Den „Panzerkardinal“ gibt es nicht mehr. Der gestrenge „Großinquisitor“ ist aus der
deutschen Öffentlichkeit verschwunden. So vielfältig und hart die Kritik noch vor
eineinhalb Jahren, so unisono und nahezu liebevoll jetzt die Begeisterung bei der
Papstreise. Wen haben die deutschen da gesehen? Birgit Pottler zieht eine Schlussbilanz:
Deutschland
sah einen Papst auf Pastoralreise mit einer Botschaft für das Land. Der Heimatbesuch
war die literarische Klammer für die Aussagen und Gebete als Oberhirte, Bischof, Seelsorger
und einfacher Gläubiger. Die Stationen seines bayerischen Lebens diehnten ihm als
Wegmarken, um das zu sagen, was ihm als das Wesentliche erschien: Rückbesinnung auf
den Glauben und dann dessen Vermehrung. In einer Zeit des religiösen Aufbruchs, wie
sie deutsche Kirchenmänner und Philosophen so gerne beschreiben, hat Benedikt XVI.
erklärt, um welchen Gott es ihm geht, welchen Gott das Christentum vertritt. Auf dem
Marktplatz der religiösen Möglichkeiten hat er seine Position dargelegt. Und die versagt
es ihm, die teils vermissten konkreten Schritte in der Ökumene zu benennen. Für ihn
muss sich die katholische Kirche erst auf ihren eigenes Fundament besinnen. Dazu einladen
und neu anregen war der Zweck der Pastoralreise; seine leise, mitdenkende Art, das
Mittel. Deutschland sah auch einen Papst, der weiß, sich in jeder Situation anders
zu verhalten: In den Gottesdiensten als Beter, Prediger und Seelsorger, in der Universität
als Theologe und auf der Straße eben als sympathischer und glücklicher Landsmann.
Im säkularen Umfeld des Flughafens sprach Benedikt XVI. über den Wert der Arbeit für
den Menschen und sagte mehr für die deutsche Gesellschaft als der Ministerpräsident. Diese
Reise hat das Denken Benedikts gezeigt. Nur einmal sprach er von Johannes Paul II.,
und das beim Abschied. Auch ein Zeichen, dass er seinen eigenen Stil hat. Das Heimatland
ist nicht der schlechteste Ort, das zu zeigen. Jedes Kind kennt in Bayern die Geschichte
vom Münchner im Himmel: Der Engel Aloisius, der auf die Erde geschickt wird, um der
bayerischen Staatsregierung die göttlichen Eingebungen zu übermitteln. Vom Papstbesuch,
sagt Bayerns Ministerpräsident werden tiefe Impulse ausgehen. Der Engel Aloisius blieb
der Erzählung nach in München, ertränkte sein Heimweh im Hofbräuhaus. Der Herr verzeihe
diesen Vergleich: Benedikt hinterlässt seinen Kardinalsring von früher der Schwarzen
Madonna von Altötting. Er selbst nimmt seinen Botendienst wieder auf. Auch das ein
Zeichen, dass diese Reise weltweiten Charakter hat. (rv 14.09.06 bp)