Ersehnte Einheit: Papst und Patriarch feiern Andreasfest
Papst Benedikt XVI.
hat heute im Phanar in Istanbul – dem orthodoxen Vatikan – an einer „Göttlichen Liturgie“
mit Patriarch Bartolomaios I. teilgenommen. Beide Kirchenoberhäupter unterstrichen
ihren Willen, die Einheit wieder herstellen zu wollen. Die Trennung sei ein "Skandal
für die Welt", so Benedikt. Hören Sie mehr von Pater Max Cappabianca OP:
Die
Feier in der Georgskathedrale ist aus Sicht des Papstes der Höhepunkt seiner ganzen
Türkeivisite: Als Nachfolger des Petrus das heutige Fest des Apostels Andreas gemeinsam
mit dessen Nachfolger Bartholomaios feiern zu können: Um dieses Datum herum war der
Türkeibesuch geplant worden. Der Papst ist ein Freund der orthodoxen Sicht von Liturgie,
und so kann man ihm ansehen, dass er beeindruckt ist von diesem Hinzutreten des Menschen
zur Liturgie der Engel, von der Vereinigung von himmlischer und irdischer Liturgie,
die ausstreckt ist hin auf die endzeitliche Wiederkunft.
Schmerzhaft weiterhin:
Eine wirklich gemeinsame Feier ist wegen des Schismas von 1054 immer noch nicht möglich,
an der Kommunion nimmt der Papst nicht teil. Aber immerhin: Das Vater Unser, es wird
gebetet durch den Papst in griechisch, der Sprache der Ostkirche.
Patriarch
Bartholomaios unterstreicht in seiner Predigt die Rolle der Liturgie als Vergegenwärtigung
Jesu für die Wiedererlangung der Einheit. Die Trennung sei schmerzlich, so der Patriarch:
„Darum
knien wir in Demut und Reue vor dem lebendigen Gott, unserm Herrn Jesus Christus,
nieder, dessen kostbaren Leib wir bilden und doch zugleich geteilt haben. Wir bekennen
in Trauer, dass wir nicht imstande sind, die Sakramente zu feiern. Und wir beten darum,
dass der Tag kommen möge, an dem die sakramentale Einheit vollkommen wiederhergestellt
sein wird.“
Der Papst sagt in einer in englisch gehaltenen Ansprache, seine
Präsenz am Andreasfest solle dazu beitragen, das Bemühen um Wiederherstellung der
vollen Gemeinschaft von Ost- und Westkirche zu erneuern.
„Ich kann ihnen
versichern, dass die katholische Kirche dazu bereit ist, alles zu tun, um die Hindernisse
zu überwinden und gemeinsam mit unseren orthodoxen Brüdern und Schwestern wirksame
Mittel in der pastoralen Zusammenarbeit zu finden, die diesem Ziel dienen können“
Mehrmals
betont der Papst, dass es sich um Schwesterkirchen handelte. Aufgabe beider Kirchen
sei es, das Evangelium zu verkünden. Das gelte mit neuer Dringlichkeit auch für die
europäischen Kulturen, die seit langem tief in der christlichen Tradition verwurzelt
seien, aber…
„Der Prozess der Säkularisierung hat die Ausdauer in der Weitergabe
dieser Tradition geschwächt; sie wird statt dessen in Frage gestellt und sogar verworfen.
Angesichts dieser Tatsache sind wir gemeinsam mit allen anderen christlichen Gemeinschaften
berufen, das Bewusstsein Europas um die eigenen Wurzeln, Traditionen und christlichen
Werten zu erneuern und ihnen neue Vitalität zu verleihen.“
Wie schon sein
Vorgänger Johannes Paul II. lädt Benedikt XVI. zu einem theologischen Dialog über
eine Neubestimmung des Papstamtes ein, einem Hauptproblem im ökumenischen Prozess.
Nachdrücklich fordert er die politischen Führer der Welt dazu auf, die Religionsfreiheit
als grundlegendes Menschenrecht zu respektieren. Sowohl in der West- als auch in der
Ostkirche gäbe es viele mutige Glaubenszeugen, die unter Verfolgung gelitten hätten.
Am Ende der Feier dann der Austausch von Geschenken, ein Evangeliar des Patriarchen
für den Papst, ein Meßkelch Benedikts für Bartholomaios. Benedikt ist sichtlich
bewegt von der gemeinsamen Feier, die vielleicht eine Art Vorgeschmack für ihn war,
wie die so sehr ersehnte Einheit im Glauben dereinst aussehen könnte.
Draußen
dann der gemeinsame Segen, zuerst durch den Papst, dann durch den Patriarchen und
– eine begeisterte Menschenmenge… (301106 mc)