Türkei: Proteste gegen Papstbesuch keine Überraschung
Der Heilige Stuhl bedauert die Protestaktion einiger islamischer Fundamentalisten
gegen den Türkeibesuch Papst Benedikts gestern in Istanbul, will den Vorfall aber
nicht überbewerten. Mehrere Dutzend radikaler Moslems hatten gestern die Hagia Sophia
besetzt, die eine Etappe auf der Papstreise ist. Die Polizei setzte Knüppel und Reizgas
ein, um die Protestaktion in der ehemaligen christlichen Kirche zu beenden. 39 Täter
sind in Haft, davon 17 Minderjährige, berichtet die türkische CNN.
Der
Zwischenfall dürfe nicht überbewertet werden, äußerte sich der vatikanische Pressesprecher
Pater Federico Lombardi. Eine Aktion wie diese sei bedauerlich, aber„kein Grund zur
Besorgnis“ und auch keine Überraschung. Man habe gewusst, so zitieren Presseagenturen
den Sprecher, dass bestimmte Gruppen „wenig glücklich“ über den Papstbesuch in der
Türkei seien. Das heiße nicht, dass die Türkei kein gastfreundliches Land sei. Der
Heilige Stuhl vertraue auf die von den türkischen Autoritäten versicherte Gastfreundschaft,
so Lombardi. Die Hagia Sophia war bis zum 15. Jahrhundert die größte Kirche des
christlichen Orients und wurde dann in eine Moschee umgewandelt. Heute befindet sich
dort ein Museum. Die islamischen Rechtsextremisten kritisieren dieses Ziel des Papstes
auf seiner Reise, da sie befürchten, Benedikt könne dort beten.
Indessen
hat die nicht im türkischen Parlament vertretene Partei Saadet für Sonntag eine weitere
große Protestveranstaltung in Istanbul angekündigt. Eigenen Angaben zufolge rechnet
die Partei mit mehreren Hunderttausend Teilnehmern. Der Vorsitzende, Osman Yumakogullari,
erklärte, die Demonstration sei eine Folge der Regensburger Rede des Papstes.
Trotz
der Vorfälle dieser Tage sieht die Kirche mit ungebrochener Zuversicht auf die Türkei.
Das sagte Vatikan-Kardinal Ignace Moussa Daoud, der Präfekt der Ostkirchenkongregation,
fünf Tage vor der Abreise Papst Benedikts nach Ankara.
"Die Türkei ist das
Land der Patriarchats-Sitze und der großen Konzilien. Sie ist ein privilegierter Ort
des christlichen Glaubens. Das Christentum hat dort im Lauf der Jahrhunderte verschiedene
Kulturen und Sensibilitäten in sich aufgenommen. Dies hat zu einer richtigen Blüte
der Theologien und der Riten geführt, die noch heute eine Erscheinung des Pluralismus
bieten.“
Von den 50.000 Christen der Türkei sind rund 30.000 Katholiken.