Die Kurienreform unter Papst Benedikt schreitet voran. Das Kirchenoberhaupt hat heute
den Genueser Erzbischof Kardinal Tarcisio Bertone (71) zum Kardinalstaatssekretär
ernannt. Gleichzeitig nahm der Papst den Rücktritt des bisherigen Amtsinhabers Angelo
Sodano (78) an. Stichtag der Amtsübergabe ist der 15. September 2006. Am selben Tag
wird eine weitere Ablöse erfolgen: Der bisherige „Außenminister“ des Heiligen Stuhles,
Erzbischof Giovanni Lajolo (71), übernimmt dann die Agenden des vatikanischen Governatorates
als dessen Präsident. Papst Benedikt nahm heute den Rücktritt des bisherigen Governatorats-Chefs
Kardinal Edmund Casimir Szoka (78) an.
Der Kardinalstaatssekretär ist das
wichtigste Amt des Heiligen Stuhles nach dem des Papstes. Mit Bertone tritt erstmals
seit langem ein Kirchenmann an die Spitze des Staatssekretariats, der nicht aus dem
diplomatischen Dienst stammt. Kardinal Bertone, ein Salesianer Don Boscos, war von
1995 bis 2002 Sekretär der vatikanischen Glaubenskongregation und damit der engste
Mitarbeiter des damaligen Präfekten Kardinal Joseph Ratzinger. Der Norditaliener,
der am 2. Dezember 1934 in Romano Canavese geboren wurde, gilt als hervorragender
Kirchenrechtler, als kompromissloser Verfechter des Lebensschutzes sowie als diplomatisch
geschickt. Für den Vatikan bereitete er etwa die Rückkehr des abtrünnigen Bischofs
Emmanuel Milingo nach Rom vor. Im Auftrag Papst Johannes Paul II. kümmerte er sich
um die Veröffentlichung des dritten Geheimnisses von Fatima.
Als Oberhirte
Genuas machte Bertone immer wieder durch sachkundige Kommentare von sich reden. Im
Streit um die Mohammed-Karikaturen rief er zur Mäßigung auf und warte vor „neuen Kreuzzügen“.
Allerdings riet er auch zum Boykott des inzwischen verfilmten Bestsellers „Sakrileg“.
Als die Italiener über eine Liberalisierung des italienischen Bioethik-Gesetzes abstimmen
sollten, empfahl der Genueser Erzbischof den Katholiken „zivilen Ungehorsam“. Bei
Radio Vatikan war Bertone regelmäßig auf Sendung: Oft kommentierte der sportbegeisterte
Kirchenmann montags Fußball-Events vom Wochenende.
Erzbischof Giovanni Lajolo
war bis zu seiner Berufung in den Vatikan ins Amt des "Außenministers" päpstlicher
Nuntius in Deutschland; er gilt als guter Kenner und Freund der deutschen Kirche. (rv
22.06.05 gs)