Österreich: Chemiker vor Papstschülern, Evolutionstheorie und Schöpfung schließen
sich nicht aus
Evolutionstheorie
und Schöpfungsglauben schließen sich nicht aus. Das unterstrich der Wiener Chemiker
Peter Schuster, vor dem Ratzinger Schülerkreis am Wochenende in Castelgandolfo. Die
ehemaligen Doktoranden des jetzigen Papstes hatten den designierten Präsidenten der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften als Gastdozent geladen. Die Evolutionstheorie
müsse heute als eine Theorie "vom gleichen Rang wie die Newtonsche Mechanik oder die
Quantentheorie" gesehen werden, insofern sie experimentell überprüfbar sei. Dabei
verwies der Chemiker auf die von ihm durchgeführten Computersimulationen auf der Basis
von molekularen Evolutionsprozessen. „Ich habe natürlich auch ein Weltbild.
Ich bin kein religiöser Mensch, das muss ich dazu sagen. Aber wenn wir die physikalischen
Naturgesetze mit ihren Konstanten sehen, die haben alle bestimmte Werte. Und wenn
wir die verändern, sieht die Welt ganz anders aus. Wenn beispielsweise unser Planet
Erde im Sonnensystem etwas anders läge, gebe es kein Wasser. Das zieht sich durch.
Auch in der Biologie haben wir Bedingungen, und die müssen stimmen, damit die Entwicklung
gehen kann. Das habe ich vor dem Heiligen Vater und seinen Schülern einen „schmalen
Korridor durch den Bereich der Möglichkeiten“ genannt. Wenn das jemand als die Schöpfung
sieht, ist das für mich sehr überzeugend.“ Wissenschaftlich nachweisbar sei
„Schöpfung“ aber nicht: „Wir sehen keine unmittelbaren Eingriffe des Schöpfers,
wenn wir unsere Experimente anstellen. Wir haben ein Konzept, das ist die Evolutionstheorie,
mit dem können wir das erklären, was wir beobachten können. Da sehen wir solche unmittelbaren
Eingriffe nicht, aber das heißt ja nicht, dass der Gesamtplan nicht einer Schöpfung
entspricht.“ Schuster war beeindruckt von der Sachkenntnis seiner Zuhörer und
den Diskussionen im Schülerkreis: „Ich höre mir das sehr gerne an. Es ist für
mich eine andere Welt zu denken. Ich präsentiere hier meine Naturwissenschaft; und
ich war sehr beeindruckt, wie der Papst sehr konkrete Fragen sehr präzise gestellt
und dann mit wenigen Sätzen den Tag zusammengefasst hat. Da habe ich gesehen, mit
wie viel Interesse er mein Referat verfolgt hat und die wichtigen Punkte darin eigentlich
alle gesehen hat. Das hat mich sehr beeindruckt.“ (kathpress 05.09.06 bp)