2006-11-28 13:52:10

Ankara. Die Reise beginnt.


RealAudioMP3 Um kurz vor 12 Mitteleuropäischer Zeit ist Benedikt XVI. heute in Ankara gelandet. Hier beginnt der Papst seine mit Spannung erwartete und mit Spannungen begleitete Reise durch die Türkei. Für uns vor Ort: Stefan Kempis:


"Es war schon ganz anders, als Vatikan-Journalisten das sonst gewohnt sind, wenn der Papst in ein fremdes Land aufbricht. Keine jubelnden Menschenmassen, keine langen Ansprachen – stattdessen viele Sicherheitsleute mit Handy am Ohr. Kurz vor ein Uhr Ortszeit landet das Flugzeug mit dem Papst an Bord; Benedikt kommt die Gangway hinunter mit schnellen, kleinen Schritten, er trägt einen weißen Mantel und wirkt ziemlich breitschultrig – vielleicht trägt er ja doch untendrunter eine kugelsichere Weste, wie ihm das die türkischen Behörden angeblich dringend empfohlen haben. Händedruck mit Ministerpräsident Erdogan, der für die Begegnung mit dem Papst nun doch seinen Abflug zum Nato-Gipfel von Riga verschoben hat; Erdogan trägt eine Krawatte in den türkischen Landesfarben Rot und Weiß – kleiner Gruß ans Wahlvolk daheim an den Fernsehschirmen. Benedikt wirkt neben dem großen und massigen Politiker etwas steif und unter Druck, er lächelt aber sehr freundlich. Erdogan hingegen blickt eher entschieden drein. Hinter Papst Benedikt: Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone mit Sonnenbrille, es ist seine erste Reise in diesem Amt mit Benedikt zusammen.
Der Papst und Erdogan betreten den VIP-Bereich des Flughafens, dort hat man einen Saal für ihr Gespräch vorbereitet, die Sessel stehen unter einem großen Bildnis von Staatsgründer Atatürk, links und rechts die vatikanische bzw. türkische Fahne. Zunächst sieht man Erdogan sprechen; der Papst hört freundlich-unbeweglich der Dolmetscherin zu, einer bekannten Schauspielerin übrigens, er wirkt neben Erdogan sitzend fast verängstigt – kennte man denn seine bayerische Hartnäckigkeit nicht. 25 Minuten Gespräch, an dem auch einige Bischöfe aus der Türkei teilnehmen; draußen vor der Tür warten Vatikansprecher Pater Lombardi, der Reisemarschall Gasbarri und, als einziger völlig entspannt wirkend, mit breitem Lachen, der im Vatikan fürs Ökumenische zuständige Kardinal Kasper. Zum Schluss des Gesprächs überreicht der Papst dem Ministerpräsidenten eine Darstellung der römischen Engelsburg und auch die Pontifikatsmedaille, die der Politiker etwas ratlos aus dem blauen Etui klaubt, der Papst macht mit ausholender Geste einen Scherz, dann reichen sich die beiden die Hand. Als der Papst kurz danach in seinen Wagen steigt, der ihn nach Ankara hineinbringt, winkt er ganz kurz, schon etwas entspannter.




Die Nachrichtenagenturen jagen übrigens gleich über den Ticker, was sich der Papst und Erdogan gesagt haben. Papst: „Ich komme in die Türkei, um die Freundschaft zwischen dem Heiligen Stuhl und dem türkischen Volk zu vertiefen, und um bei der Begegnung der Kulturen zu helfen. Es ist unsere Pflicht, für den Frieden zu arbeiten.“ Und weiter: „Ihr seid ein wichtiges Land, eine Brücke zwischen westlicher Demokratie und islamischer Kultur – wenn Ihr wollt, könnt Ihr auch dem Papst helfen bei seiner Arbeit für das Gespräch der Kulturen und für den Frieden.“
Erdogan: „Ich will Sie zunächst mal willkommen heißen; heute beginnt der Nato-Gipfel in Riga, in Lettland; ich muss leider sofort nach unserem Treffen dorthin abfliegen.“ Und weiter: „Ihr Besuch findet in einer neuen, speziellen Epoche statt; ich finde, er ist jetzt noch sinnvoller, weil es jetzt den Plan einer Allianz der Zivilisationen gegeben hat. Wie Sie wissen, haben wir dieses Bündnis angekündigt, zusammen mit UNO-Generalsekretär Annan und dem spanischen Premier Zapatero.“ Danach dann die geschlossenen Türen, der Fortgang des Gesprächs ist nicht bekannt. Nur eines noch: Doch, Benedikt habe sich bei dem Gespräch positiv zu einer möglichen Aufnahme der Türkei in die EU geäußert. Sagt Ministerpräsident Erdogan, unmittelbar vor seinem Abflug nach Riga."


(rv 28.11.06 sk)








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