Liebe Brüder und Schwestern
! „Wer glaubt, ist nie allein“, lautet das Leitwort dieser Tage. Wir sehen es hier.
Der Glaube führt uns zusammen und schenkt uns ein Fest. Er schenkt uns die Freude
an Gott, an der Schöpfung, am Miteinandersein. Ich weiß, daß diesem Fest viel Mühe
und Arbeit vorangegangen ist. Durch die Berichte der Zeitungen habe ich ein wenig
verfolgen können, wie viele Menschen ihre Zeit und ihre Kraft eingesetzt haben, damit
dieser Platz so würdig bereitet wurde; daß das Kreuz auf dem Hügel hier steht als
Gottes Friedenszeichen in dieser Welt; daß Zufahrt und Abfahrt, Sicherheit und Ordnung
gewährleistet sind; daß Quartiere bereitstehen und so fort. Ich hatte mir gar nicht
vorstellen können und weiß es auch jetzt nur im großen allgemeinen, wieviel Kleinarbeit
dazu gehörte, daß wir alle jetzt so beieinander sein können. Für all dies kann ich
nur einfach ein ganz herzliches Vergelt’s Gott sagen. Möge der Herr Euch all das lohnen,
und möge die Freude auf jeden einzelnen 100fach zurückfallen, die wir dank Eurer Vorarbeit
hier empfangen dürfen. Es ist mir zu Herzen gegangen zu hören, wie viele Menschen,
besonders aus den Berufsschulen Weiden und Amberg, Firmen und einzelne, Männer und
Frauen, zusammengearbeitet haben, um Haus und Garten bei mir schön zu machen. Auch
da kann ich nur ganz beschämt Vergelt’s Gott sagen ob all dieser Mühe. Ihr habt das
alles nicht nur für einen einzelnen Menschen, für meine armselige Person getan; Ihr
habt es in der Solidarität des Glaubens getan, Euch von der Liebe zum Herrn und zur
Kirche leiten lassen: All dies ist ein Zeichen wahrer Menschlichkeit, die aus dem
Berührtsein durch Jesus Christus wächst.
Zu einem Fest des Glaubens sind wir
zusammengekommen. Aber da steigt nun doch die Frage auf: Was glauben wir denn da eigentlich?
Was ist das, Glaube? Kann es das eigentlich noch geben in der modernen Welt? Wenn
man die großen Summen der Theologie ansieht, die im Mittelalter geschrieben wurden,
oder an die Menge der Bücher denkt, die jeden Tag für und gegen den Glauben verfaßt
werden, möchte man wohl verzagen und denken, das sei alles zu kompliziert. Vor lauter
Bäumen sieht man am Ende den Wald nicht mehr. Es ist wahr: Die Vision des Glaubens
umfaßt Himmel und Erde; Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, Ewigkeit und ist insofern
gar nie auszuschöpfen. Und doch ist sie in ihrem Kern ganz einfach. Der Herr sagt
ja zum Vater darüber: „Den Einfachen hast du es offenbaren wollen – denen, die mit
dem Herzen sehen können“ (vgl. Mt 11, 25). Die Kirche bietet uns ihrerseits
eine kleine Summe an, in der alles Wesentliche gesagt ist: das sogenannte Apostolische
Glaubensbekenntnis. Es wird gewöhnlich in zwölf Artikel eingeteilt – nach der Zahl
der Apostel – und handelt von Gott, dem Schöpfer und Anfang aller Dinge, von Christus
und dem Heilswerk bis hin zur Auferstehung der Toten und dem ewigen Leben. Aber in
seiner Grundkonzeption besteht das Bekenntnis nur aus drei Hauptstücken, und es ist
von seiner Geschichte her nichts anderes als eine Erweiterung der Taufformel, die
der auferstandene Herr den Jüngern für alle Zeiten übergeben hat, als er ihnen sagte:
Geht hin, lehrt und tauft alle Völker auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des
Heiligen Geistes (Mt 28, 19).
Wenn wir das sehen, dann zeigt sich zweierlei:
Der Glaube ist einfach. Wir glauben an Gott – an Gott, den Ursprung und das Ziel menschlichen
Lebens. An den Gott, der sich auf uns Menschen einläßt, der uns Herkunft und Zukunft
ist. So ist Glaube immer zugleich Hoffnung, Gewißheit, daß wir Zukunft haben und daß
wir nicht ins Leere fallen. Und der Glaube ist Liebe, weil Gottes Liebe uns anstecken
will.
Als zweites können wir feststellen: Das Glaubensbekenntnis ist nicht
eine Summe von Sätzen, nicht eine Theorie. Es ist ja verankert im Geschehen der Taufe
– in einem Ereignis der Begegnung von Gott und Mensch. Gott beugt sich über uns Menschen
im Geheimnis der Taufe; er geht uns entgegen und führt uns so auch zueinander. Denn
Taufe bedeutet, daß Jesus Christus uns sozusagen als seine Geschwister und damit als
Kinder in die Familie Gottes selber adoptiert. So macht er uns damit alle zu einer
großen Familie in der weltweiten Gemeinschaft der Kirche. Ja, wer glaubt, ist nie
allein. Gott geht auf uns zu. Gehen auch wir Gott entgegen, und gehen wir so aufeinander
zu. Lassen wir keines der Kinder Gottes allein, so weit es in unseren Kräften steht!
Wir
glauben an Gott. Das ist unser Grundentscheid. Kann man das heute noch? Ist das vernünftig?
Seit der Aufklärung arbeitet wenigstens ein Teil der Wissenschaft emsig daran, eine
Welterklärung zu finden, in der Gott überflüssig wird. Und so soll er auch für unser
Leben überflüssig werden. Aber sooft man auch meinen konnte, man sei nahe daran, es
geschafft zu haben – immer wieder zeigt sich: Das geht nicht auf. Die Sache mit dem
Menschen geht nicht auf ohne Gott, und die Sache mit der Welt, dem ganzen weiten Universum,
geht nicht auf ohne ihn. Letztlich kommt es auf die Alternative hinaus: Was steht
am Anfang: die schöpferische Vernunft, der Geist, der alles wirkt und sich entfalten
läßt oder das Unvernünftige, das vernunftlos sonderbarerweise einen mathematisch geordneten
Kosmos hervorbringt und auch den Menschen, seine Vernunft. Aber die wäre dann nur
ein Zufall der Evolution und im letzten also doch auch etwas Unvernünftiges. Wir Christen
sagen: Ich glaube an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde – an den Schöpfer
Geist. Wir glauben, daß das ewige Wort, die Vernunft am Anfang steht und nicht die
Unvernunft. Mit diesem Glauben brauchen wir uns nicht zu verstecken, mit ihm brauchen
wir nicht zu fürchten, uns auf einem Holzweg zu bewegen. Freuen wir uns, daß wir Gott
kennen dürfen und versuchen wir, auch anderen die Vernunft des Glaubens zu zeigen,
wie es uns der heilige Petrus in seinem ersten Brief aufträgt (1 Petr 3, 15).
Wir
glauben an Gott. Das stellen die Hauptteile des Glaubensbekenntnisses heraus, und
das betont besonders der erste Teil davon. Aber nun folgt sofort die zweite Frage:
An welchen Gott? Nun, eben an den Gott, der Schöpfergeist ist, schöpferische Vernunft,
von der alles kommt und von der wir kommen. Der zweite Teil des Glaubensbekenntnisses
sagt uns mehr. Diese schöpferische Vernunft ist Güte. Sie ist Liebe. Sie hat ein Gesicht.
Gott läßt uns nicht im Dunklen tappen. Er hat sich gezeigt als Mensch. So groß ist
er, daß er es sich leisten kann, ganz klein zu werden. „Wer mich sieht, sieht den
Vater“, sagt Jesus (Joh 14, 9). Gott hat ein menschliches Gesicht angenommen.
Er liebt uns bis dahin, daß er sich für uns ans Kreuz nageln läßt, um die Leiden der
Menschheit bis an Gottes Herz hinaufzutragen. Heute, wo wir die Pathologien und die
lebensgefährlichen Erkrankungen der Religion und der Vernunft sehen, die Zerstörungen
des Gottesbildes durch Haß und Fanatismus, ist es wichtig, klar zu sagen, welchem
Gott wir glauben und zu diesem menschlichen Antlitz Gottes zu stehen. Erst das erlöst
uns von der Gottesangst, aus der letztlich der moderne Atheismus geboren wurde. Erst
dieser Gott erlöst uns von der Weltangst und von der Furcht vor der Leere des eigenen
Daseins. Erst durch das Hinschauen auf Jesus Christus wird die Freude an Gott voll,
wird zur erlösten Freude. Richten wir in dieser festlichen Feier der Eucharistie unseren
Blick auf den Herrn, und bitten wir ihn um die große Freude, die er seinen Jüngern
verheißen hat (Joh 16, 24).
Der zweite Hauptteil des Bekenntnisses schließt
mit dem Ausblick auf das Letzte Gericht und der dritte mit dem auf die Auferstehung
der Toten. Gericht – wird uns da nicht doch wieder Angst gemacht? Aber wollen wir
nicht alle, daß einmal all den ungerecht Verurteilten, all denen, die ein Leben lang
gelitten haben und aus einem Leben voller Leid in den Tod gehen mußten, Gerechtigkeit
widerfährt? Wollen wir nicht, daß am Ende das Übermaß an Unrecht und Leid, das wir
in der Geschichte sehen, sich auflöst; daß alle am Ende froh werden können, daß das
Ganze Sinn erhält? Diese Herstellung des Rechts, diese Zusammenfügung der scheinbar
sinnlosen Fragmentstücke der Geschichte in ein Ganzes hinein, in dem die Wahrheit
und die Liebe regieren: Das ist mit dem Weltgericht gemeint. Der Glaube will uns nicht
angst machen, wohl aber zur Verantwortung rufen. Wir dürfen unser Leben nicht verschleudern,
nicht mißbrauchen, nicht für uns selber nehmen; Unrecht darf uns nicht gleichgültig
lassen, wir dürfen nicht seine Mitläufer oder sogar Mittäter werden. Wir müssen unsere
Sendung in der Geschichte wahrnehmen und versuchen, dieser unserer Sendung zu entsprechen.
Nicht Angst, aber Verantwortung – Verantwortung und Sorge um unser Heil, um das Heil
der ganzen Welt ist notwendig. Wenn aber Verantwortung und Sorge zu Angst werden möchten,
dann erinnern wir uns an das Wort des heiligen Johannes: „Meine Kinder, ich schreibe
euch dies, damit ihr nicht sündigt. Wenn aber einer sündigt, haben wir einen Anwalt
beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten“ (1 Joh 2, 1). „Wenn unser Herz uns
auch verurteilt – Gott ist größer als unser Herz, und er weiß alles“ (1 Joh
3, 20).
Wir feiern heute das Fest Mariä Namen. So möchte ich all den Frauen,
die diesen Namen tragen, meine herzlichen Segenswünsche zu diesem ihrem Festtag aussprechen;
meine Mutter und meine Schwester gehören dazu. Maria, die Mutter des Herrn, hat vom
gläubigen Volk den Titel Advocata erhalten und ist unsere Anwältin bei Gott. So kennen
wir sie seit der Hochzeit von Kana: als die gütige, mütterlich sorgende und liebende
Frau, die die Not der anderen wahrnimmt und sie zum Herrn hinträgt, um zu helfen.
Heute haben wir im Evangelium gehört, wie der Herr sie dem Lieblingsjünger und in
ihm uns allen zur Mutter gibt. Die Christen haben zu allen Zeiten dankbar dieses Vermächtnis
Jesu aufgenommen und bei der Mutter immer wieder die Geborgenheit und die Zuversicht
gefunden, die uns Gottes froh werden läßt. Nehmen auch wir Maria als den Stern unseres
Lebens an, der uns in die große Familie Gottes hineinführt. Ja, wer glaubt, ist nie
allein. Amen.