Sri Lanka steuert
auf einen neuen blutigen Bürgerkrieg zu. Vergangene Woche sind die Kämpfe zwischen
tamilischen Rebellen und Regierung mit neuer Wucht entbrannt. Im Osten des Landes
sind tausende Menschen auf der Flucht. Zentrum der Unruhen ist die Stadt Mutur im
Distrikt Trincomalee. Dort haben die tamilischen Rebellen die staatliche Marinebasis
angegriffen. Wir sprachen mit dem Apostolischen Nuntius in Colombo, Erzbischof Mario
Zenari:
„Trincomalee ist ein Gebiet mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen,
vor allem sind es aber Moslems. Und sie sind arm. Sie sitzen in der Falle zwischen
zwei Fronten, sie sind eingekesselt. Man spricht von Toten, von Verletzten, von Flüchtlingen.
UNO-Leute haben humanitäre Korridore gefordert, um den Verletzten zu Hilfe zu kommen.
Soweit ich von unseren Caritas-Leuten vor Ort erfahren habe, hatten sie bisher noch
nicht die Möglichkeit, zu den Menschen zu gelangen.“
Seit Jahren versucht
die internationale Staatengemeinschaft, besonders Norwegen, im Konflikt in Sri Lanka
zu vermitteln. Im Jahr 2002 war auf Druck Oslos ein Waffenstillstand vereinbart worden;
die Gespräche stecken jedoch in der Sackgasse. Gestern hat UNO-Generalsekretär Kofi
Annan die Konfliktparteien dazu aufgefordert, die Friedensgespräche wieder aufzunehmen.
Der Nuntius glaubt, dass in Sri Lanka die Kirche ein Beispiel des Friedens sein kann.
„Die katholische Kirche hat Angehörige in den beiden Haupt-Bevölkerungsgruppen,
sowohl bei den Singhalesen als auch bei den Tamilen. Insofern ist gerade die Kirche
ein Faktor der Stabilität, um zu verdeutlichen, dass der Dialog weitergehen muss und
dass Gewalt keinen Zweck hat. Es gibt auch Ansätze eines interreligiösen Dialogs mit
unseren Bischöfen. Wir haben durchaus gute Kontakte zu Vertretern der anderen Religionen.“
Die Menschen in Sri Lanka haben die zwei Jahrzehnte währenden blutigen
Auseinandersetzungen noch nicht überwunden. Vor dem Waffenstillstand 2002 hatte der
Bürgerkrieg 70.000 Menschen das Leben gekostet. Die tamilischen Rebellen fordern Autonomie
des Nordens und Ostens der Insel, wo Tamilen die Bevölkerungsmehrheit stellen. (rv
04.08.06 gs)