Vatikan: Papst appelliert an Dialogfähigkeit der Moslems
Einen eindringlichen
Aufruf zur Zusammenarbeit und zum Dialog hat Papst Benedikt XVI. heute an die Länder
mit muslimischer Mehrheit gerichtet. Um die Mittagsstunde empfing das Kirchenoberhaupt
in seiner Sommerresidenz Castelgandolfo 22 Botschafter aus Ländern mit muslimischer
Mehrheit sowie 19 Vertreter der muslimischen Gemeinden in Italien zu einem Gespräch.
„In einer Welt, die vom Relativismus bestimmt ist und zu oft die Transzendenz
aus der Universalität der Vernunft ausschließt, brauchen wir zwangsläufig einen echten
Dialog zwischen den Religionen und Kulturen, der uns helfen kann, gemeinsam und im
Geist der Zusammenarbeit alle Spannungen zu überwinden.“
Papst Benedikt betonte
erneut, dass er den muslimischen Gläubigen großen Respekt entgegenbringe. Nach den
teils heftigen Reaktionen auf seine Regensburger Rede trat das Kirchenoberhaupt vor
den muslimischen Botschaftern „nicht nur für eine Fortsetzung des Dialogs“ der Religionen
ein, sondern für dessen Weiterentwicklung. Dieser „aufrichtige und respektvolle Dialog“
gründe sich, fuhr der Papst fort,
„auf eine immer bessere gegenseitige Kenntnis,
die unsere gemeinsamen religiösen Werte mit Freude anerkennt, und die Unterschiede
mit Fairness respektiert.“
Unter den vertretenen Ländern waren u.a. die Türkei,
die der Papst Ende November besuchen wird, und Marokko, das den Vatikan-Botschafter
nach den umstrittenen Äußerungen des Papstes einberufen hatte, außerdem Indonesien,
Irak und Iran. Benedikt rief die Regierungen und die Religionsführer auch dazu auf,
gegen jede Manifestation von Gewalt einzutreten.
„Unsere Zeitgenossen erwarten
von uns ein beredtes Zeugnis, um allen den Wert der religiösen Dimension der Existenz
zu zeigen. Auch müssen Christen und Moslems lernen, miteinander zu arbeiten, um sich
von jeder Form von Intoleranz zu schützen und jeder Äußerung der Gewalt entgegenzutreten.
Wir religiöse Autoritäten und politisch Verantwortlichen müssen sie in diesem Sinn
unterstützen.“
Raum für ein Gespräch gab es bei dem diplomatischen Treffen
nicht. Im Anschluss wechselte Papst Benedikt reihum jeweils einige Sätze mit den anwesenden
Diplomaten, unter ihnen auch Frauen.
Der Vatikan hatte das Treffen als Teil
seiner diplomatischen Bemühungen angekündigt, die umstrittenen Äußerungen des Papstes
zum Islam klarzustellen. Zahlreiche muslimische Länder hatten die Einladung ausdrücklich
begrüßt. Zuvor hatte der Heilige Stuhl bereits alle Vatikanbotschafter in der arabischen
und islamischen Welt angewiesen, ihren Regierungen den vollständigen Text der kritisierten
Rede in arabischer Übersetzung zu überreichen sowie die entsprechende Erklärung von
Kardinalstaatssekretär Bertone und die Bedauernsäußerung des Papstes persönlich vorzutragen.