Über das Thema "Migration in und aus Ländern mit islamischer Mehrheit" hat die Vollversammlung
des Päpstlichen Migrantenrates kürzlich nachgedacht. Wir dokumentieren hier das Schlußdokument
in voller Länge.
Das Ereignis
Das Phänomen der menschlichen Mobilität
ist ein Zeichen der Zeit, das nicht nur unter gesellschaftlichem, wirtschaftlichem
und politischem Gesichtspunkt, sondern auch unter religiösem und spirituellem wachsende
Probleme aufwirft. Lautet das Thema darüber hinaus “Migration und Unterwegssein aus
und in Länder mit islamischer Mehrheit”, springen Komplexität, Aktualität und Bedeutung
des Gegenstands sofort ins Auge. Mit genau diesem Problemkreis hat sich die XVII.
Vollversammlung des Päpstlichen Rates der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs
befasst. An der Vollversammlung haben, außer den Mitgliedern und Konsultoren des Dikasteriums,
Seelsorger und Experten aus aller Welt teilgenommen.
Bei der Begrüßung der
Teilnehmer im Vatikan betonte Papst Benedikt XVI., dass der interreligiöse Dialog
heute ein wesentlicher Bestandteil des Auftrags der Kirche im Dienst der Menschheit
sei und praktisch für diejenigen, die mit Migranten, Flüchtlingen und Reisenden arbeiten,
zum „täglichen Brot” gehöre. Daher seien die einzelnen Gläubigen aufgerufen, sagte
der Heilige Vater weiter, “Hände und Herz für jeden Menschen öffnen, – vor allem für
die Kleinen und Armen –, aus welchem Land sie auch immer kommen, und den öffentlichen
Verantwortungsträgern die Aufgabe zu überlassen, [unter Beachtung der allgemeinen
Menschenrechte] die entsprechenden Gesetze für ein gesundes Zusammenleben zu schaffen”.
Abschließend sagte Papst Benedikt XVI.: “Dabei leitet uns die Hoffnung, dass auch
die Christen, die in Länder mit islamischer Mehrheit einwandern, herzliche Aufnahme
und Respekt für ihre religiöse Identität finden”. Außerdem nannte er die Seelsorge
für Migranten und Menschen unterwegs “eine wichtige Frontlinie der Neuevangelisierung
in der globalisierten Welt von heute”. Auf den Ausführungen des Heiligen Vaters
aufbauend, führte der Präsident des Dikasteriums, Kardinal Renato Raffaele Martino,
mit seinem Vortrag: “Das Thema der Vollversammlung ausgehend von unseren jüngsten
Dokumenten und Kongressen” in die Arbeiten der Vollversammlung ein, und hob hervor,
dass zur positiven Lösung der Probleme, welche sich durch die wachsende Zahl von Migranten
und Menschen unterwegs aus und in Länder mit islamischer Mehrheit ergeben, folgende
Dinge vonnöten seien: ein offener und ehrlicher, interreligiöser Dialog, das gelebte
Zeugnis der Nächstenliebe und der Gastfreundschaft, der volle Respekt der Religionsfreiheit,
eine angemessene gesellschaftliche und kulturelle Integration unter Beachtung der
bestehenden Zivilgesetze sowie eine recht verstandene Gegenseitigkeit. In einer weiteren
wichtigen Passage seines Referats sprach der Kardinal den Wunsch aus, dass nicht nur
auf katholischer Seite, sondern auch auf muslimischer “ein wachsendes Bewusstsein
dafür entstehe, dass die Verwirklichung der grundlegenden Freiheiten, der unverletzlichen
Rechte der Person, der gleichen Würde von Frau und Mann, des demokratischen Prinzips
in der Regierung des Volkes und der gesunden Laizität des Staates unumgänglich ist”
(Instruktion Erga migrantes caritas Christi – in der Folge EMCC - 66). Daran anschließend
hat der Sekretär des Päpstlichen Rates, Erzbischof Agostino Marchetto, in seinem Beitrag
mit dem Titel “Die Veränderungen, das Denken und Handeln des Päpstlichen Rates seit
der letzten Vollversammlung” betont, dass eines der Ziele der Versammlung darin bestehe,
alle Beteiligten davon zu überzeugen, wie wichtig ein echter Dialog sei, der ständig
über sich hinauszuwachsen imstande sei. Außerdem sollten einige konkrete Schlüsse
gezogen werden, wie Menschen, die aus bzw. in Länder mit islamischer Mehrheit migrieren,
Aufnahme und Verständnis garantiert werden können. Andererseits wird von diesen Personen
oder Gruppen zu Recht erwartet, dass sie einen loyalen und großzügigen Beitrag zum
Wohl des Gastlandes und der jeweiligen Ortskirche leisten. Msgr. Marchetto sagte weiter,
dass die so genannten sesshafteren Gemeinden die besonderen Bedürfnisse der „Gäste“
bzw. der Zuwanderer verstehen lernen und dafür ein ausgeprägtes Solidaritätsempfinden
entwickeln müssen. In dieser Weise können Einheimische und Neuankömmlinge gemeinsam
zur Schaffung einer Kultur des Zusammenlebens, der Verständigung und des Friedens
mit Respekt vor den grundlegenden Menschenrechten eines jeden Einzelnen beitragen.
Ausgehend von einer kritischen Analyse der historischen Entwicklungen, die bis heute
die menschliche Mobilität prägen, gab Msgr. Marchetto in seinen weiteren Ausführungen
der Überzeugung Ausdruck, dass die Kirchen (a qua und ad quam) der Gesellschaft einen
unverzichtbaren Beitrag bei der rechten Regelung der Mobilität und beim Schutz aller
daran Beteiligten leisten können. Voraussetzung dafür seien gegenseitige Achtung und
die rechtlich-religiöse Gleichbehandlung. “Die Gegenseitigkeit ist auch eine Haltung
des Herzens und des Geistes, die uns dazu befähigt, gemeinsam und überall ein Gleichgewicht
von Rechten und Pflichten zu leben” (EMCC 64).
Am Nachmittag des ersten Versammlungstages
gab P. Maurice Borrmans, M. Afr., früherer Dozent am Päpstlichen Institut für arabische
und islamische Studien, einen (numerisch und geographisch) umfassenden und (statistisch)
detaillierten Überblick über die aktuellen Dimensionen des “Zusammenlebens in Ländern
mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit und alteingesessenen oder jüngeren christlichen
Minderheiten”. Aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen und terroristischen
Anschläge der letzten Jahre stellen sich die Zukunftsaussichten dieses „Zusammenlebens“,
laut P. Borrmans, äußerst prekär dar. Tatsächlich seien Minderheiten immer in Gefahr,
führte er weiter aus, “im Gefolge von leichtsinnigen Verallgemeinerungen und pauschalen
Verurteilungen, die alte Vorurteile und Kreuzzugs- bzw. Jihad-Träume nähren, zu ‚Sündenböcken’
zu werden”. Die islamische Welt dürfe jedoch nicht als einheitlicher und undifferenzierter
Block gesehen werden. Die menschliche Mobilität hat die Problematik des Zusammenlebens
neu aufleben lassen und zu einem neuen und manchmal widersprüchlichen Verhältnis zwischen
Religion, Kultur, Staat und Rechtsordnung geführt, um so mehr als die Verarbeitung
der modernen Demokratie und Laizität in jedem Land im Rahmen eines gänzlich eigenen
Kontextualisierungsprozesses erfolgt. Der Sekretär des Päpstlichen Rates für den
interreligiösen Dialog, Erzbischof Pier Luigi Celata, der als Nächster gesprochen
hat, erklärte, dass “das wachsende Phänomen der menschlichen Mobilität immer stärker
zur Beseitigung der geopolitischen Grenzen führt, welche einst in vielen Fällen auch
die Trennlinien zwischen christlicher und islamischer Welt bildeten”. Um ein friedliches
Zusammenleben zu erreichen, sagte Msgr. Celata, indem er an eine Grundsatzaussage
von Papst Benedikt XVI. erinnerte, “ist der Dialog von lebenswichtiger Bedeutung“,
vor allem für Christen, die den Nächsten mit der Kraft und nach dem Beispiel Christi
lieben sollen. Unter Verweis auf die Aussagen, welche der Heilige Vater in seiner
Ansprache an die Muslime letztes Jahr in Köln gemacht hatte, hob Msgr. Celata die
gemeinsamen Herausforderungen hervor, auf die Christen und Muslime eine Antwort geben
müssen. Die erste dieser Herausforderungen ist der Terrorismus, zu dessen Bekämpfung
wir “das Hassgefühl aus den Herzen ausrotten, uns gegen jede Form von Intoleranz verwahren
und uns jeder Manifestation von Gewalt widersetzen müssen.” Msgr. Celata unterstrich
weiter die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Christen und Muslimen, um die Werte
zu wahren, die der menschlichen Würde zugrunde liegen, also Religionsfreiheit, gegenseitige
Achtung, Solidarität und Frieden. Unter Bezugnahme auf die Spannungen, die wir von
der Vergangenheit geerbt haben, lud der Sekretär des Päpstlichen Rates für den interreligiösen
Dialog dazu ein, den Wunsch des Heiligen Vaters, „Wege der Versöhnung zu suchen und
zu lernen, so zu leben, dass jeder die Identität des anderen respektiert“, zu unserem
zu machen. Außerdem sah Msgr. Celata im geistigen und moralischen Relativismus und
im immanentistischen Säkularismus, welche heute in unseren Gesellschaften so weit
verbreitet sind, eine Herausforderung für Christen und Muslime, gemeinsam für das
Transzendente Zeugnis zu geben. Angesichts der unter Muslimen relativ weit verbreiteten
Schwierigkeit, das Prinzip einer gesunden Laizität zu verstehen und zu leben, und
unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, dass sie angemessen in die westlichen Gesellschaften
integriert werden müssen, haben wir als Christen und “Bürger” die Aufgabe, ihnen durch
eine entsprechende Dialogarbeit und mit der Haltung respektvoller Freundschaft das
Zeugnis unserer Erfahrung anzubieten.
Am zweiten Versammlungstag hat der Generalsekretär
des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen, Msgr. Aldo Giordano, im Namen von
P. Hans Vöcking, M. Afr., der verhindert war, zum Thema der Migrationen aus Ländern
mit islamischer Mehrheit die Situation der muslimischen Zuwanderer in Europa illustriert.
Ihre Zahl hat sich drastisch erhöht und gibt der europäischen Gesellschaft heute ein
multireligiöses Gesicht. Der Begegnungspunkt mit dem Muslime heute in der europäischen
Diaspora konfrontiert sind, ist der Kreuzungspunkt der Moderne bzw. der Postmoderne.
Gewiss gibt es Muslime, welche die Möglichkeit einer “Inkulturation” in die europäische
Gesellschaft (“Aufgeklärter Islam”) erkennen, doch die Mehrheit hat große Probleme
mit der europäischen Kultur und wünscht sich die Rückkehr zu einem Islam mittelalterlicher
Prägung, in dem Religion, Gesellschaft und Politik eng miteinander verquickt waren.
Um einen Weg zur Integration zu finden, müssen laut P. Vöcking, folgende Dinge garantiert
werden: Religionsfreiheit, Unabhängigkeit von ausländischen Finanzierungen, Schaffung
von Strukturen zur Bildung der Verantwortlichen, besonderes Augenmerk für die politische
Bildung, Demokratie und Menschenrechte, Dialog zwischen den Religionen und schlussendlich
auch eine korrekte Information in den Medien. Auf diese Weise – schloss er – kann
sich der Weg zu einer Interpretation des Islam durchsetzen, die mehr Gewicht auf Werte
als auf Gesetze, mehr Gewicht auf persönliche Entscheidungen als auf die Trauer um
den Verlust eines imaginären “goldenen Zeitalters“ legt.
In Brunei ist die
Präsenz der Migranten für die Ortskirche eine Herausforderung, ihre Solidarität in
greifbarer und brüderlicher Weise zu bekunden, ja noch mehr, betonte Bischof Cornelius
Sim, Apostolischer Vikar, indem die Kirche sich ihrer geistlichen Bedürfnisse annimmt,
leistet sie einen Dienst, der noch wichtiger ist als materielle Hilfe. “Die Gastarbeiter
finden in der Kirche einen Weg, um den katholischen Kollegen zu helfen, und bereichern
so das gemeinsame Erleben von Kirche”. Nicht zuletzt tragen sie so auch zur kulturellen
und wirtschaftlichen Förderung des Landes bei.
Herr Prof. Stefano Zamagni,
Präsident der Internationalen Katholischen Kommission für Mi-grationen, der über die
Aufnahme von muslimischen Flüchtlingen gesprochen hat, deren Zahl heute immer größer
wird, sagte, dass man sich bewusst sein müsse, dass diese Flüchtlinge mit grundverschiedenen
Lebens- und Glaubensauffassungen zu uns kommen. Vor diesem Hintergrund lud er ein,
die zwei Klippen zu vermeiden, an welchen häufig ihre harmonische Integration in das
soziale Netz scheitert: den relativistischen Synkretismus, nach dem alle Religionen
gleich seien, und eine mehr oder minder erzwungene Assimilierung. Des weiteren empfahl
er, ein interkulturelles Dialogmodell zu entwickeln, in dem die Angebote, auch unter
dem Gesichtspunkt der öffentlichen Mittel, im Verhältnis zum “Akzeptanzgrad” (“moralische
Folgerichtigkeit”) ihrer Forderungen stehen sollten.
Der Erzbischof von
Bobo-Dioulasso in Burkina Faso, Msgr. Anselme T. Sanon, - der ebenfalls verhindert
war – hat seinen Bericht zur Situation der christlichen Flüchtlinge in westafrikanischen
Ländern mit islamischer Mehrheit gesandt. Der Bericht wurde von S.E. Msgr. Béchara
Raï, Bischof von Jbeil im Libanon, vorgelesen. In dem Bericht hat er in einer perspektivischen
Aufgliederung die verschiedenen Situationen, welche mit solchen Zuwanderungen einhergehen,
minutiös und übersichtlich aufgezeigt. Indem er weiter auf die wichtige Rolle hinwies,
welche die Kirche in diesem Bereich spielt, listete er eine Reihe von pastoralen Antworten
auf, unter denen insbesondere die Schaffung einer eigenen Seelsorgestelle für Flüchtlinge
in den Diözesen hervorgehoben wurde, um den Bedürfnissen der Betroffenen zu begegnen.
Weiter wurde ein verantwortungsbewusstes Engagement der internationalen Institutionen
angefordert, sowie eine angemessene Sensibilisierungsarbeit der Massenmedien.
Herr
Dr. Michael Galligan-Stierle, Untersekretär für Hochschulseelsorge bei der US-Amerikanischen
Bischofskonferenz, hat die Situation ausländischer (internationaler) Studenten dargestellt,
die aus islamischen Ländern in die USA kommen. Nachdem er kurz die vielen Begegnungen
sowie gemeinsamen Beratungen und Erklärungen von Muslimen und Katholiken seit 1987
rekapituliert hatte, erklärte er, dass laut einer statistischen Erhebung von den 16,3
Millionen Hochschulstudenten in seinem Land 591.188 ausländische (internationale)
Studenten seien. Anschließend sagte er, dass eine der Hauptsorgen muslimischer Studenten
die Erlangung eines Gebetsortes im Universitätscampus sei, und listete dann eine große
Zahl von Initiativen auf, welche muslimischen Studenten angeboten werden, dank der
Antworten auf einen Fragebogen, der an 1.200 Hochschulseelsorger gesandt worden war.
Zum Schluss forderte er eindringlich, dass alle pastoralen Initiativen für ausländische
Studenten sich an Respekt, Dialog sowie kultureller Offenheit und Freiheit orientieren
müssen.
P. Bernard Lapize de Salée, S.J., hat die Situation der zunehmenden
Zahl von ausländischen Studenten in Algerien beschrieben. Er sagte, dass die Kirche
in ihrer Präsenz ein großes Geschenk und ein vorzügliches Zeugnis im muslimischen
Algerien sehe. Obwohl unter den ausländischen Studenten muslimische Studenten die
Mehrheit bilden, gibt es auch viele Christen unter ihnen, die in der Hauptsache aus
den französischsprachigen Ländern Westafrikas kommen. Diese Studenten nehmen aktiv
am Leben der Kirche teil und sind das jüngste Element der Christengemeinden im Land.
Außerdem vermitteln sie ihr Erfahrungsgut spontan der einheimischen, muslimischen
Jugend, mit der sie engen Umgang an den Universitätseinrich-tungen haben. Am Schluss
seines Berichtes sagte P. Lapize de Salée, dass eine Zusammenarbeit oder zumindest
ein Kontakt zwischen den Kirchen der Herkunftsländer und den Kirchen im Maghreb (Nordafrika)
wünschenswert wäre, auch wenn dies teilweise bereits geschehe.
Zum Thema Nomadismus
aus und in Länder mit islamischer Mehrheit sagte Frau Dr. Hannelore Valier von der
Organisation für Sicherheit und Kooperation in Europa, indem sie die Problematik der
Roma ansprach, dass diese, Indien ausschließend, hauptsächlich in Mittel- und Osteuropa
leben. Obwohl man sie verallgemeinernd mit dem Nomadismus in Zusammenhang bringt,
sind sie seit vielen hundert Jahren in verschiedenen europäischen Ländern sesshaft.
Die Probleme, mit denen sie zu kämpfen haben, sind Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit
und Rassismus. Dazu kommen ein mangelhaftes Bildungsniveau, eine hohe Arbeitslosigkeit
(50-90%), fehlende Gesundheitsversorgung und eine prekäre Wohnsituation. Trotzdem
hat ein eiserner Überlebenswille die Roma die Jahrhunderte überstehen lassen. Die
internationale Gemeinschaft bemüht sich, mit Respekt vor ihrer kulturellen Identität
und geleitet vom Prinzip der Gleichbehandlung, ihre gesellschaftliche Integration
zu fördern. Dazu ist notwendig, die Reife der demokratischen Gesellschaften und ihre
Fähigkeit zu fördern, gesellschaftlich, die soziale, kulturelle und religiöse Andersartigkeit
der Zigeuner zu verstehen und zu respektieren.
Für den Sektor des Apostolates
des Meeres (Seeleute) sprach der Diakon Ricardo Rodriguez Martos aus Barcelona (Spanien).
Er sagte, dass sich die seelsorgliche Betreuung in diesem Bereich grundsätzlich an
alle Seeleute wendet, unabhängig davon, welcher Religion sie angehören. Laut einer
statistischen Erhebung sollen 18% der auf Handelsschiffen bediensteten Seeleute Muslime
sein, was ca. 200.000 Personen entspricht. Gewöhnlich sind sie sehr reli-giös und
praktizieren ihren Glauben. Muslime wollen keine geistliche Hilfe von Christen; wird
sie ihnen trotzdem angeboten (z.B. indem man sich anbietet, sie mit einer Moschee
in Kontakt zu setzen), lehnen sie sie gewöhnlich ab. Andererseits schätzen sie materielle
Hilfe – wenn sie notwendig ist – sowie karitative Gesten und Freundschaftsbeweise.
Obwohl das Apostolat des Meeres in der Vergangenheit erfolglos die Kooperation der
Moscheen von Barcelona gesucht hat, hat sich der Islamische Rat der Stadt vor kurzem
zu einer Zusammenarbeit bereit erklärt. Besagte Zusammenarbeit sieht vor, dass das
Apostolat des Meeres muslimische Seeleute, die um religiöse Betreuung bitten, an ihre
örtliche Gemeinde weiter vermitteln soll.
Anschließend hat Rev. P. Xavier Pinto,
C.Ss.R., Nationaldirektor für das Apostolat des Meeres in Indien, erklärt, dass 70%
der Seeleute, welche dort die Zentren von Stella Maris aufsuchen, Philippinos sind,
während sich die restlichen 30% größtenteils aus Seeleuten aus Indien, Bangladesh
und Pakistan zusammensetzen. Laut dem Referenten ist Jesus für zahlreiche Muslime
ein Beispiel der Heiligkeit und der Barmherzigkeit, der den wahren Islam gelebt hätte.
Das sei der Ausgangspunkt, von dem man mit Muslimen ins Gespräch kommen und zusammenarbeiten
kann. Er fügte hinzu, dass zur wirksamen Durchführung des Apostolats an Seeleuten,
sowohl auf See als auch bei den Aufenthalten in den Häfen, es in erster Linie notwendig
sei, dass man die Gesetze des Gastlandes respektiert. Zweitens müsse man sich bemühen,
das Apostolat des Meeres in das Netz der Seelsorgearbeit der Ortskirche einzubinden.
Das gelte auch für Länder mit islamischer Mehrheit.
Schwester Patricia Ebegbulem,
SSL, die sich mit dem Thema befasste, wie nigerianischen „Straßenmädchen” sowohl im
Heimat- als auch im Ausland geholfen werden kann, erklärte, dass die meisten dieser
Frauen ihren Körper aus Armut oder infolge von Diskriminierung verkaufen. Die Katholische
Kirche leistet bei der Rehabilitation und bei der Förderung der Würde der Frau Pionierarbeit
(hier zitierte die Rednerin ausdrücklich Johannes Paul II. aus dem Apostolischen Schreiben
Ecclesia in Africa, Nr. 121). Schwester Patricia regte an, das Jahr 2010 zum Jahr
der Würde der Frau zu erklären, und bat um Unterstützung für diesen Vorschlag.
P.
Martin McDermott, S.J., führte aus, dass es im Libanon derzeit zwei Arten von “Straßenmädchen”
gebe: ehemalige Hausgehilfinnen, die sowohl von muslimischen als auch von christlichen
„Zuhältern“ ausgebeutet werden, und die sogenannten Künstlerinnen. Prostitution ist
im Libanon zwar in Theorie verboten, aber in der Praxis geregelt. Die betroffenen
Frauen haben, sobald sie einmal im Libanon sind, keine Möglichkeit mehr, ihr Leben
zu ändern. Vielfach können sie sich nicht einmal frei im Land bewegen, weil ihnen
ihre Rechte, Papiere und damit die Freiheit genommen werden.
Frau Thérèse Farra
aus dem Libanon hat in ihrem Beitrag so genannte “gemeinsame” Wallfahrten, d.h. von
Christen und Muslimen gemeinsam durchgeführte Wallfahrten, als eine Chance bezeichnet,
dauerhafte Freundschaftsbande anzuknüpfen und ein Netz konstruktiver Beziehungen aufzubauen.
Die Organisation “Darb Maryam” (Weg Mariens), die in diesem Bereich tätig ist, versteht
und bietet sich als ein Ort der Begegnung an, in dem man den Teilnehmern hilft, den
„Dialog des Lebens“ zu erlernen, und die Suche nach gemeinsamen Werten fördert. Die
Teilnehmer entdecken den Glauben des Anderen und bilden eine Weg- und Gebetsgemeinschaft
für den Frieden, indem sie ihn untereinander begründen und in ihrer Umwelt fördern.
Msgr.
Liberio Andreatta, Leiter des Römischen Pilgerwerkes, der sich mit dem Thema katholischer
Pilgerreisen in Länder mit islamischer Mehrheit befasste, sagte, dass es auf vielen
Etappen dieser Pilgerreisen zu Begegnungen mit Muslimen komme. Bei solchen Gelegenheiten
komme man zwar miteinander ins Gespräch, aus dem sich mitunter Dialog und Diskussion
entwickle, doch führe das aufgrund tiefverwurzelter Überzeugungen nicht zu einer Annäherung
der religiösen Positionen bzw. Anschauungen. Pilgerreisen bieten dem Christen die
Möglichkeit, seine Identität neu zu entdecken, und müssen als solche genutzt werden.
Praktisch heißt das, dass man die eigene Jüngerschaft Christi und den Auftrag zur
“Missio ad Gentes” neu erlebt, worüber natürlich nie vergessen werden darf, dass das
Urmuster allen Pilgertums die Suche nach dem Antlitz Christi im Mitmenschen ist. Für
den Bereich der Seelsorge in der zivilen Luftfahrt sprach P. Paschal Ryan, Flughafenseelsorger
am Londoner Airport Heathrow. P. Ryan erklärte zu Beginn, dass die Flughäfen heute
durch die “Globalisierung” zu Knotenpunkten der modernen Zivilisation geworden seien.
Sie sind nicht nur mehr Spiegelbilder der lokalen, sondern auch der globalen Gemeinschaft.
Flughäfen sind auch zu Durchgangsstationen für Gläubige aller Religionsgemeinschaften
geworden. Ja, oft ist die Religion selbst der Reisegrund, weil die Pilgertradition
Christen, Juden, Hindus, Muslimen genauso wie anderen gemeinsam ist. Im Islam herrscht
außerdem für die Gläubigen das Gebot, dass sie zumindest einmal im Leben an die heiligen
Stätten ihres Propheten Muhammad pilgern sollen. Darüber hinaus gilt es zu bedenken,
dass am Airport Heathrow zwischen 65.000 und 70.000 Menschen verschiedener Glaubensgemeinschaften
beschäftigt sind. Gewiss ist das Hauptmerkmal von Flughäfen die flüchtige Begegnung
von unzähligen Menschen, weil jährlich Millionen von Passagieren schnell durch sie
hindurchgehen. Trotzdem bietet diese ungewöhnliche Situation die Möglichkeit, dem
Fremden zu begegnen und zu verstehen, wie aus dem Kontakt zwischen Christen und Gläubigen
anderer Religionsgemeinschaften sogar eine fruchtbare Zusammenarbeit entstehen kann.
Wenn man außerdem Männer und Frauen verschiedenen Glaubens, verschiedener Rasse und
verschiedener sozialer Herkunft zusammen arbeiten und denselben multireligiösen Gebetsraum
teilen sieht, gehen einem die Augen auf, wie die Welt sein könnte, beziehungsweise
sein sollte. Am Schlusstag der Vollversammlung gab Erzbischof Giovanni Lajolo,
Sekretär für die Beziehungen des Heiligen Stuhls mit den Staaten, der Überzeugung
Ausdruck, dass, wenn man Ängste und Kleinmut zu überwinden imstande sei, eine kluge
und transparente Regelung der Migrationen sowohl den Herkunftsländern als auch den
Zielländern zugute kommen würde. Damit sprach er ein Thema an, das heute in verschiedenen
europäischen Nationen kontrovers diskutiert wird, insofern sie einerseits Angst haben,
ihre Grenzen zu öffnen, andererseits aber dringend auf junge, flexible und billige
Arbeitskräfte angewiesen sind, deren Beschäftigung außerdem nur beschränkt negative
Auswirkungen auf die Beschäftigung einheimischer Arbeitnehmer zu haben scheint. “Die
Kirche“ – erklärte der Erzbischof – “tritt, in Übereinstimmung mit der katholischen
Natur ihrer Sendung und mit der Option für die Armen, für das Recht auf Emigration
und für den Schutz der Rechte der Migranten ein.“ Daneben erkennt sie jedoch an, dass
es Aufgabe der Politiker ist, mit Verantwortungsbewusstsein Umfang und Form der Migrationsflüsse
derweise zu regeln, dass Zuwanderern eine humane Aufnahme garantiert und umgekehrt
die einheimische Bevölkerung, welche diese Aufnahme leisten soll, nicht durch objektive
Faktoren zur Ablehnung gedrängt wird, was nicht nur für die Zuwanderer verheerende
Folgen hat, sondern auch für die humane Kultur der Gastgemeinschaft und für die Beziehungen
zwischen den Staaten.” Angesichts der Tatsache, dass die Religion für viele Personen,
die aus Ländern mit islamischer Mehrheit kommen, ein wichtiges Identifikationsmerkmal
ist, forderte der Erzbischof strikten gegenseitigen Respekt für die Religionsfreiheit
und den sich daraus ergebenden Schutz von Minderheiten und ihrer Menschenrechte. “Obwohl
von vielen Seiten Reziprozität bei der Achtung und Zuerkennung von Rechten gefordert
wird (Kultfreiheit, Bau von Kultorten)“ – führte Msgr. Lajolo weiter aus – „scheint
dieser Gedanke unter zahlreichen Staaten auf verschiedenen Kontinenten in religiöser
Hinsicht für einen Großteil muslimischer Länder bis heute fremd zu sein. Diese fordern
für ihre Bürger im Ausland die volle Zuerkennung von Rechten ein, welche sie Zuwanderern
anderer Glaubensgemeinschaften in ihrem Land hartnäckig verweigern.” Des weiteren
betonte Msgr. Lajolo, dass sich der Heilige Stuhl weiterhin mit aller Kraft jedem
Versuch widersetzen wird, Religion zur Rechtfertigung von Terrorismus und Gewalt zu
missbrauchen. Abschließend hat der Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten noch
auf das delikate Problem der zunehmenden Schutzlosigkeit hingewiesen, in der Christen
in Ländern mit islamischer Mehrheit leben, was Tausende von Gläubige dazu dränge,
ihre Heimat zu verlassen.
Zum Schluss erläuterte der Sekretär der Kongregation
für die Evangelisierung der Völker, Erzbischof Robert Sarah, nachdem er das Profil
der Zuwanderer aus Schwarzafrika dargelegt hatte, dass sich die Gründe für ihre Auswanderung
aus der Geschichte, aus sozialpolitischen Verhältnissen, dramatischen Gewalt- und
Kriegssituationen, wirtschaftlichen Bedingungen und nicht zuletzt kulturellen Phänomen
wie der Globalisierung erklären. Die verschiedenen Bürgerkriege in mehreren Ländern
haben zudem dazu geführt, dass mehr als 4 Millionen Personen in andere Länder flüchten
mussten. Der Erzbischof fügte hinzu, dass der Zustand chronischer Armut und Unsicherheit
den afrikanischen Kontinent de facto zur permanenten Unterentwicklung verdamme, was
sich wiederum negativ auf die Menschen und Institutionen auswirke, ausländische Investoren
abschrecke, die Kriminalität verschärfe und vieles andere mehr. Anschließend beschrieb
Msgr. Sarah den Weg und die Strapazen, welche die Migranten auf sich nehmen, um nach
Maghreb zu gelangen, und bezeichnete die Tragödie dieser Menschen als einen wahren
Kreuzweg. Zudem begegne man ihnen dann bei der Ankunft in demütigender und inhumaner
Weise. Nach der Darstellung der Hautprobleme, denen die Migranten begegnen, zeigte
Msgr. Sarah einige Lösungsansätze und Perspektiven auf. “Die Kirche, ganz besonders
die Kirche in Afrika, muss in immer umfassenderer Weise die Rolle des Barmherzigen
Samariters übernehmen”. Die Christen sollen ihrerseits mit Entschlossenheit und Hingabe
ihre Aufgabe gegenüber Zuwanderern und Flüchtlingen wahrnehmen. Die Bischofskonferenzen
der Herkunfts- und Zielländer können einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie diejenigen,
die legal aus- bzw. einwandern wollen, informieren, unterstützen und begleiten. Besondere
Aufmerksamkeit sollte flankierenden Hilfsmaßahmen zur Integration mit Achtung vor
Kultur, Religion und grundlegenden menschlichen Werten gewidmet werden. Msgr. Sarah
lud schließlich dazu ein, den gesellschaftlichen, interkulturellen wie auch interreligiösen
Dialog zu fördern.
Nach den oben wiedergegebenen Referaten und Berichten haben
die Teilnehmer der Vollversammlung das ihnen in diesem Jahr vorgelegte Thema diskutiert
und im Hinblick auf die Abfassung einiger Schlussfolgerungen und Empfehlungen, den
nachfolgenden Text approbiert.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Muslimische
Migranten in Ländern mit christlicher Mehrheit In diesem Zusammenhang wurde
eine steigende Zuwanderung von Muslimen nach Europa und Nordamerika, Länder mit alt
christlicher Tradition (siehe EMCC 59 und 65), auf der Suche nach Arbeit oder Demokratie
oder im Zuge von Familienzusammenführungen festgestellt. Angesichts dieser Tatsache
ermunterte man dazu, die Integration (und nicht Assimilierung) muslimischer Zuwanderer
zu fördern (siehe EMCC 2, 60-61). Folglich sollen speziell Katholiken solidarisch
und zum Miteinander mit muslimischen Zuwanderern bereit sein, indem sie ihre Kultur
und Religion besser verstehen lernen und zugleich in der Perspektive einer Neuevangelisierung,
die Gewissens- und Religionsfreiheit achtet, Zeugnis für ihre christlichen Werte ablegen
(siehe EMCC 59 und 69). Die Christen sollen also ihre Identität als Jünger Christi
vertiefen (siehe EMCC 60), indem sie dafür in ihrem Leben Zeugnis geben und ihre Rolle
bei der eben genannten Neuevangelisierung neu entdecken (siehe EMCC 86-88). Als
ein wichtiges Ergebnis soll hier deswegen die Notwendigkeit gegenseitiger Achtung
und menschlicher Solidarität in einem Klima des Friedens betont werden, in dem die
menschliche Person mit ihrer Würde und ihren Rechten und Pflichten im Mittelpunkt
steht. Selbstverständlich müssen dabei die Menschenrechte und Freiheiten der einen
im Einklang mit den Menschenrechten und Freiheiten der anderen gesehen werden.
Dialog Unter den Teilnehmern der Vollversammlung hat sich deutlich das Bewusstsein
gezeigt, dass ein authentischer Dialog zwischen den Gläubigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften
notwendig ist, ganz besonders zwischen Christen und Muslimen (siehe EMCC 69). In
diesem Zusammenhang wurde eine Beziehung als wichtig erachtet, die auf “spirituellem
Wetteifer” gründen soll. Der Dialog zwischen Christen und Muslimen ist sicher überall
notwendig, doch ganz besonders in den westlichen Gesellschaften zur Verbesserung der
gegenseitigen Kenntnis, des Verständnisses, der wechselseitigen Wertschätzung und
des Friedens. Während einerseits muslimischen Zuwanderern mit Respekt für ihre
Religionsfreiheit begegnet werden muss, ist es umgekehrt genauso unverzichtbar, dass
sie die kulturelle und religiöse Identität der Gesellschaften, die sie aufnehmen,
respektieren. Darüber hinaus erschien es wichtig, dabei das, was diese Gesellschaften
von der islamischen Kultur tolerieren können, von dem zu unterscheiden, was sie nicht
tolerieren können, weiter zu unterscheiden, was im Hinblick auf die Gläubigen anderer
Religionsgemeinschaften respektiert werden und gemeinsam sein muss (siehe EMCC 65
und 66) und sich die Möglichkeit offen zu halten, den Politikern entsprechende Empfehlungen
für die korrekte Formulierung der Zivilgesetzgebung unter Beachtung der Kompetenzen
jedes einzelnen zu geben. Das bedeutet, dass ein Modell des religiösen Dialogs
entwickelt werden muss, das sich nicht auf das reine Gespräch oder einfache Zuhören
beschränkt, sondern erlaubt, die jeweils eigenen tiefen geistlichen Überzeugungen
zum Ausdruck zu bringen. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass man den Dialogpartner
nicht nur hin zur Äußerung seiner theologischen und religiösen Dimensionen, sondern
auch seiner ethischen Dimensionen und ihrer Anwendung auf die Gegenwart begleitet
und ihm die Konsequenzen seiner Forderungen an die Zivilgesellschaft bewusst macht,
wobei selbstverständlich weiterhin zwischen zivilem und religiösem Dialog unterschieden
werden muss. Angesichts der neuerlich deklarierten Bedeutung des Prinzips der Gegenseitigkeit
(siehe EMCC 64), welches vom Heiligen Vater bei der Ansprache an die Teilnehmer der
Vollversammlung bekräftigt wurde, erscheint es notwendig, dass man auch in den islamischen
Ländern eine Unterscheidung zwischen ziviler und religiöser Sphäre vornimmt. Auf
jeden Fall ist es in diesem Kontext fundamental, zwischen Westen und Christentum zu
unterscheiden, weil die christlichen Werte in der so genannten westlichen Welt häufig
nicht mehr Haltungen, Positionen oder Handlungen (auch der öffentlichen Meinung) beeinflussen
(siehe EMCC 60). Die Teilnehmer der Vollversammlung haben außerdem der Hoffnung
Ausdruck gegeben, dass dort, wo Christen und Muslime zusammenleben, es ihnen im gemeinsamen
Bemühen mit den anderen Mitbürgern gelingt, allen ohne Unterschied von Religion die
volle Ausübung ihrer jeweiligen Rechte und Freiheiten als Personen und Mitglieder
einer Gemeinschaft zu garantieren.
Situation in einigen Ländern
mit islamischer Mehrheit Demgegenüber muss festgestellt werden,
dass in Ländern mit islamischer Mehrheit Christen und allgemein arme Gastarbeiter,
die praktisch keine Verhandlungsmacht haben, bei der Zuerkennung ihrer Menschenrechte
großen Schwierigkeiten begegnen. Letztere haben außerdem kaum die Möglichkeit, ihre
Rechte rechtmäßig einzuklagen, weil sie leicht bestraft oder ausgewiesen werden können.
Die Kirche hat vor diesem Hintergrund in diesen Ländern, wie auch sonst
überall auf der Welt, die Aufgabe, den christlichen Migranten, in der Achtung der
Legalität und durch das Eintreten für die Verfassung einer gerechten Gesetzgebung
im Bereich der menschlichen Mobilität und für den rechtlichen Schutz aller Beteiligten
zu helfen. In diesem Zusammenhang wurde nicht zuletzt darauf hingewiesen, dass in
den jeweils betroffenen Ländern Verhältnisse bestehen sollten, welche es nicht notwendig
machen, dass die Bürger zum Überleben auswandern müssen. Außerdem muss die Kirche
gemäß den Weisungen des Konzilsdekretes Christus Dominus (Nr. 18) dafür Sorge tragen,
dass denjenigen, die aufgrund ihrer mobilen Lebensbedingungen die allgemeine ordentliche,
d.h. territoriale Hirtensorge nicht genügend in Anspruch nehmen können oder sie entbehren,
eine spezifische bzw. integrierte Seelsorge zugute kommt. Das gilt auch für die Länder
mit islamischer Mehrheit. In diesen Ländern hat die Ortskirche trotz spärlichen
Personals und der möglicherweise bestehenden Unzulänglichkeit ihrer Strukturen die
Aufgabe, Zuwanderern und Menschen unterwegs eine entsprechende Aufnahmen anzubieten. Zu
deren geistlicher Betreuung sind Dialog und Zusammenarbeit zwischen den Ortskirchen
der Herkunftsländer der Migranten und der Menschen unterwegs und den Kirchen in den
Zielländern notwendig. Das sollte im übrigen eine allgemeine Regel für alle Länder
sein (siehe EMCC 70 und 50-55). Außerdem muss den internationalen Migranten geholfen
werden, ihren Beitrag zur Gemeinschaft, in der sie leben, und zum einheimischen Teil
des Gottesvolkes zu leisten. Zugleich muss sich bei der Gastgemeinschaft ein Solidaritätsgefühl
für Zuwanderer bzw. für all jene entwickeln, die sich in einer ähnlichen Lage befinden.
Einsatz
der Kirche in den verschiedenen Bereichen menschlicher Mobilität Die Teilnehmer
der Vollversammlung haben sich darüber hinaus mit den verschiedenen Sektoren der Migration
und der Mobilität befasst. Für alle wurde der folgenden Überzeugung Ausdruck gegeben,
dass im Gebiet der Migranten: Die Kirche muss für eine korrekte
Integration der Migranten mit gebührender Achtung vor der Kultur und der Religion
aller Beteiligten eintreten (siehe Päpstliche Botschaft zum Weltfriedenstag 2001,
Nr. 8, und Päpstliche Botschaft zum Welttag des Migranten und Flüchtlings 2005, Nr.
3). Deswegen fördert die Kirche mit Respekt vor den bestehenden Unterschieden den
interkulturellen, sozialen und religiösen Dialog (siehe Päpstliche Botschaft zum Weltfriedenstag
2001, Nr. 12).
Für die einzelnen Sektoren gilt es zunächst Folgendes
hervorzuheben: Es müssen freundschaftliche Bande in einer Atmosphäre
der Achtung für kulturelle und religiöse Unterschiede geschaffen werden, auch mit
denen, die als Migranten an eine Rückkehr in ihr Heimatländer denken oder mit den
ausländischen (internationalen) Studenten, welche die künftigen Führungsgestalten
in ihren Ländern sein werden. Für Flüchtlinge und ausländische Studenten, aber
nicht nur für sie, wäre die Schaffung eigener Seelsorgestellen wünschenswert. Im
Bereich der Wallfahrten wurde die Notwendigkeit betont, dass die Pilger angehalten
werden sollen, das Antlitz Gottes auch in den Gläubigen anderer Religionen zu erkennen. Auf
Flughäfen, die zu Kreuzungspunkten für Menschen verschiedenster Herkunft geworden
sind, sowie auf Bahnhöfen, wurde die Präsenz spezifisch katholischer Kapellen oder
Orte des Gebetes als erstrebenswert bezeichnet, die auch multireligiösen Charakter
haben können, sofern lediglich diese Möglichkeit besteht. In den Zentren “Stella
Maris” (Apostolat des Meeres) soll man weiterhin auch muslimische Seeleute aufnehmen
und ihnen, sofern verlangt, respektvoll geistliche Hilfe anbieten. Im Hinblick
auf die Zigeunerbevölkerung, die Opfer von Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus
ist, soll die kohärente Reife der demokratischen Gesellschaften gestärkt und ihre
Fähigkeit gefördert werden, das gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Anderssein
der Zigeuner zu verstehen und zu respektieren (siehe Orientierungen für eine Seelsorge
der Zigeuner Nr. 50). Im Hinblick auf die „Straßenmädchen“ soll – unter Berücksichtigung
der Tatsache, dass häufig Armut und Menschenhandel der Grund zum Verkauf des eigenen
Körpers sind und dass für Prostitution sowohl Christen als auch Muslime verantwortlich
sein können – eine Bewusstseinsbildung gefördert werden, welche auf die gesamte Gesellschaft
zielt. Auf jeden Fall bedarf es eines verstärkten Engagements, um die Frauen –
besonders an den Entscheidungen, die sie direkt betreffen – zu beteiligen, und die
Eltern davon zu überzeugen, dass Mädchen eine gleichwertige Bildung wie Jungen gegeben
werden muss, zu der selbstverständlich auch die ethische Bildung gehören muss.
Schule
und Erziehung Die Teilnehmer der Vollversammlung haben eindringlich Folgendes
betont: Die Verpflichtung zur Erziehung der neuen Generationen ist
von grundlegender Bedeutung, nicht zuletzt weil die Schule eine fundamentale Rolle
spielt bei der Überwindung des durch Ignoranz und Vorurteile verursachten Konflikts
und bei der korrekten und objektiven Kenntnis der Religion Andersgläubiger unter besonderer
Beachtung der Gewissens- und Religionsfreiheit (siehe EMCC 62). Christen sollen darüber
hinaus die Grundlagen für eine im Licht des Evangeliums geführten Auseinandersetzung
mit der religiösen Erfahrung Andersgläubiger (siehe EMCC 65) und mit den Zeichen der
Zeit vermittelt werden. Deswegen erscheint es unumgänglich, sich für eine Prüfung
der Schulbücher auch im Zusammenhang mit der historischen Darstellung der Religionen
einzusetzen, damit diese die eigene Identität stärken und eine Vorstellung von der
religiösen Identität anderer vermitteln. Auf jeden Fall wird es als notwendig erachtet,
Studien, Lehren und Forschungen im Hinblick auf die verschiedenen Gesichter des historischen
und/oder zeitgenössischen Islam zu vertiefen, auch unter Einschluss seiner unterschiedlichen
Akzeptanz einer gesunden Moderne zu fördern (siehe EMCC 66). Muslimischen Eltern
und ihren religiösen Verantwortlichen soll geholfen werden, die rechten Absichten
der westlichen Erziehungssysteme zu verstehen und die konkreten Konsequenzen zu erkennen,
welche eine Ablehnung der Erziehung in den Schulen dieser Systeme, in denen ihre Kinder
leben, nach sich ziehen würde.
Die Staaten und die Religionsfreiheit Da in gewissen Nationen mit islamischer Mehrheit es oft der Staat ist,
der dem Islam seine „Form“ gibt, den Kult organisiert, seinen Geist interpretiert,
das Gedankengut tradiert und so der Gesellschaft einen durch und durch islamischen
Charakter aufprägt, fühlen sich Nichtmuslime in diesen Gesellschaften häufig wie Bürger
zweiter Klasse. Für christliche Migranten sind die Schwierigkeiten noch größer. Deswegen
ist es notwendig, sich dafür einzusetzen, dass sich überall, im Geiste gegenseitigen
zivilen Verständnisses und Respekts für die Menschenrechte aller Beteiligten, eine
Kultur des Zusammenlebens unter Einheimischen und Migranten durchsetzt. Weiter müssen
wir Wege zur Versöhnung und zur Reinigung des Erinnerungen suchen (siehe EMCC 65),
uns zu Verteidigern der Religionsfreiheit – das muss ein ständiger Imperativ für uns
sein – und zu Verteidigern des Gemeinwohls machen sowie für die Achtung der Minderheiten
eintreten, denn das ist ein unanfechtbares Zeichen wahrer Zivilisation. Mit Befriedigung
wurde festegestellt, dass zahlreiche Staaten mit islamischer Mehrheit diplomatische
Beziehungen zum Heiligen Stuhl aufgenommen haben. Das zeigt, dass sie empfänglicher
für die Menschenrechte geworden sind und im Rahmen eines gesunden Pluralität den Wunsch
nach einem interkulturellen und interreligiösen Dialog haben. In diesem Zusammenhang
wird die Einschränkungen der Menschenrechte, die in einigen Ländern bestehen, beklagt,
insbesondere gebunden an die religiösen Unterschiede und die fehlende Freiheit, seinen
Glauben zu wechseln. Zugleich wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass die öffentlichen
Autoritäten der Herkunftsländer der christlichen Emigranten ihren Bürgern in den islamischen
Ländern helfen, ihr Recht auf Religionsfreiheit effektiv ausüben zu können. Besagte
Länder mögen vor diesem Hintergrund ermuntert werden, Räume des Dialogs mit den Ländern
mit islamischer Mehrheit zu schaffen, zu Fragen des universalen Gemeinwohls, der Achtung
der Minderheiten, der Menschenrechte und ganz besonders der Religionsfreiheit als
Fundament aller Freiheiten. Die Kirche muss auf jeden Fall die Initiativen des
interkulturellen und interreligiösen Dialogs auf den verschiedenen Ebenen fortführen,
ganz besonders dort, wo er von den politischen Verantwortungsträgern gefördert wird. Die
Kooperation zwischen christlichen und muslimischen Institutionen bei der Hilfe für
Personen und Bevölkerungen in Not ohne jede Diskriminierung ist ein wirksames Zeichen,
das dazu beitragen kann, Vorurteile und Verhärtungen zu überwinden und zu einer sinnvollen
wechselseitigen Öffnung zu gelangen. Das immer größere Dimensionen annehmende Zusammenleben
von Muslimen und Christen kann eine Chance zur Zusammenarbeit für eine friedlichere
Welt sein, in der die Identität eines jeden geachtet wird und man stärker mit vereinten
Kräften für das Gemeinwohl arbeitet in dem Bewusstsein, dass wir allesamt eine Menschheitsfamilie
bilden, die Hoffnung braucht (siehe EMCC 101-103). In diesem Zusammenhang ist auch
die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Dikasterien der Römischen Kurie, den
Bischofskonferenzen und den Ortskirchen von fundamentaler Bedeutung. Der einigende
Faktor bei allen legitimen Unterschieden muss das Bewusstsein für die Würde einer
jeden Person ohne Ansehen ihrer Volkszugehörigkeit, Kultur, Nationalität oder Religion
sein. Das ist ein Wert, der sich immer universaler durchsetzt, obwohl es im täglichen
Handeln noch viel Inkonsequenz und konkrete Zuwiderhandlungen gibt. In diesem Kontext
galt die besondere Aufmerksamkeit der Teilnehmer der Vollversammlung dem afrikanischen
Kontinent, der ganz besonders politischer Stabilität und multilateraler Kooperation
für eine friedliche und umfassende Entwicklung bedarf. Auch in diesem Zusammenhang
wurden einige Ursachen von Spannungen und Konflikten benannt, wobei der Wunsch zum
Ausdruck kam, dass diese Situationen im Zeichen von Gerechtigkeit bald einer Lösung
zugeführt werden und es in Zukunft gelingt, Krieg, Gewalt und Terrorismus zu verhindern.
Dabei muss insbesondere vermieden werden, dass Religion aus politischen oder ideologischen
Gründen dazu missbraucht wird, Hass gegen die Gläubigen anderer Religionen zu säen. In
diesem Sinn geben wir der Hoffnung Ausdruck, dass muslimische und christliche Denker
im Namen eines gemeinsamen Humanismus und ihrer jeweiligen Glaubensüberzeugungen sich
den dramatischen Fragen der Gewaltanwendung im Namen der Religion stellen.
Rolle
der Medien Den Medien kommt, wenn sie über religiöse Phänomene
berichten, eine besondere Rolle bei der Schaffung eines Verständnis und Achtung fördernden
Klimas zu. Deswegen darf sich das Verantwortungsbewusstsein von Journalisten und Medienarbeitern
im allgemeinen in unserer globalisierten Welt von heute nicht nur auf die Meinungsfreiheit
beschränken, sondern muss auch die Art der Informationsgebung einschließen. Die
Massenmedien können auch einen wichtigen Beitrag zur “Bildung“ (oder umgekehrt bedauerlicherweise
auch zur „Verbildung“) von Christen und Muslimen leisten.
Zum
Schluss dieser Mitteilungen möchten wir hervorheben, dass Inhalt, Arbeitsmethode und
Aktualität der Vollversammlung großen Anklang und waches Interesse bei den Teilnehmern
gefunden haben.