Die für heute geplante
Hinrichtung der drei Katholiken in Indonesien wurde auf den 20. August verschoben.
In den vergangenen Tagen hatten Papst Benedikt XVI., die Europäische Union und diverse
Menschenrechtsorganisationen aus aller Welt die Regierung in Jakarta gebeten, die
Todesurteile nicht zu vollstrecken. Den drei Männern wird vorgeworfen, vor sechs Jahren
an den Unruhen auf der Insel Sulawesi beteiligt gewesen zu sein. Was ist dran an diesem
Vorwurf? Diese Frage müsse grundsätzlicher diskutiert werden, meint der Referent für
Menschenrechtsfragen bei der deutschen Kommission Justia et Pax, Daniel Bogner. Die
Weltgemeinschaft müsse deutlich machen,
„dass es nicht hinnehmbar ist,
dass hier die Todesstrafe vollstreckt werden soll. Das ist eine ganz fundamentale
Verletzung des Rechtes auf Leben, und Indonesien hat als Staat die allgemeine Erklärung
der Menschenrechte der Vereinten Nationen mit unterzeichnet, die jede grausame, unmenschliche
oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ablehnt. Deshalb ist es heutzutage nicht
hinnehmbar – das hat auch die Kirche immer wieder betont, dass ein Staat die Todesstrafe
als Instrument der staatlichen Strafe benutzt.“
Erst von dieser Grundlage
ausgehend könne untersucht werden, wie der Fall zu beurteilen sei. Das Strafverfahren
sei allem Anschein nach nicht fair abgelaufen, so Bogner:
„Beispielsweise
ist bekannt geworden, dass es noch Material gibt, Zeugenaussagen, die die drei Verurteilten
entlasten würden und die nicht mehr vom Gericht berücksichtigt werden konnten. Dann
wurde bekannt, dass während des Gerichtsverfahrens, vor dem Gerichtsgebäude, Tumulte
und Demonstrationen von bewaffneten gegeben hat, so dass der Eindruck entstanden ist,
dass das Urteil vielleicht auch unter öffentlichem Druck zustande gekommen sein könnte.
Das sind alles Faktoren, die einen eigentlich zu dem Schluss kommen lassen: Da ist
es nicht mit rechten Dingen zugegangen.“
Bei den Auseinandersetzungen
auf Sulawesi sind mehr als 1000 Menschen ums Leben gekommen. Dutzende Moscheen und
Kirchen gingen damals in Flammen auf. Manche Beobachter wollen den Konflikt als Auseinandersetzung
zwischen Christen und Muslimen sehen; sie suchen religiöse Überzeugungen als motivierende
Kraft für die Gewalttaten. Bogner warnt vor dieser Vereinfachung:
„Auch
wenn dort Christen und Muslime im Spiel sind, es ist eben kein ganz klassischer Religionskonflikt,
sondern das hat auch einen politischen und sozialen Hintergrund. Es gab und gibt in
Indonesien seit den siebziger und achtziger Jahren große Migrationsprogramme, die
von der Zentralregierung in Jakarta unternommen worden sind. Und in diesem Rahmen
gab es eine große Migration, die unkoordiniert stattgefunden hat. Das hat bewirkt,
dass sich die traditionellen Mehrheitsverhältnisse auf Sulawesi verschoben haben.
Sulawesi ist traditionell protestantisch geprägt. Und dann sind Bevölkerungsgruppen
aus muslimischen Teilen des Landes hinzugesiedelt worden. Dann hat der Präsident in
Jakarta auch den Provinzgouverneur abgesetzt und einen Muslim zum Provinzgouverneur
gemacht, der die ganze Verwaltung ausgetauscht hat. Das ist ein sehr unsensibler Umgang
mit der lokalen Situation. Und das wirkt wie ein Pulverfass.“
Nach Angaben
eines Polizeisprechers sei die Verschiebung durch den verantwortlichen Polizeichef
realisiert worden. Er habe den Verurteilten die Chance geben wollen, am 17. August,
dem Nationalfeiertag in Indonesien, durch den Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono
begnadigt zu werden. Einen Antrag auf Begnadigung hatte der Präsident jedoch letzte
Woche bereits abgelehnt. (rv 12.08.06 sis)