Frankreich: Frère Roger, Kommunion - nicht Konversion
Die ökumenische Gemeinschaft von Taizé bestreitet, dass ihr Gründer Frère Roger 1972
zum Katholizismus übergetreten sei. Der protestantische Taizé-Gründer, der vor einem
Jahr ermordet wurde, sei vielmehr «allmählich» in eine «volle 'Kommunion' (Gemeinschaft)
mit dem Glauben der katholischen Kirche» eingetreten, «ohne eine 'Konversion' (Übertritt),
die einen Bruch mit seinem Ursprung einschließen würde», betonte die Gemeinschaft
in einer gestern Abend verbreiteten Erklärung. Damit habe Frère Roger einen «seit
der Reformation noch nie da gewesenen Schritt» vollzogen. Die Debatte um einen
angeblichen Konfessionswechsel des Protestanten war in diesen Tagen neu aufgeflammt,
als der Historiker Yves Chiron in einem Zeitungsartikel unter Berufung auf den Ortsbischof,
Raymond Seguy von Autun, sagte, Frère Roger sei 1972 in der Kapelle des Bischofssitzes
zum Katholizismus übergetreten. Nach Darstellung der Brüder von Taizé reichte der
damalige Bischof von Autun, Armand LeBourgeois, 1972 Frère Roger zum ersten Mal die
Kommunion, allerdings ohne ihm ein anderes Bekenntnis abzuverlangen als das Glaubensbekenntnis,
das allen Christen gemeinsam ist. Der Taizé-Gründer habe immer nach einer Gemeinschaft
mit der katholischen Kirche gesucht, nicht nach einem Übertritt, also einem Bruch
mit dem Glauben seiner Herkunft. Die Gemeinschaft räumt ein, nicht jeder habe
die Vorgehensweise Frère Rogers verstanden. Johannes Paul II. habe sie aber angenommen,
ebenso Bischöfe und katholische Theologen, die in Taizé Eucharistie feierten, aber
auch protestantische und orthodoxe Kirchenverantwortliche. Weiter schreibt die Gemeinschaft:
„Wer um jeden Preis darauf aus ist, dass die christlichen Konfessionen ihre je eigene
Identität finden, dass sie sich den anderen widersetzen, kann Frère Rogers Weg freilich
nicht verstehen. Er sei ein Mensch der Gemeinschaft gewesen; vielleicht sie gerade
das für manche so schwer zu begreifen. Bei der Beisetzungsfeier von Papst Johannes
Paul II. auf dem Petersplatz reichte der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger Frère
Roger die Kommunion. Die Geste erregte weltweit Aufsehen. Nach den Worten von Bruder
Alois, dem jetzigen Leiter der ökumenischen Gemeinschaft, empfing Frère Roger in Sankt
Peter bereits seit 25 Jahren die Kommunion. (kipa 07.09.06 gs)