D: "Katholiken und Orthodoxe müssen sich besser kennen lernen!"
Heute ist der Nikolaustag
– für die meisten ein erster Konsumhöhepunkt im vorweihnachtlichen Geschäft. Für andere
aber der Gedenktag des Bischofs von Myra in der Türkei. Der Heilige Nikolaus ist allerdings
nicht nur im Westen populär, auch in der Ostkirche, besonders in der russisch-orthodoxen,
genießt Nikolaus höchste Verehrung. Er kommt dort gleich nach der Gottesmutter Maria. Der
Nikolaustag kann auch ein Anlass sein, auf das Verhältnis zwischen Rom und Moskau
zu schauen, gerade nach dem Türkeibesuch des Papstes. Durch die Begegnung mit dem
ökumenischen Patriarchen Bartholomaios hat Benedikt ja in gewisser Weise dessen Anspruch
auf den Ehrenprimat unter den Ostkirchen unterstrichen. Wie wird das in Russland gesehen?
Die Antwort des an der Universität Münster lehrenden Ostkirchenexperten Thomas Bremer:
"Es
ist ja auch von Moskau unbestritten, dass der ökumenische Patriarch der erste in der
Reihe der Patriarchate ist; und insofern ist es nur richtig und logisch, dass der
Papst ihn besucht, zumal es zwischen den Päpsten, den Vorgängern und den Patriarchen
in den letzten vierzig Jahren eine Reihe von guten Begegnungen gegeben hat. Und wir
wissen, dass das mit Moskau und den russischen Patriarchen schwieriger war, zum Teil
aufgrund der politischen Umstände, zum Teil aber auch im Zusammenhang mit dem Wunsch
des verstorbenen Papstes, nach Moskau zu reisen, der nicht immer überall positiv aufgenommen
worden ist.“
Ein Ergebnis der Reise ist das wieder gewonnene Bewusstsein
dafür, dass die Kirche nicht nur aus dem Westen besteht. Da seien noch einige Schritte
nötig, meint Bremer:
"Es ist ein besseres gegenseitiges Kennenlernen. Wir
haben in Deutschland die Erfahrung, dass wir sehr lange gebraucht haben mit den Protestanten,
die ja Tür an Tür mit uns leben, kennen zu lernen. Das ist heute noch nicht so weit,
wie man sich das vielleicht wünschen würde. Bei den Orthodoxen ist es oft so, dass
viele Orthodoxen keinen Kontakt zu Katholiken und viele Katholiken praktisch keinen
Kontakt zu Orthodoxen haben. Das ist inzwischen leichter möglich durch die Tatsache,
dass in vielen katholischen Ländern, so auch in Deutschland, Orthodoxe leben und umgekehrt.
Aber insgesamt meine ich, kennt man sich noch viel zu wenig. Es wäre auf der Ebene
der Bischofskonferenzen und auf der Ebene der Gemeinden wichtig, sich besser kennen
zu lernen.“ (rv 061206 mc)