2006-09-29 18:24:44

D: Islamerklärung der Bischöfe im Wortlaut


Die deutschen Bischöfe haben die Repräsentanten des Islam zu einer Absage an religiös legitimierte Gewalt aufgerufen. Das Menschenrecht der Religionsfreiheit solle auch in islamischen Ländern ohne Abstriche geachtet werden. Das erklärten sie in einer gemeinsamen Erklärung zum Abschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. Islamische Organisationen in Deutschland sollten sich in den Herkunftsländern der hier lebenden Muslime mit Nachdruck dafür einsetzen.

Wir dokumentieren hier die Erklärung im Wortlaut:

Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zu den aktuellen Ereignissen und Diskussionen

Wie bekannt ist, hat eine Passage aus der Regensburger Vorlesung des Papstes vom 12.09.2006 weltweit für Aufsehen gesorgt. Dazu hat die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda nach vielen Stellungnahmen und Erklärungen des Vorsitzenden und einzelner Bischöfe einstimmig folgende Erklärung abgegeben:

1. Ein kurzes Zitat in der Vorlesung, die Papst Benedikt XVI. am 12. September 2006 an der Universität Regensburg gehalten hat, ist von vielen Muslimen als ungerechte Abwertung ihrer Religion interpretiert worden. Manche haben den Heiligen Vater missverstanden, andere wollten ihn missverstehen. Wir sind Papst Benedikt dankbar, dass er keinen Augenblick gezögert hat, den Sinn seiner Rede klarzustellen und allen Missverständnissen den Boden zu entziehen. Nachdrücklich hat der Papst die vitale Bedeutung des friedlichen Zusammenlebens und eines echten Dialogs zwischen Christentum und Islam neuerlich unterstrichen. In diesem Sinn hat auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, in seiner Rede am 19. September 2006 in Berlin die Haltung der Katholischen Kirche gegenüber dem Islam deutlich gemacht. Viele Muslime sind für diese klaren katholischen Stimmen dankbar.Allen aber, die die Situation – selbst nach der Begegnung des Heiligen Vaters mit den Botschaftern der islamischen Staaten beim Heiligen Stuhl – weiter verschärfen wollen, indem sie immer neue Anschuldigungen, Forderungen oder gar Drohungen vorbringen, erteilen wir eine klare Absage. Die Katholische Kirche und die vielen Menschen in unserem Land und weltweit, die das Recht des freien Wortes achten und dafür eintreten, lassen sich nicht einschüchtern.
Wir erwarten von den muslimischen Autoritäten überall auf der Welt, dass sie alles unterlassen, was zu einer neuerlichen Verschärfung der Situation Anlass geben könnte. Jede Zweideutigkeit dient dem Unfrieden und muss vermieden werden.

2. Mit großer Besorgnis sehen wir, dass in manchen muslimisch geprägten Ländern die dort lebende christliche Minderheit während der letzten Tage bedrängt und attackiert wurde. Kirchen gingen in Flammen auf. In Somalia wurde die katholische Ordensschwester Leonella Sgorbati ermordet. Ebenso wie wir lehnen viele Muslime solche Gewaltakte zutiefst ab. Sie missbilligen jede Verbindung von Gewalt und Religion als Missbrauch und Schändung des Glaubens.Von den Repräsentanten des Islam müssen wir erwarten, dass sie jeder religiösen Legitimation von Gewalt und jeder Instrumentalisierung der Religion für politische Zwecke unmissverständlich entgegentreten. Die christlichen Kirchen kennen aus ihrer Geschichte die Versuchung zur Gewalt, der auch sie nicht immer widerstanden haben. Umso mehr hoffen wir auf einen aufrichtigen Dialog zwischen Christentum und Islam, der auf allen Seiten der „Reinigung des Gedächtnisses“ (vgl. auch die Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen „Nostra aetate“, Art. 3) dient und die Religionen zum gemeinsamen Zeugnis für den Frieden und gegen die Gewalt befähigt.

3. Die Muslime in Deutschland genießen auf dem Boden des Grundgesetzes Religionsfreiheit. Wir erwarten, dass das unveräußerliche Menschenrecht der Religionsfreiheit auch in den islamischen Ländern ohne Abstriche geachtet wird. Die Organisationen des Islam in Deutschland bitten wir, in den Herkunftsländern der bei uns lebenden Muslime nachdrücklich für das Recht auf Religionsfreiheit einzutreten. Darüber hinaus erneuern wir unseren Wunsch, mit den Repräsentanten des Islam einen Dialog über das rechte Verständnis der Freiheit zu führen. In seiner Mitte muss die Religionsfreiheit stehen, die das Herzstück aller menschlichen Freiheiten ist.

4. Die Beschimpfung oder Verunglimpfung religiöser Bekenntnisse ist ein Missbrauch der Freiheit. Es gibt eine zerbrechliche Balance zwischen dem Recht der Kunst und der freien Meinungsäußerung auf der einen sowie dem Recht auf Achtung und Respekt vor der religiösen Überzeugung auf der anderen Seite. Wir sehen mit Sorge, dass sich, nicht nur in Deutschland, die Angst vor religiös motivierter Gewalt ausweitet und zur direkten oder indirekten Einschränkung der Meinungsfreiheit führt. Solchen Tendenzen treten wir entschieden entgegen. Ebenso lehnen wir eine Unkultur der Rücksichtslosigkeit gegenüber der Religion und den Gläubigen ab, die Gräben in der Gesellschaft aufwirft und Unfrieden sät.
Dem Dialog der Religionen verpflichtet, wollen wir vor allem in Deutschland zu einem guten Zusammenleben von Christen und Muslimen beitragen. Darin wissen wir uns Papst Benedikt XVI. besonders verbunden, der in seiner Ansprache vor Muslimen beim Weltjugendtag in Köln am 20. August 2005 zu einem Miteinander der Religionen in Wahrheit und Liebe aufgerufen hat: „Gemeinsam müssen wir – Christen und Muslime – uns den zahlreichen Herausforderungen stellen, die unsere Zeit uns aufgibt. Für Apathie und Untätigkeit ist kein Platz und noch weniger für Parteilichkeit und Sektentum. .... Der interreligiöse und interkulturelle Dialog zwischen Christen und Muslimen ist eine vitale Notwendigkeit, von der zum großen Teil unsere Zukunft abhängt.“ Wir erklären hierzu erneut unsere Bereitschaft.

(pm 29.09.06 bp)







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