Bischof von Arabien: "Gegenseitigkeit" muss eingeklagt werden
Ursprünglich wollte
Bischof Paul Hinder nach seinem Eintritt in den Kapuzinerorden nach Afrika gehen.
Aber es kam ganz anders: Vor zwei Jahren wurde der heute 64-jährige deutschsprachige
Schweizer zum Bischof und Apostolischen Vikar von Arabien ernannt. Als solcher ist
er für die sechs arabischen Ländern Bahrain, Katar, Saudi Arabien, Vereinigte Arabische
Emirate, Oman und Jemen zuständig. Die rund 2,3 Millionen Katholiken in seinem Vikariat
dürfen ihren Glauben nicht in der Öffentlichkeit bekennen. Dennoch werden beispielsweise
in Dubai tausende Gläubige die Heilige Messe an Weihnachten besuchen. Wie sieht das
tägliche Leben der Christen auf der arabischen Halbinsel aus? Mario Galgano hat ihn
gefragt: „Die Gläubigen in unserem Gebiet – ich sage das vereinfachend
– intensivieren entweder ihr Glaubensleben oder sie sterben langsam aus. Das ist vielleicht
etwas scharf gesagt, aber das erklärt auch, warum unser Pfarreileben sowie das Gemeindeleben
sehr aktiv und intensiv sind. Man bedenke: Wir haben Gemeinden, die zusammengesetzt
sind aus verschiedenen Nationalitäten. In unserer Pfarrei in Abu Dhabi zählen wir
über 90 verschiedene Nationalitäten.“
In der Schweiz wird in einigen Orten
über die Errichtung von Minaretten oder von Koran-Schulen diskutiert. Die Gegner argumentieren,
dass schließlich auch in den arabischen Ländern keine Kirchen stehen dürfen. Wie sehen
Sie das? Und wie können wir dabei die Diskussion rund um den Begriff „Religionsfreiheit“
betrachten?
„Es ist für mich absolut klar, dass hier immer wieder die Gegenseitigkeit
eingeklagt werden muss. Dies macht der Papst zum Glück auch. Dies gilt insbesondere
im Bereich der Menschenrechte und nicht nur für die Religionsfreiheit. Doch die Religionsfreiheit
ist ein besonders sensibler Punkt. Und ich staune natürlich auch, wenn ich sehe, dass
einerseits in Europa eine Großzügigkeit herrscht und andererseits bei uns dasselbe
nicht möglich ist. Aber ich vertrete die Meinung, dass es das Recht der verschiedenen
Religionsangehörigen ist, in welchem Land auch immer sie sind, dass sie ihre Religion
ausüben dürfen. Zum Glück gibt es diese Möglichkeit in den westlichen Demokratien.
Ich möchte dieses Recht auf keinen Fall eingeschränkt wissen, nur deshalb weil es
bei uns nicht so ist. Ich zähle eher darauf, dass sich das Beispiel der europäischen
Staaten längerfristig auf andere Länder auswirkt. Ich hoffe natürlich, dass die politischen
Mandatsträger genügend Mut haben, bei den internationalen Begegnungen oder bei den
bilateralen Gesprächen immer wieder die Menschenrechtskonvention anzumahnen und einzuklagen.“
Gehen
wir zurück zur Religion: Wie sehen Sie den Dialog des Islams mit dem Christentum?
„Es
gibt natürlich diese Meetings oder auch interreligiöse Gespräche. Ich habe selber
auch schon daran teilgenommen, zum Beispiel in Katar, wo seit einigen Jahren ein solches
Treffen stattfindet. Das sind wichtige Foren, wo man einander von Angesicht zu Angesicht
kennen lernt. Was die theoretische Auseinandersetzung betrifft, denke ich, dass dies
eher eine schwache Ebene ist, weil den Leuten oft die nötigen Kompetenzen fehlen.
Daher, glaube ich, müsste man gleichzeitig – oder vielleicht sogar zuvor – sehr viel
mehr praktische Grundlagenarbeit leisten. Ich glaube nicht, dass das eigentliche interreligiöse
Gespräch im Moment viel weiter führen wird.“ (rv 17.12.06 mg)