2006-06-25 11:24:20

Bosnien Herzegowina: Marienerscheinungen sorgen seit 25 Jahren für Streit


Die Weltkirche blickt erstaunt nach Medjugorje. An diesem Wochenende werden in dem hercegovinischen Dorf 100.000 Pilger erwartet, wo es 1981 zum ersten Mal zu einer Marienerscheinung gekommen sein soll. Sechs Kinder hatten berichtet, die Gottesmutter habe sich ihnen gezeigt, während sie auf dem nahe gelegenen Hügel Schafe gehütet hätten. Mittlerweile sind 30 Millionen Menschen in das Dorf gepilgert. Von Vatikanischer Seite wurde das so genannte „Wunder von Medjugorje“ jedoch nicht anerkannt. Papst Benedikt XVI. hatte sich Anfang des Jahres von dem Diözesanbischof Ratko Peric informieren lassen. Dieser zeigt sich kritisch: „Für mich ist es sicher, dass es sich bei diesen Dingen nicht um eine übernatürliche Erscheinung handelt“, so seine persönliche Überzeugung. Wir haben mit dem Chef der Caritas-Bosnien, Hans Jürgen Möller. Er lebt schon seit Jahren in Bosnien-Herzegowina und betrachtet das Phänomen aus religionssoziologischem Blickwinkel:

„Was mich immer fasziniert hat, dass Medjugorje sehr isoliert da steht. Das heißt, nach meinem Eindruck kommen die meisten Pilger nur nach Medjugorje, und sie kommen nicht nach Bosnien und Herzegowina. Das heißt: Eigentlich interessiert die Situation, das politische und das soziokulturelle Umfeld gar nicht. Man betrachtet das wirklich als ein sehr herausragendes Ereignis und kritische Hinterfragungen – Sie wissen dass der Vatikan auch mit einiger Skepsis dem Ort und den Ereignissen gegenüber steht - werden nicht gestellt. Und das finde ich schon sehr faszinierend, dass Menschen in einem von Krieg geschüttelten Land mit relativ großer Armut kommen und eigentlich sich sehr auf ein pur religiöses Ereignis konzentrieren. Aber vielleicht ist das auch ganz natürlich“

Welche Zielgruppe wird von diesem Wunder angesprochen, also wer pilgert nach Medjugorje. Dazu Möller:

„Alles. Es fällt auf, dass die Menschen, die nach Medjugorje kommen, sehr sehr unterschiedlich sind – es ist eine sehr heterogene Gruppe was soziales Umfeld, was Alter und so weiter betrifft. Es ist aber ein sehr traditionell verankerter Katholizismus, sehr stark auf einen mythischen Marienkult gerichtetes Empfinden – habe ich den Eindruck. Und da Medjugorje ja wirklich etwas sehr geheimnisvolles ist, weil – wie gesagt – der Wallfahrtsort nicht offiziell anerkannt ist, seine Geschichte sehr umstritten ist, Medjugorje wird von kritischen Katholiken sehr angegriffen und das festigt eigentlich die Gruppe derer, die von Medjugorje begeistert sind, fasziniert sind und die dort sehr starke – das muss man sagen – religiöse Impulse empfinden und für ihren ganz persönlichen Weg offensichtlich sehr viel mitbekommen“


Medjugorje ist ein alter Zankapfel: Der Streit zwischen den Bischöfen von Mostar und den Franziskanern im Ort, dauert bereits seit knapp 130 Jahren. Während der Jahrhunderte der osmanischen Herrschaft, ließen die islamischen Behörden nur Franziskaner als katholische Seelsorger zu. Nach der Besetzung der Österreicher wurde die Diözesanstruktur wieder aufgebaut. Und dagegen wehrten sich sowohl die Gläubigen, als auch die Franziskaner. Die Franziskaner glauben, dass in Medjugorje Maria erscheint – die Bischöfe hingegen bestätigen keine übernatürlichen Erscheinungen. Diese Auseinandersetzungen tragen eben nicht dazu bei, so Möller, dass

„dass es einen versöhnenden Charakter, so ein offener, ein heller ein wirklich christlich lebendiger Charakter gibt, der mitreißt; sondern es bleibt eine mythische Geschichte ja fast in einer Ghetto-Situation. Nochmals: Damit kritisiere ich nicht den einzelnen Gläubigen, der ist herzlich willkommen und der soll alles Gute erleben, was man sich nur vorstellen kann. Von einer erweiterten Betrachtung heraus bleibt mir nichts anderes übrig als von meinem subjektiven Empfinden, das sehr kritisch zu sehen. Und ich sage, es kommt nichts bei raus, was gesellschaftliche oder soziokulturelle Aspekte betrifft. Hat es keine Wirkung. Punkt“
(rv/kathpress 24.06.06 sis)








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