Nur ein sehr umfassender, langer Dialog wird zeigen, ob die katholischen und orthodoxen
Vorstellungen über denPrimat überhaupt vereinbar sind: Das betont der Wiener russisch-orthodoxe
Bischof Hilarion im Blick auf seine imVatikan auf Unverständnis gestoßene Protestnote
bei der orthodox-katholischen Dialogkonferenz vor zwei Wochen in Belgrad. Hilarion
hatte in der serbischen Hauptstadt bei den dort abgehaltenenBeratungen der internationalen
Gemeinsamen Kommission für den theologischen Dialog zwischen katholischer und orthodoxer
Kirche das Moskauer Patriarchat vertreten. Dabei verneinte er den Ehrenvorrang des
Patriarchates von Konstantinopel innerhalb der Orthodoxie. In seinem Schreiben hält
er jetzt dem vatikanischen Ökumenerats-Präsidenten Kardinal Walter Kasper vor, das
Kirchenmodell der römisch-katholischen Kirche den Ostkirchen überstülpen zu wollen.
Hilarion erinnert, dass das westliche Kirchenmodell ein Zentrum habe- nämlich Rom
-, das östliche aber keines. Ob diese beiden Modelleüberhaupt kompatibel seien, werde
sich erst nach einem langen Dialog erweisen. Es treffe nicht zu, dass die Stellung
von Konstantinopel derjenigen von Rom vergleichbar sei, betont Hilarion. In der Ostkirche
gebe esk ein Modell, das einem päpstlichen Primat vergleichbar sei. Im einemi n Belgrad
zur Abstimmung vorgelegten Text sei dennoch von einer primatähnlichen Stellung Konstantinopels
ausgegangen worden. Bischof Hilarion betonte, dass allenfalls ein zukünftiges Panorthodoxes
Konzil eine verbindliche zentrale Leitungseinrichtung schaffen könnte."Bis zu einer
Einberufung eines solchen Konzils und für die Dauer des Beibehaltens der überlieferten
orthodoxen Lehre über die Kirche" sei niemand ermächtigt, als Delegierter Änderungen
anzunehmen, warnte der Wiener russisch-orthodoxe Bischof sowohl in Richtung Konstantinopelals
auch in Richtung Vatikan. Die Position des Moskauer Patriarchatsw erde hier jedenfalls
die "harte Linie" sein.Nach der Konferenz hatte Kardinal Kasper gegenüber "Radio Vatikan""wenig
Verständnis" für die Linie Hilarions gezeigt und dieBefürchtung geäußert, damit könnte
der weitere orthodox-katholischeDialog belastet werden.H (kap 06.10.06 sk)