Die internationale
meistbeachtete Geste des katholischen Kirchenoberhauptes in Istanbul war das Gebet,
das Benedikt in Stille in der Blauen Moschee sprach.
Was der Papst in der
Hagia Sophia aus wohlüberlegten Gründen nicht tat, war ihm wenige Minuten später in
der Moschee gestattet: das Gebet. Der Großmufti von Istanbul, Mustafa Cagrici, begleitete
den Papst auf dem Rundgang durch das islamische Gebetshaus. Benedikt schritt in weißen
Strümpfen, wie jeder andere Besucher einer Moschee hatte er am Eingang die Schuhe
ausgezogen. Vor der Mihrab, der nach Mekka ausgerichteten Gebetsnische, halten der
Mufti und der Papst inne. Seite an Seite sprechen die beiden Religionsführer zu Gott;
der Mufti betet laut, Benedikt leise. „Ein persönliches, aber kein öffentliches Gebet“,
kommentiert wenig später Vatikansprecher P. Federico Lombardi diese Geste.
Papst
Benedikt ist das zweite katholische Kirchenoberhaupt, das eine Moschee betritt. Johannes
Paul II. hatte in Damaskus ein islamisches Gebetshaus aufgesucht. Der Besuch in der
Blauen Moschee war kurzfristig ins Reiseprogramm aufgenommen worden; auch die örtliche
Nähe zur daneben gelegenen Hagia Sophia spielte eine Rolle. Die ehemals bedeutendste
Kirche der orthodoxen Welt, die später zur Moschee wurde, ist heute ein Museum.
Nach
dem Besuch in der Hagia Sophia und der Blauen Moschee stand der gestrige Abend für
Papst Benedikt ganz im Zeichen der Ökumene und sogar des Dialogs mit den Juden. Er
traf zwei christliche Religionsführer, den syrisch-orthodoxen Metropoliten Filuksinus
Yusuf Cetin und zuvor den armenisch-apostolischen Patriarchen Mesrob II. Bei dieser
Begegnung würdigte der Papst den Glauben der Armenier, „der vor allem im vergangenen
Jahrhundert unter tragischen Umständen von einer Generation an die nächste weitergegeben
wurde“. Benedikt spielte damit auf den Völkermord an den Armeniern an, dessen Erwähnung
in der Türkei politisch unerwünscht ist. Im Anschluss stand ein kurzes Treffen mit
dem türkischen Oberrabbiner Isak Haleva auf dem Programm. (rv 01.12.06 gs)