„Io amo i Turchi“ - Johannes XXIII. und die Türkei In Istanbul erinnern ein Denkmal
und eine Straße an frühere Päpste
Von Prof. Dr. Rudolf Grulich
Mit seinem
Besuch in der Türkei Ende November kann Papst Benedikt XVI. an päpstliche Traditionen
in diesem Land anknüpfen. Zwar haben nur seine Vorgänger Paul VI. und Johannes Paul
II. als Päpste dieses Land 1967 und 1979 besucht, aber Johannes XXIII. war als Vatikanbotschafter
eng mit der Türkei verbunden. Benedikt XV., der wegen seiner Bemühungen, den Ersten
Weltkrieg zu beenden, als Friedenspapst in die Geschichte einging, hat ein Denkmal
vor der katholischen Heilig-Geist-Kathedrale in Istanbul.
Als Johannes XXIII.
von Johannes Paul II. selig gesprochen wurde, benannte die Stadtverwaltung von Istanbul
nach ihm eine Straße in Roncalli-Straße um und widmete ihm eine Broschüre in türkischer,
englischer und französischer Sprache mit dem Titel „Ein Freund der Türken.“ Benedikt
XVI. besucht nur wenige Tage nach dem 125. Geburtstag seines Vorgängers die Türkei.
Im
Januar 1935 kam Angelo Roncalli erstmals an den Bosporus. Vorher war er seit 1925
Apostolischer Visitator in Bulgarien, wo er im November 1934 seine Ernennung für die
Türkei erhielt, in der er bis 1945 bleiben sollte. „Er war ein wahrer Freund der Türken,
die er liebte und schätzte“, erklärte ein halbes Jahrhundert später der türkische
Außenminister Ihsan Sabri Caglayangil anlässlich einer Roncalli-Woche, die 50 Jahre
nach seiner Ankunft in der Türkei veranstaltet wurde. Schon 1936 sagte Roncalli: „Ich
fühle eine tiefe Zuneigung für dieses Volk, zu dem mich der Herr gesandt hat.“ Während
seiner Exerzitien 1939 schrieb er: „Ich liebe die Türken.“
Auch als Papst behielt
er diese Haltung bei, die von der türkischen Regierung erwidert wurde. Seine Schreiben
an das Apostolische Vikariat in Istanbul endeten mit guten Wünschen für das türkische
Volk. Präsident Celal Bayar besuchte ihn am 11. Juni 1959. Im Jahre 1960 sollten zur
Erinnerung an den 25. Jahrestag seiner Ankunft in der Türkei verschiedene Gedenkveranstaltungen
zu seinen Ehren stattfinden, doch herrschte dann in Istanbul der Ausnahmezustand.
General Refik Tulga erlaubte als Gouverneur von Istanbul dennoch die Feiern und beendete
seine Grußadresse mit den Worten: “Papst Roncalli ist der erste türkische Papst in
der Geschichte.“
Bei einer weiteren Roncalli-Woche 1986 würdigte ihn auch
die Jüdische Gemeinde in Istanbul wegen seiner Hilfe in der Zeit der Nationalsozialisten,
als zahlreiche jüdische Flüchtlinge aus Ungarn und Rumänien über Bulgarien in die
Türkei kamen. Franz von Papen sagte beim Nürnberger Prozess aus, dass Monsignore Roncalli
24.000 Juden gerettet habe. Der Ökumenische Patriarch Athenagoras wandte auf ihn die
Worte des Evangeliums an: „Es kam ein Mann von Gott gesandt. Sein Name war Johannes.“
Nach
seiner Seligsprechung veranstalteten die türkischen Behörden vom 8. bis 10. Dezember
eine Reihe von Feiern zu Ehren des neuen Seligen, die mit der Namensgebung der Ölcek-Straße
in Papa-Roncalli-Straße ihren Höhepunkt fanden. Kultusminister Istemihan Talay schrieb
damals in einem Buch von Rinaldo Marmara, welches die türkische Regierung in verschiedenen
Sprachen verbreitete: „Das türkische Volk, das einen Sinn für Freundschaft hat, wird
Roncalli niemals vergessen.“
Der Autor lehrt Mittlere und Neue
Kirchengeschichte in Gießen und ist Berater des weltweiten Hilfswerks „Kirche in Not“
in Türkeifragen. Eine ausführliche Dokumentation zu Geschichte und Gegenwart der Christen
in der Türkei findet man unter www.kirche-in-not.de.