2006-12-08 17:26:51

P. Basilius Streithofen OP
Eine streitbare Stimme ist verstummt


RealAudioMP3 Basilius Streithofen, Dominikanerpater, ist in der Nacht zum Dienstag im Alter von 80 Jahren gestorben. Über Jahrzehnte leitete der Ordensmann das Bonner Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg und war für die zweimonatlich erscheinende ordensnahe Zeitschrift «Die neue Ordnung» verantwortlich. Hören Sie einen Beitrag von Pater Max Cappabianca OP: 
„Diese Schlaumeier in Berlin, die immer alles wissen und besser wissen, als der Kanzler oder der Bundespräsident, das sind ja journalistische Schlaumeier, die würden besser den Mund halten.“
So kannten ihn viele – P. Basilius Streithofen. Streitlustiger Dominikanerpater, bekannt für seine pointierten und oft provozierenden Wortmeldungen – hier seine Meinung zu Medienvertretern in Berlin. In der Nacht zum Dienstag ist er im Alter von 80 Jahren in Bonn verstorben.
Er war vielleicht einer der letzten profilierten Vertreter eines „politischen Katholizismus“ in Deutschland. Geboren in einer gut katholischen Familie am Niederrhein, diente er im Zweiten Weltkrieg als Fallschirmjäger. 1950 trat er in den Dominikanerorden ein und wurde Mitarbeiter von P. Eberhard Welty – nach dem Krieg einem der führenden Köpfe im Gespräch von Politik und Kirche. Bekannt wurde Streithofen als Leiter des „Instituts für Gesellschaftswissenschaften Walberberg“.
Unsere Kollegin Angelika Ditscheid von der deutschen Welle sprach kürzlich noch mit Pater Basilius. Seine Erinnerungen an diese Zeit:
„1967 wurde ich hier Geschäftsführer und später Vorsitzender und ich habe erst von den ganzen Sozialismusideen hier die Institutsarbeit befreit und da einen radikalen Schnitt gemacht. Da gab’s schon eine ganze Reihe von Klerikern, auch der ein oder andere Bischof, da will ich jetzt keinen Namen nennen, die hatten – wie ich zu sagen pflegte – einen kleinen Marx im Ohr. Der musste ihnen heraus genommen werden.“
Durch seine Verbindungen in Kirche und Politik wurde er zum geschätzten Gesprächspartner und zu einer Art „Politikerseelsorger.“ Darauf angesprochen sagt P. Basilius:
„Ich danke Ihnen für diese Frage, politische Seelsorge fällt bei uns wie Geldgeschichten unter das sechste Gebot und wird keusch behandelt und Sie stellen mir eine äußerst unkeusche Frage – Ende der Durchsage.“
Trotzdem hatte der Dominikanerpater in der Öffentlichkeit den Ruf, sich um das Seelenheil von Menschen an höchster Stelle zu kümmern – Streithofen zum Wahrheitsgehalt:
„Der Bonner Korrespondent der Frankfurter Rundschau, der hat mal erfunden, ich sei der letzte Beichtvater von Adenauer gewesen. Das stimmt überhaupt nicht, ich war überhaupt nie der Beichtvater von Adenauer. Das ging dann durch die Gazetten und wird auch bis heute immer abgeschrieben und dann wurde auch von einem Journalisten behauptet, ich sei der Beichtvater von Helmut Kohl: Bin ich nie gewesen! Ich hab’ Herrn Kohl gut gekannt. War immer Kohlmann, aber ich war nie Beichtvater von Helmut Kohl, alles Quatsch!“
Ob Freund oder Feind - der leidenschaftliche Zigarrenraucher legte sich mit allen an. Die Gewerkschaften griff er an, weil sie das Streikrecht als «Erpressungsmittel der Gesamtgesellschaft» einsetzten. Den Arbeitgebern attestierte er «Arroganz», weil sie die Vereinbarungen der gegenwärtigen großen Koalition pauschal kritisiert hätten. Für die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel fand Streithofen indes lobende Worte: «So eine brauchen wir.» Schließlich sei sie «zielstrebig und machtbewusst» und habe «von Kohl über Schäuble bis Merz immerhin die halbe CDU-Führungsriege hingemeuchelt».
Auch mit der eigenen Kirche ging Streithofen hart ins Gericht. Vehement kämpfte er für den - von Papst Johannes Paul II. schließlich verfügten - Ausstieg der Kirche aus dem staatlichen System der Schwangerenkonfliktberatung. Er machte einen «tiefen Riss» zwischen den Gemeinden einerseits und einer «Funktionärskirche» andererseits aus. Angesichts seiner Schärfe war ein leiser Streithofen kaum vorstellbar. Aber auf die Frage, was er tue, wenn er nicht «stänkere», antwortete er im Vorjahr so: «Espresso trinken, Bücher schreiben, für die Menschheit beten und mir in meiner Hauskapelle selbst die Predigt halten.»
Ein enger Mitarbeiter der letzten Jahre war der an der Universität Trier als Professor für Christliche Sozialwissenschaften wirkende Wolfgang Ockenfels, ebenfalls wie Streithofen Dominikaner. Er sieht in Pater Basilius vor allem einen praktischen Interpreten und Vermittler der Katholischen Sozial- und Wirtschaftslehre – in der Tradition des Thomas von Aquin.
„Manche sehr scharfen Äußerungen muss man wirklich reduzieren auf ihre Substanz, und da merkt man schon eine sehr vernünftige und kluges Anliegen bei ihm. Aber nie in einer ideologisch-utopischen oder verbissenen Art. Er war also gar kein Fanatiker, alles andere als ein Fundamentalist, so dass man sagen kann, er war ein fröhlicher Rheinischer Katholik.“
Wichtig war P. Basilius – so Ockenfels – die Loyalität zur Kirche, zum Lehramt und zum Papst. Seine Rolle in der politischen Auseinandersetzung war die des Provokateurs und Mahners. Bis zuletzt versuchte er - etwa als Herausgeber der Zeitschrift «Die Neue Ordnung» oder als Organisator der «Buß- und Bettagsgespräche» - die öffentliche Meinung mitzubestimmen. Noch im vorigen Jahr gab er ein Buch heraus. Titel: «Macht, Moneten und Moral. Die Kardinaltugenden als Normen für Politik und Wirtschaft».
„Also der hat die Öffentlichkeit bewegt, manchmal bis zur Weißglut gebracht. Aber am Namen Streithofen haben sich die Geister geschieden. Man kann auch sagen: Er hat die Leute vor eine Entscheidung gestellt. Manchmal hat er in unnötiger Weise den Streit verschärft, aber vielleicht kann man nachträglich sagen, es hat doch der Klärung gedient.“
(kna / rv 081206 mc)
 







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