Israel: Vatikan protestiert gegen Schwulenparade in Jerusalem
Der Vatikan und hochrangige Kirchenvertreter im Heiligen Land haben in die Kritik
an der für Freitag geplanten Jerusalemer «Schwulenparade» Gay Pride eingestimmt. Diese
Initiative sei «ein schwerer Affront gegen das Empfinden von Millionen gläubigen Juden,
Muslimen und Christen», für die Heilige Stadt Jerusalem, heißt es in einer Vatikan-Note
vom Mittwochabend. Die israelische Regierung solle die Veranstaltung untersagen. Bei
früheren Homosexuellen-Paraden dieser Art seien «religiöse Werte systematisch verletzt
worden».
Der Lateinische Patriarch, Erzbischof Michel Sabbah, sagte der Katholischen
Nachrichten-Agentur (KNA) in Jerusalem: «Im Orient haben wir, Christen, Muslime und
Juden, kein Verständnis für solche westlichen Phänomene.» Die Auseinandersetzung sei
in Wirklichkeit eine kulturelle Kluft zwischen westlicher und orientalischer Gesellschaft.
«Wir
respektieren natürlich jeden Menschen, egal um wen es sich handelt oder welche Einstellungen
er vertritt», betonte Sabbah. Aber diese «ganzen neuen Auffassungen von Dingen der
Moral oder des gesellschaftlichen Zusammenlebens» im Westen seien dem Orient fremd:
«Wenn die Teilnehmer hier Jerusalem eine neue Moral aufzwingen wollen, dann sagen
wir: Jerusalem hat seine Moral, und zwar nicht eine von Menschen gemachte, sondern
eine von Gott den Menschen anvertraute Moral.» Sie sei über Jahrtausende von Propheten
und Patriarchen und auch von Jesus selbst verkündet worden.
Der Vatikan-Botschafter
in Israel, Erzbischof Antonio Franco, erklärte, es sei zentral, den Charakter Jerusalems
als einer Heiligen Stadt für die drei großen Religionen zu wahren. Wenn es sich bei
der Parade um eine beabsichtigte Provokation handele, müsse die Kirche dagegen sein,
so der Nuntius.
In einem Schreiben an das israelische Außenministerium stellte
die Nuntiatur in Jaffa-Tel Aviv klar, dass das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung
dort an Grenzen stoße, wo es religiöse Gefühle verletze. Es sei offenkundig, dass
die Gay-Parade in Jerusalem «für die große Mehrheit der Juden, Muslime und Christen
eine Beleidigung bedeutet».
Die Nuntiatur zitiert aus der Erklärung des jüdisch-christlichen
Religionsgipfels von 2004 in Grottaferrata. Darin werden die zuständigen Behörden
aufgefordert, den heiligen Charakter dieser Stadt zu respektieren und unangemessene
Paraden oder andere Aktionen zu verhindern, die das Empfinden religiöser Gemeinschaften
verletzten. Die Nuntiatur sei «zuversichtlich», dass das Außenministerium seinen
Einfluss geltend mache, um auf ein Überdenken der Entscheidung hinzuwirken. (rv/kna
091106 mc)