Laut Umfragen der
türkischen Zeitungen begrüßen lediglich zehn Prozent der Bevölkerung den Besuch des
Papstes. 38 Prozent sind ausdrücklich dagegen. Die Antipathie gegen den Papst, so
die nationale Presse, kommt nicht erst durch die Regensburger Rede, sondern durch
das "harte Urteil", das schon Kardinal Joseph Ratzinger über die Türkei und ihr Verhältnis
zu Europa gefällt habe. Europapolitiker sehen im Umgang mit Papst Benedikt jetzt
einen Indikator für die EU-Fähigkeit der Türkei. Der Menschenrechtsexperte von Missio
Aachen, Otmar Oehring, warnt hier vor populistischen Äußerungen, auch unabhängig von
der Papstreise. "Es ist natürlich zu befürchten, dass die Europäische Union
gegenüber der Türkei eine etwas härtere Gangart an den Tag legen wird. Man kann vielleicht
darauf hoffen, dass es nicht zu einer gesamten Suspendierung der Verhandlungen kommen
wird, sondern dass nur die Verhandlungen einzelner Kapitel ausgesetzt wird, denn wenn
es tatsächlich zu einer Suspendierung käme, ist zu befürchten, dass dann auf türkischer
Seite nach den Verursachern dieser Situation gesucht werden würde. Da muss man dann
befürchten, dass insbesondere die christlichen Kirchen, die nicht-muslimischen Minderheiten
insgesamt, aber ganz besonders natürlich auch Persönlichkeiten wie der Ökumenische
Patriarch sich ganz massiven Angriffen von bestimmten Teilen der türkischen Öffentlichkeit
gegenüber sehen würden, die dann am Ende durchaus dazu führen könnten, dass das Leben
der Christen allgemein und auch das des ökumenischen Patriarchats in der Türkei so
intolerabel werden würde, dass man dann über neue Wege des Überlebens nachdenken müsste." Die
Papst-Reise in die Türkei ist nicht nur ein Staatsbesuch, sondern hat in erster Linie
pastoralen und ökumenischen Charakter. Im Papstgefolge deshalb auch die zuständigen
"Minister" für Ökumene und die Ostkirchen. Kardinal Ignace Moussa I. Daoud ist Präfekt
der Ostkirchenkongregation. Für ihn ist die Türkei das Land der großen ökumenischen
Konzile und der Kirchenväter. "Hier hat das Christentum verschiedene Kulturen
und Auffassungen aufgenommen, die es über Jahrhunderte bestimmt haben und Ursprung
des Aufblühens von Theologien und Riten sind, die das Christennom noch immer zu einem
Phänomen des Pluralismus machen. Tausendjährige Traditionen sind noch lebendig: In
der Türkei gibt es Christen aller Riten, lediglich mit Ausnahme der Kopten, sowie
die syrisch-malabarischen und malankarischen Riten. Das Fehlen von Kult- und Gottesdienstorten
außerhalb der großen Zentren und die enorme Ausdehnung der kirchlichen Bezirke machen
eine vollständige Statistik unmöglich. Die Katholikenzahlen sind leicht gestiegen,
voer allem durch Deutsche, die Häuser an der ägischen Küste gekauft haben, die in
der Türkei sesshaft werden oder andere, die hier bleiben, um zu arbeiten. Es scheint,
als sei die Zeit des starken Rückangs der Katholiken in der Türkei endgültig vorbei.
Es bleibt der Wunsch, dass die Türkei, Wiege des Christentums, ein Land des brüderlichen
Dialogs zwischen den Religionen und Kulturen bleibt." Nur 0,2 Prozent der rund
70 Millionen Türken sind Christen. Etwa 20.000 Menschen sind katholisch. (rv/asianews
24.11.06 bp)