2006-08-15 11:37:27

Libanon: Etchegaray auf Friedensmission


Der französische Kurienkardinal Roger Etchegaray, Sondergesandter des Heiligen Stuhles, hat heute einen Friedensgottesdienst im Marienwallfahrtsort Harissa, oberhalb von Beirut, gefeiert. Etchegaray hält sich seit gestern im Krisengebiet auf. Benedikt XVI. hatte den 84-jährigen erprobten Krisendiplomaten zu einer religiösen Mission in den Libanon geschickt. Der Vatikan machte keine offiziellen Angaben über politische Gespräche, die der Kardinal im Rahmen seines Besuchs mit der Staats- und Regierungsführung des Libanons führen soll. Hier die Kernsätze aus der Predigt des französischen Kardinals:

„Wir müssen klar sein: Der Konflikt zwischen Israel und Palästina ist eines jener Dramen, die, wenn nicht rasch eine gerechte Lösung gefunden wird, keinen Staat in seiner Zukunft unberührt lassen können. Wenn die Gerechtigkeit und die Wahrheit nicht für beide Völker gleich sind, dann sind sie nicht Gerechtigkeit und Wahrheit, und es wird keinen dauerhaften Frieden in der Welt geben….
Es sind nicht nur die Christen, die von ihrem Meister gerufen werden: Die ganze große Familie der Nachfahren Abrahams, ja die ganze Menschheit, die sich bunt gemischt in der Arche Noah einfand, beginnt sich heute über ihre angeborene Einheit in der Vielfalt der Rassen, Kulturen und Religionen klar zu werden….
Der Aderlass ist ganz besonders blutig in Ihrem Volk, im Libanon, wo 30 Prozent der Opfer jünger als zwölf Jahre sind… Dies ist nicht der Ort noch der Augenblick einer Bilanz. Doch vor Gott können wir die Reichweite des Bösen und auch den Preis der erhofften Heilung bereits ermessen. Kein Mittel kann uns heilen, wenn es nicht zur Wurzel des Bösen vordringt, und wenn nicht jeder in Demut anerkennt, dass der Feind nicht nur der andere ist, sondern auch er selbst. Jeder von uns ergreift jeden Tag Partei für oder gegen den Frieden, durch seine Art zu denken oder mit den anderen zu leben.
Natürlich kann die Förderung des Friedens nicht künstlich bleiben und sich auf eine Bastelarbeit aus tausend kleinen Gesten beschränken. Um dem Krieg Adieu zu sagen, genügt es nicht, den Frieden zu begrüßen. Wir müssen trotz aller unserer Kritik und Ungeduld die nationalen und internationalen Verantwortlichen der Gesellschaft würdigen, die mit allen Mitteln versuchen, den Weg zu ebnen für einen Frieden für alle Völker dieser Region, in der die Probleme der ganzen Welt sich immer mehr verflechten.
Doch der wahre Weg ist eher spirituell als politisch. Kein in Verträgen definierter Friede hält, wenn er nicht vom Frieden in den Herzen begleitet wird… Keine Religion kann ihren Gott gegen einen anderen ins Feld schicken, ohne ihn zu beleidigen… In einem Klima des Hasses kann nur die Vergebung zur Versöhnung führen. Eine Vergebung, die weder Vergessen ist, noch Berechnung, noch Schwäche, noch herablassendes Mitleid.“

(rv 15.08.06 sis/gs)








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