Ministranten aus ganz Europa auf Pilgertour in Rom
„Gewächshaus für
Berufungen“. Das schrieb Johannes Paul II. in seinem letzten Gründonnerstagsbrief
an die Priester über die Ministranten. 42.000 von ihnen aus 17 europäischen Ländern
sind diese Woche in Rom unterwegs. Die größte Gruppe stellen mit rund 35.000 die Messdiener
aus Deutschland. Deren Zahl hat sich im Vergleich zur letzten Wallfahrt vor fünf Jahren
verdoppelt. Das betonte der deutsche Jugendbischof Franz-Josef Bode zum Auftakt der
Wallfahrt in Rom ausdrücklich. Er sieht darin eine Folge der "Begeisterungswelle des
Weltjugendtags von Köln". „Wir sind viele, das war ja beim Weltjugendtag
auch eine ganz wichtige Erfahrung. Und man merkt ja, dass dieses Gefühl, dieser Grundwasserspiegel,
der sich hebt, sich sicher auf die Zahlen des Messdienertreffens auswirkt.“ Der
Grundwasserspiegel steigt, sagt Bode - und meint damit den Grundwasserspiegel der
Freude am Glauben und an der Kirche. Doch die vielen Deutschen hier in Rom kommen
nicht aus dem Nichts, die Ministrantenpastoral sei einfach eine feste Größe, die Jungen
und Mädchen stehen nicht nur sonntags am Altar, sondern finden hier eine Gruppe Gleichgesinnter,
finden Vertraute und Hilfen fürs Leben. "Auch in den Bistümern gibt es doch
überall jetzt Strukturen dafür, sie bindet sich insgesamt besser ins Gesamt der Jugendpastoral
ein, und es gibt auch nicht mehr so sehr, möchte ich sagen, das Gerangel zwischen
Verbandsarbeit und nichtverbandlicher Arbeit. Die Grenzen sind insgesamt fließender
geworden." Die Wallfahrt steht unter dem Motto "Spiritus vivificat - Der Geist
macht lebendig". Höhepunkte sind ein gemeinsamer Gottesdienst auf dem Petersplatz
heute Abend mit Kardinal Christoph Schönborn von Wien und morgen dann die Generalaudienz
von Papst Benedikt XVI. "Leider können wir keinen nationalen Gottesdienst feiern,
der wäre natürlich mit 35.000 auch schwierig. Es ist eine ganz gute Wahl, dass der
Wiener Kardinal das macht, das ist dann nicht einfach ein Deutscher, aber er ist deutschsprachig
für die vielen, und das steht für Europa. Die Audienz ist natürlich das Wichtige.
Die jungen Leute wollen den Papst erleben und sehen, das gehört dazu. Der Papst hat
am Ende des Weltjugendtages, bei der Rede an die Bischöfe, auch auf die Ministrantenpastoral
hingewiesen. Das ist etwas für ihn, was er sicher auch ganz gerne machen wird am Mittwoch." Die
Pilgerfahrt der Ministranten aus ganz Europa findet seit 19962 in der Regel alle fünf
Jahre statt. Veranstalter ist der Internationale Ministrantenbund ("Coetus Internationalis
Ministrantium - CIM"), ein Zusammenschluss von Verantwortlichen in der Ministrantenarbeit
auf europäischer Ebene. Von dieser Organisation haben die vielen betenden, lachenden
und eisschleckenden Jungen und Mädchen wohl wenig Ahnung. Für sie ist einfach wichtig,
dass sie gemeinsam überhaupt nach Rom fahren konnten.
„Die Kirche ist
jung“, der Papst hat es in seiner Antrittspredigt betont, die Jungen und Mädchen aus
Europa beweisen es. Dreieckstücher mit dem leuchtend orangefarbenen Logo der Feuerzunge
sind ihre Markenzeichen. Die einen nutzen sie als Halstuch, die anderen als Sonnenschutz,
Knieschoner oder Gürtel. Jede Nation hat ihre eigene Farbe: Slowenien kommt in flieder,
Belgien in gelb, Österreich in rot, die Schweiz in schwarz und Deutschland in hellblau.
Für Papst Benedikt XVI. gibt es natürlich eine Sonderanfertigung - ganz in weiß.
Die
Wallfahrt ist ein Großereignis, ohne Zweifel. Und die - genauso wie den Weltjugendtag
oder einzelne nationale Treffen braucht es, sagt Jugendfreund Bode.
„Nicht,
dass man nur von Event zu Event springt...Sondern man geht ja auch wieder in harte
Zeiten des Alltags, wo man sich durchringen muss.“ Die Mädchen und Jungen,
die zu Hause allwöchentlich ihre Pflicht tun, Gruppenstunden gestalten, Ferienlager
organisieren, sollen hier in Rom neuen Schwung bekommen, für die Mühen der Jahre entlohnt
werden. Manch einer, der heute in Kirche oder Pfarrei aktiv ist, egal ob männlich
oder weiblich, hat bei einer dieser Romwallfahrten Feuer gefangen. „Ja, das
ist meine Erwartung, dass die jungen Leute, die hierher kommen, einfach ermutigt und
gestärkt werden in ihrem eigenen Tun. Denn es ist tatsächlich so, gerade auch in nördlichen
Breiten bei uns: Wenn sie Messdiener sind und der Kirche verbunden sind, werden sie
in der Schule und an der Arbeitsstelle oft sehr angefragt, warum machst du das eigentlich...“ Und
da ist es zwar toll, dass so viele Deutsche da sind, aber eben für diese 35.000 Jungen
und Mädchen kann es einem schon fast Leid tun, dass die internationale Atmosphäre
fehlt. Wie schön ist es doch, in der U-Bahn zu hören, dass auch die Portugiesen "Meine
Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" kennen - zumindest die Melodie. Denn mit der Internationalität
ist es bei CIM leider so eine Sache. Sagt auch der Präsident des Ministrantenbundes,
Martin Gächter, Weihbischof von Basel: „Ministrantenarbeit geschieht halt schon
ganz besonders in der einzelnen Pfarrei und wenn es gut geht in der Diözese oder im
Land. In Deutschland geschieht hier am meisten. International ist das ganz verschieden.
Es gibt Länder, die nicht gern international mitmachen.“ Spanien sei so ein
Land, sagt Gächter. Kein einziger Vertreter ist nach Rom gekommen. Die Schwierigkeiten
fingen schon bei der Sprache an, heißen die Ministranten bei den Iberern doch „Monaguillo
- Mönchlein“; das italienische „Chirichetti – Knäblein“, sei da nicht besser. Auffallend
in diesem Jahr, betont Gächter: Es fehlen die Polen. Waren die vor fünf Jahren noch
mit Dutzenden Fahnen auf dem Petersplatz nicht zu übersehen, fehlen sie dieses Jahr
komplett. „Wenn es kein polnischer Papst mehr ist, haben sie Angst, sie könnten
im Westen nicht so viel für die Kirche und den Glauben erhalten.“ Die Gottesdienste
und Gebete, die die jungen Menschen bis Donnerstag Abend in ganz Rom täglich feiern,
werden die Minis aus Polen eines Besseren belehren können. Dann eben bis zum nächsten
Mal - Arrivederci a Roma.