Vatikan: Reiche Länder sollen arme Länder einbeziehen
Die Krise im Nahen Osten verdeckt das Jahrestreffen der größten und führenden Industrienationen:
Der G-8-Gipfel in Sankt Petersburg. Der Gastgeber und russische Präsident Wladimir
Putin hat heute die Staats- und Regierungschefs der reichsten Länder in Empfang genommen.
Bundeskanzlerin Merkel kündigte an, sie werde die Haltung der Bundesregierung zur
Atomenergie verteidigen, außerdem möchte US-Präsident George Bush über das Problem
des Terrorismus beraten. Weitere Themen sind unter anderem Massenvernichtungswaffen
oder Klimaschutz. Ein Thema steht nicht zur Diskussion: Entschuldung und Einbeziehung
armer Länder. Dass die „Reichen“ nicht über dieses Problem beraten möchten, beklagt
der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden und wendet sich direkt an die Gruppe
der Acht in Sankt Petersburg. Gudrun Sailer fasst zusammen:
Das Schreiben,
unterzeichnet von dem Präsidenten Kardinal Renato Raffaele Martino und dem Sekretär
Bischof Giampaolo Crepaldi fasst die Ergebnisse des Treffens der Welthandelsorganisation
WTO Ende Juni zusammen: „Völliger Stillstand“ – so das traurige Resultat – mehr könne
dazu nicht gesagt werden. Aus diesem Grund richtet der Vatikan einen deutlichen Appell
an die größten Industrienationen: Setzt euch für eine umfassende Teilnahme aller Länder
am Welthandel ein. Man dürfe nicht länger warten, da Handelsbeziehungen einen ernstzunehmenden
Einfluss auf das menschliche Wohlbefinden und die menschliche Würde haben, so der
Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden. Das bedeute, dass bei kommerziellen
Verhandlungen, humanitäre Gesichtspunkte stets berücksichtigt werden müssten. Die
Würde jedes Einzelnen Menschen müsse an oberster Stelle stehen. Außerdem müssten die
G-8-Länder die Kriterien wie Transparenz, die „Wahrheit der Zahlen“ und die vollständige
Einbeziehung aller Länder am Verhandlungstisch garantieren. Die Kirchlichen Vertreter
legen den Teilnehmern das Modell des Mutilateralismus, ans Herz, bei dem die Interessen
aller Partner berücksichtigt werden. Das Schreiben endet mit einem Wunsch: In gemeinsamer
Anstrengung und mit Gottes Unterstützung mögen die Teilnehmer Mut zu Lösungen, Kreativität,
Realismus beweisen. (rv 15.07.06 sis)