Bildung ist ein Menschenrecht.
Das will der internationale Tag der Alphabetisierung, der heute begangen wird, mit
aller Deutlichkeit ins Bewusstsein rücken. Bildungsstudien wie Pisa haben auch Industrienationen
wachgerüttelt und sie den Blick auf die eigenen Schulbänke richten lassen. Wir haben
mit der Bildungsreferentin der deutschen UNESCO- Kommission Barbara Malina gesprochen.
Sie erklärt, warum der internationale Tag der Alphabetisierung wichtig ist:
„Weltweit
gibt es immer noch 771 Millionen erwachsene Analphabeten. Das bedeutet, ein Fünftel
der erwachsenen Weltbevölkerung können nicht lesen und schreiben. Und das ist natürlich
Grund genug, die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass das nach wie vor
ein großes weltweites Problem ist. Denn wer nicht lesen und schreiben kann, kann am
öffentlichen Leben im Grunde nicht teilnehmen.“
2003 wurde die Weltalphabetisierungsdekade
der Vereinten Nationen von Kofi Annan eröffnet. Damals wurde das Ziel beschlossen,
bis 2015 die Zahl der Analphabeten um die Hälfte zu reduzieren.
„Es ist
so, das Fortschritte gemacht werden in den letzten Jahren. Diese Fortschritte sind
allerdings hauptsächlich durch einen großen Rückgang der Analphabeten in China zustande
gekommen. Aber auch in einigen anderen Ländern sind Fortschritte zu verzeichnen. Es
ist allerdings in der Tat zu befürchten, dass einige Weltregionen die Halbierung der
Analphabetenrate bis 2015 nicht erreichen werden. Das sind speziell asiatische Regionen,
aber auch Afrika südlich der Sahara und zum Teil auch arabische Länder.“
Die
UNESCO hat es sich zur Aufgabe gemacht, Projekte der Alphabetisierung zu initiieren.
Insbesondere Länder, die nur schwache Fortschritte verzeichnen, müssen umdenken, erklärt
Malina. Es geht darum
„zum Beispiel in Afrika, südlich der Sahara und auch
in Südasien ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Alphabetisierung eine ganz wichtige
Vorraussetzung für Entwicklung ist. Das heißt auch bei den Regierungen den politischen
Willen zu aktivieren, mehr Geld des nationalen Bildungsbudgets in Alphabetisierungskurse
zu stecken. Dabei geht es nicht nur um Kinder, sondern auch um die erwachsenen Analphabeten,
denn eine Mutter, die nicht lesen und schreiben kann, beeinträchtigt immer auch die
Bildungschancen ihrer Kinder.“
Doch auch in den Industrienationen sei
ein „verstärktes politische Engagement“ von Nöten, um den so genannten „funktionalen
Analphabetismus“ in den Griff zu bekommen, erklärt Malina. Immer mehr Erwachsene könnten
nicht ausreichend lesen und schreiben – ihre Teilnahme am öffentlichen Leben sei somit
eingeschränkt. In Deutschland lägen keine belastbaren Zahlen vor. Allerdings seien
80.000 Schulabgänger jährlich ohne Schulabschluss. (rv 08.09.06 sis)