2006-10-22 13:27:38

Deutschland: Seligsprechung in Speyer


RealAudioMP3 Heute ist im Speyrer Dom Paul Josef Nardini selig gesprochen worden. Nardini war Pfarrer und ist Gründer der sogenannten Mallersdorfer Schwestern, einem franziskanischen Frauenorden. Erstmals seit der Neuordnung der Seligsprechungen durch Papst Benedikt ist die liturgische Handlung durch einen Kardinallegaten in der Heimat vollzogen worden. Der Erzbischof von München Kardinal Wetter - er war zuvor Bischof in Speyer gewesen - war entsandt worden, um der Pontifikalliturgie vorzustehen.

In seiner Predigt unterstrich der Kardinal die Freude über diesen neuen Seligen, damit klopfe Gott an die Herzen der Menschen an uns zeige ihnen, worauf es im Leben ankommt. Für Paul Josef Nardini sei Gott das Zentrum seines Lebens gewesen, Gott, der Liebe ist. Ihm habe er sich geöffnet, von ihm her habe er gedacht und gelebt.

Ein großer Tag für die deutsche Kirche, besonders aber für die Kirche von Speyer. Wir haben mit dem Bischof gesprochen, Anton Schlembach und ihn gefragt, wie er sich gefühlt hat, als er davon erfuhr, dass Nardini im Speyrer Dom selig gesprochen werden soll`?

„Nun ich war auch geradezu selig. Mich erfüllten Freude und Dankbarkeit, als ich im August vom Staatssekretariat die Nachricht bekam, der Heilige Vater hat Ihre Bitte bezüglich Ort und Termin der Seligsprechung Nardinis stattgegeben. Der Gedanke, dass unser fast 1000jähriger Dom eine Seligsprechung erlebt, lässt ein erhabenes und erhebendes Gefühl aufkommen.“

Wer ist für sie der neue Selige?

„Paul Josef Nardini: Ein großartiger Mensch, dessen Leben die Handschrift Gottes trägt. Ein vorbildlicher Diözesanpriester, ein begnadeter Pfarrer, ein leidenschaftlicher Seelsorger, der in zwei Pfarreien eine große geistliche Erneuerung durchgeführt hat. Durch seine Schwesternschaft kam unendlich viel geistlicher und sozialer Segen in die Kirche und in die Welt hinein. Seit Jahren habe ich mir Nardini zum persönlichen Freund gemacht.“

Was bedeutet diese Seligsprechungen für die Menschen heute?

„Ich erhoffe mir, dass von dieser Seligsprechung nicht nur Ermutigung ausgeht, sondern dass diese Seligsprechung auch Folgen hat, dass die Pfarreien mit Blick auf Paul Josef Nardini wieder Freude bekommen am Pfarreileben, und dass sie am Beispiel von Paul Josef Nardini auch ablesen können, wie man eine Pfarrei, die sehr vernachlässigt war und wo das kirchliche Leben am Boden war, wie man eine solche Pfarrei erneuern kann und geradezu zu einer blühenden Gemeinde machen kann.“

 
(rv 221006 mc)

 
Lesen Sie hier die Predigt von Kardinal Wetter

Predigt des Erzbischofs von München und Freising, Kardinal Friedrich Wetter
bei der Eucharistiefeier und Seligsprechungdes Dieners Gottes Paul Josef Nardini
am 22. Oktober 2006, 14,30 Uhr, im Dom zu Speyer


„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir
getan. … Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt
ihr auch mir nicht getan“ (Mt 25,40.45). Dieses Wort Jesu hat Paul Josef
Nardini tief getroffen. Bischof Nikolaus von Weis hatte den 30-jährigen
nach Pirmasens in eine sehr schwierige Diasporapfarrei geschickt, in ein
Gebiet großer sozialer Nöte. Die materielle und seelische Not seiner
Pfarrkinder ließ ihn nicht ruhen. Er spürte: In den Armen klopft Jesus
selbst an mein Herz.


Als er zehn Jahre später abgearbeitet und entkräftet 40-jährig starb,
hinterließ er eine blühende Pfarrei, viel Not war gelindert oder
beseitigt. Dazu hatte er eine Schwesterngemeinschaft ins Leben gerufen,
die das Feuer der Liebe weiter trug. Schon zu Lebzeiten nannte man ihn
„Vater der Armen“.


Paul Josef Nardini war ein Geschenk für die Menschen; er ist es auch für
uns heute. Das Bistum Speyer freut sich über seinen ersten Seligen.
Besonders die Pfarrer freuen sich, dass einer von ihnen zur Ehre der
Altäre erhoben wurde. Und die Mallersdorfer Schwestern sind stolz, dass
sie ihren Stifter nun als Seligen der Kirche verehren dürfen. Ja, wir
alle spüren, dass Gott mit dem Geschenk des neuen Seligen an unsere
Herzen klopft und uns zeigt, worauf es in unserem Leben ankommt.


Eine Schwester, die eines Abends vor Müdigkeit in der Kapelle
eingeschlafen und versehentlich eingeschlossen worden war, berichtet:
„Eines Nachts, als alle im Hause längst schliefen, ging Nardini in die
Sakristei, zog Chorrock und Stola an, schloss die Kapelle auf, schritt
zum Altar, zündete die Kerzen an und öffnete den Tabernakel.


Dann warf er sich vor dem Tabernakel auf die Knie, breitete die Arme aus
und betete mit lauter Stimme: ‚Mein Heiland, nimm mein Leben, nur schone
meine kleine Herde.’ Immer wieder, immer inniger betete er so; lange
verharrte er vor dem Tabernakel.“


Dieses nächtliche Ereignis lässt uns in sein Innerstes schauen. Nardini
hatte die Gesinnung Jesu, des guten Hirten, der sein Leben hingibt für
die Schafe (vgl. Joh 10,11). Er nannte Jesus Christus einmal „Brennpunkt
meines Herzens; es mag mich anziehen, was da will, von ihm soll es mich
nicht ablenken.“


Das Geheimnis der Eucharistie nahm in seinem persönlichen Leben wie in
seiner Seelsorge den ersten Platz ein. Er legte großen Wert auf die
würdige Feier der hl. Messe, führte die Gläubigen zur eucharistischen
Anbetung und holte sich bei Jesus Weisung und Kraft für seinen
aufopferungsvollen Dienst.


Paul Josef Nardini hat anschaulich vorgelebt, was der Hl. Vater uns
Priestern in seiner Freisinger Predigt ans Herz gelegt hat: „Wir sollen
die Gesinnung Jesu Christi haben.“ Der Papst sagt uns auch, was es um
die Gesinnung Jesu ist: „sich gedrängt fühlen, zu den Menschen das Licht
des Vaters zu bringen, ihnen zu helfen, damit Reich Gottes aus ihnen und
in ihnen werde. Und die Gesinnung Jesu Christi ist es zugleich, dass er
immer zutiefst in der Gemeinschaft mit dem Vater verwurzelt, in sie
eingesenkt ist.“


Wir sollen uns in die Gemeinschaft mit Jesus und mit dem Vater
einsenken, Gott ganz nahe sein. Dann geht uns auf, welchen Schatz uns
Jesus anvertraut hat. Dann drängt es uns auch, zu den Menschen zu gehen,
ihnen das Evangelium zu verkünden und ihnen Gottes Liebe zu bringen.


Paul Josef Nardini hat uns das vorgelebt und dabei gezeigt, welche Kraft
ihm aus der tiefen Freundschaft mit Jesus erwuchs, die er brauchte, um
mit der Überlast der Arbeit fertig zu werden. Er war nicht nur Pfarrer
einer großen Diasporagemeinde, er war auch Dekan, Novizenmeister,
Spiritual und Beichtvater seiner Schwestern; er war Schulinspektor,
Leiter des Kinderheimes und Helfer in allen Nöten.


Trotzdem ist er nie ausgebrannt. Burnout kannte er nicht. Denn in ihm
brannte das Feuer der Liebe Jesu.


In seiner Not schilderte Nardini einmal seinem Bischof einen Tagesablauf
und notiert am Schluss: „So habe ich oft Tage, wo mir die Wogen der
Arbeiten sozusagen über dem Haupt zusammenschlagen.“ Doch er ist nie
untergegangen. Die Freundschaft mit Jesus hat ihn über Wasser gehalten,
ihm gleichsam ein neues spezifisches Gewicht verliehen, dass er nicht
untergehen konnte.


Liebe Mitbrüder im priesterlichen Amt! Jesus ließ nicht nur den Petrus
über die Wogen gehen. Er lässt auch Euch nicht untergehen. An unserem
Seligen macht er das sichtbar. Paul Josef Nardini ist Euch ein Zeichen
der Kraft und der Hoffnung.


Haben wir darum den Mut, uns wie unser seliger Mitbruder in die
Gesinnung und so in die Liebe Jesu hineinzuversenken. Das macht uns froh
in unserem Dienst und gibt uns Kraft, Boten seiner siegreichen,
heilenden Liebe zu sein, die die Welt verwandelt und auf die die
Menschen warten.


Nardini konnte die vielen Aufgaben allein nicht meistern. Um dem großen
sozialen Elend abzuhelfen, gründete er eine Schwesterngemeinschaft. Den
klaren Entschluss dazu schenkte ihm Jesus beim Gebet an der Krippe,
Weihnachten 1854. Im Frühjahr 1855 begann er mit zwei Schwestern. Als er
sieben Jahre später starb, waren es 220 Schwestern.


Enttäuschungen und Anfeindungen musste Nardini erleben. Die Schwestern
lebten selbst in bitterer Armut. Doch in der Armut seiner Gründung sah
er ein sicheres Zeichen der Erwählung durch Gott. Noch heute trägt seine
Gemeinschaft, bekannt als Mallersdorfer Schwestern, den Namen: „Arme
Franziskanerinnen von der Heiligen Familie“.


Die jungen Frauen, die sich der Gemeinschaft anschlossen, wussten sich
geleitet von der Liebe Christi „Caritas Christi urget nos – Die Liebe
Christi drängt uns“ lautet der Leitspruch der Schwestern. Sie hatten
einen lebendigen Glauben, der seine Lebenskraft in Werken der Liebe
erweist. „Der Glaube allein ist tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen
hat“ (Jak 2,17).


Liebe Mallersdorfer Schwestern, lassen sie das Charisma des Ursprungs,
das Charisma Ihres Stifters, immer neu aufleben. Gehen Sie mit dem Mut
der ersten Schwestern die materielle wie geistliche Not unserer Tage an,
und schenken Sie mit mütterlichem Herzen Christi Liebe weiter. Vater
Nardini hat Ihre Gemeinschaft unter den Schutz der Hl. Familie gestellt.
Bilden Sie selbst, wie er es Ihnen aufgetragen hat, eine heilige
Familie, und tragen Sie durch Ihren Dienst an den Armen, Kranken und
Kindern bei zur Heilung und Heiligung unserer Familien heute.


Liebe Schwestern und Brüder, eindringlich rief uns der Hl. Vater bei
seinem Besuch in München auf, Gott wieder als die Mitte unseres Lebens,
ja der ganzen Wirklichkeit wahrzunehmen. In unserer säkularisierten
Gesellschaft leiden wir unter Schwerhörigkeit, Gottes Stimme zu
vernehmen. „Mit der Schwerhörigkeit oder gar Taubheit Gott gegenüber
verliert sich natürlich auch unsere Fähigkeit, mit ihm und zu ihm zu
sprechen.“


„Die Welt braucht Gott. Wir brauchen Gott“, sagte Papst Benedikt,
schloss aber gleich die Frage an: „Welchen Gott brauchen wir?“


Den Gott, der in Jesus Christus Mensch geworden ist. In ihm zeigt er uns
sein menschliches Gesicht; da sehen wir, wer er ist, wie er denkt, wie
er handelt, wie er liebt. Am Kreuz hat er uns seine heilende Güte
gezeigt, sein Nein zur Gewalt, seine Liebe bis ans Ende. „Diesen Gott
brauchen wir“, sagte der Papst. Wir brauchen ihn, weil er „das Zentrum
der Wirklichkeit und das Zentrum unseres eigenen Lebens“ ist.


Der selige Paul Josef Nardini hat uns das eindringlich vorgelebt. Ja,
Gott rüttelt uns durch unseren neuen Seligen wach, dass wir hellhörig
werden für Gott, von ihm her denken und leben, dass „sein Wille unseren
Willen bestimme und so Gott in der Welt herrsche; dass Recht und Liebe
entscheidend werden in der Ordnung der Welt“ (Papst Benedikt).


Für Paul Josef Nardini war Gott das Zentrum seines Lebens, Gott, der
Liebe ist. Ihm hat er sich geöffnet, von ihm her hat er gedacht und
gelebt. So konnte er mit brennendem Herzen Gottes Liebe weiterschenken.
Öffnen auch wir uns für Gott, dass auch unsere Herzen brennen und wir
wie er Gottes heilende Güte weiterschenken, auf dass alle in Gottes
Licht und Liebe leben.


Dazu hilf uns, seliger Paul Josef Nardini!


Amen.


 
 







All the contents on this site are copyrighted ©.