft des
Friedens, der Freude und des neuen Lebens.


+ Michel Sabbah, Lateinischer Patriarch von Jerusalem


Jerusalem, 20. Dezember 2006










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