2006-11-21 13:55:27

Papst Johannes XXIII. und die Türkei


„Io amo i Turchi“ - Johannes XXIII. und die Türkei
In Istanbul erinnern ein Denkmal und eine Straße an frühere Päpste

Von Prof. Dr. Rudolf Grulich

Mit seinem Besuch in der Türkei Ende November kann Papst Benedikt XVI. an päpstliche Traditionen in diesem Land anknüpfen. Zwar haben nur seine Vorgänger Paul VI. und Johannes Paul II. als Päpste dieses Land 1967 und 1979 besucht, aber Johannes XXIII. war als Vatikanbotschafter eng mit der Türkei verbunden. Benedikt XV., der wegen seiner Bemühungen, den Ersten Weltkrieg zu beenden, als Friedenspapst in die Geschichte einging, hat ein Denkmal vor der katholischen Heilig-Geist-Kathedrale in Istanbul.

Als Johannes XXIII. von Johannes Paul II. selig gesprochen wurde, benannte die Stadtverwaltung von Istanbul nach ihm eine Straße in Roncalli-Straße um und widmete ihm eine Broschüre in türkischer, englischer und französischer Sprache mit dem Titel „Ein Freund der Türken.“ Benedikt XVI. besucht nur wenige Tage nach dem 125. Geburtstag seines Vorgängers die Türkei.

Im Januar 1935 kam Angelo Roncalli erstmals an den Bosporus. Vorher war er seit 1925 Apostolischer Visitator in Bulgarien, wo er im November 1934 seine Ernennung für die Türkei erhielt, in der er bis 1945 bleiben sollte. „Er war ein wahrer Freund der Türken, die er liebte und schätzte“, erklärte ein halbes Jahrhundert später der türkische Außenminister Ihsan Sabri Caglayangil anlässlich einer Roncalli-Woche, die 50 Jahre nach seiner Ankunft in der Türkei veranstaltet wurde. Schon 1936 sagte Roncalli: „Ich fühle eine tiefe Zuneigung für dieses Volk, zu dem mich der Herr gesandt hat.“ Während seiner Exerzitien 1939 schrieb er: „Ich liebe die Türken.“

Auch als Papst behielt er diese Haltung bei, die von der türkischen Regierung erwidert wurde. Seine Schreiben an das Apostolische Vikariat in Istanbul endeten mit guten Wünschen für das türkische Volk. Präsident Celal Bayar besuchte ihn am 11. Juni 1959. Im Jahre 1960 sollten zur Erinnerung an den 25. Jahrestag seiner Ankunft in der Türkei verschiedene Gedenkveranstaltungen zu seinen Ehren stattfinden, doch herrschte dann in Istanbul der Ausnahmezustand. General Refik Tulga erlaubte als Gouverneur von Istanbul dennoch die Feiern und beendete seine Grußadresse mit den Worten: “Papst Roncalli ist der erste türkische Papst in der Geschichte.“

Bei einer weiteren Roncalli-Woche 1986 würdigte ihn auch die Jüdische Gemeinde in Istanbul wegen seiner Hilfe in der Zeit der Nationalsozialisten, als zahlreiche jüdische Flüchtlinge aus Ungarn und Rumänien über Bulgarien in die Türkei kamen. Franz von Papen sagte beim Nürnberger Prozess aus, dass Monsignore Roncalli 24.000 Juden gerettet habe. Der Ökumenische Patriarch Athenagoras wandte auf ihn die Worte des Evangeliums an: „Es kam ein Mann von Gott gesandt. Sein Name war Johannes.“

Nach seiner Seligsprechung veranstalteten die türkischen Behörden vom
8. bis 10. Dezember eine Reihe von Feiern zu Ehren des neuen Seligen, die mit der Namensgebung der Ölcek-Straße in Papa-Roncalli-Straße ihren Höhepunkt fanden. Kultusminister Istemihan Talay schrieb damals in einem Buch von Rinaldo Marmara, welches die türkische Regierung in verschiedenen Sprachen verbreitete: „Das türkische Volk, das einen Sinn für Freundschaft hat, wird Roncalli niemals vergessen.“


Der Autor lehrt Mittlere und Neue Kirchengeschichte in Gießen und ist Berater des weltweiten Hilfswerks „Kirche in Not“ in Türkeifragen. Eine ausführliche Dokumentation zu Geschichte und Gegenwart der Christen in der Türkei findet man unter www.kirche-in-not.de.

(Quelle: Kirche in Not)







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