Bei einem Angriff
einer palästinensischen Widerstandbewegung auf einen israelischen Grenzposten am
Sonntag sind zwei Soldaten getötet worden - ein Soldat wurde entführt. Die israelische
Armee ist für einen Großangriff auf den Gaza-Streifen mobilisiert worden. Der Ministerpräsident
Ehud Olmert hatte nach dem Überfall mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht. Die
palästinensischen Gruppen benutzen den entführten Soldaten als Druckmittel, um palästinensische
Gefangene in Israel freizubekommen. Die Übergabe palästinensischer Gefangene schloss
der Ministerpräsident jedoch aus. Von der internationalen katholischen Friedensbewegung
Pax Christi war Brigitte Hermanns, Mitarbeiterin der flämischen Sektion vor Ort:
"Man muss das Problem im Zusammenhang sehen und darf nicht nur die Ereignisse
von diesem Wochenende berücksichtigen. Am neunten Juni hat die israelische Armee an
einem Strand in Gaza sechs Zivilisten getötet. Das war der Anfang einer Gewaltwelle
gegen palästinensische Zivilisten. Alleine im Juni wurden durch die israelische Armee
fünfzig palästinensische Zivilisten getötet. Deshalb hat sich die Hamas entschlossen,
den mit Israel vereinbarten Waffenstillstand auszusetzen. Das ist natürlich sehr problematisch,
denn es könnte bedeuten, dass die Hamas wieder Angriffe gegen israelische Zivilisten
durchführen wird. Bis jetzt richten sich die Angriffe ja ausschließlich gegen israelische
Soldaten.“
Die Zivilisten haben vor allem Angst. Ihrer
Meinung nach ist die Situation in den palästinensischen Gebieten am schwierigsten:
"Es
ist bekannt, dass die israelische Armee täglich Angriffe auf diese Gebiete durchführt.
Ich war zum Beispiel in Nablus, einer großen Stadt im Norden der Westbank. Dort beklagen
die Leute, dass die israelische Armee immer noch jeden Tag Angriffe auf Nablus durchführt.
Die Menschen müssen aus ihren Häusern flüchten, werden gefangengehalten oder werden
sogar getötet. Das weiß im Westen fast niemand. Wir sehen nur die Gewalt der bewaffneten
Gruppen, aber nicht was in den Dörfern geschieht. Das macht den Palästinensern große
Sorgen, denn sie halten eine bessere Zukunft so für sehr unwahrscheinlich. Und dann
ist da natürlich noch die Aussetzung von Finanzhilfen für die palästinensische Regierung.
Da die Hamas die Wahlen im Januar gewonnen hat, hat sich die Europäische Union entschlossen,
die Finanzhilfen ab April auszusetzen. Das bedeutet, dass Leute, die für die Regierung
arbeiten – wie zum Beispiel Lehrer und Ärzte –, schon seit drei Monaten kein Gehalt
bekommen haben. Die Leute wissen nicht, wovon sie leben sollen. Was die
israelische Bevölkerung betrifft, so kann man nicht sagen, dass die Leute große Angst
haben. Es hat bis jetzt keine größeren Selbstmordattentate gegeben. Natürlich gibt
es immer wieder kleinere Vorfälle, so wie vor einem Monat. Da die Hamas sich aber
vor mehr als einem Jahr entschlossen hat, keine weiteren Angriffe gegen israelische
Zivilisten zu unternehmen, ist die Situation in Israel viel ruhiger. Die Situation
für die israelische Bevölkerung ist also viel besser als zum Beispiel noch vor drei
Jahren.“ (rv 26.06.06. sis)