In Deutschland bleibt
es dabei: Wer beim Standesamt seinen Kirchenaustritt erklärt, wird von der Kirche
exkommuniziert. Das ist die Quintessenz einer Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz
zu Spekulationen, die das deutsche Kirchensteuersystem durch eine Vatikanische Note
in Frage gestellt sahen. Der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte hatte in einem Schreiben
an Bischof William Skylstad, den Vorsitzenden der amerikanischen Bischofskonferenz,
erklärt, dass eine Austrittserklärung von Katholiken allein vor einer staatlichen
Behörde kirchenrechtlich nicht wirksam sei. Anlass des Briefs waren allerdings eherechtliche
Fragen und nicht das deutsche Kirchensteuersystem. Prof. Markus Graulich ist Kirchenrechtler
an der Salesianer-Universität in Rom. Die deutschen Bischöfe wollen, so Graulich mit
ihrer Erklärung klarstellen, dass die deutsche Praxis den Anforderungen des weltweit
geltenden Kichenrechts genügt. Was der Rat für die Gesetzestexte
fordert für einen Kirchenaustritt, also für diesen Abfall von der Kirche „actus formalis
defectionis ab ecclesia catholica“ wie sich das offiziell nennt, sind eigentlich drei
Dinge: Die innere Entscheidung desjenigen der austreten will, das äußere Bekenntnis
der Entscheidung und die Entgegennahme dieser Entscheidung durch die kirchliche Autorität.
Es ist da nicht geschrieben, dass es direkt entgegen genommen werden muss. Und die
deutschen Bischöfe haben nun aufgrund der Gewohnheit, die in Deutschland seit vielen
vielen Jahren besteht, dass es die Möglichkeit des Austrittes aus der Kirche vor der
staatlichen Behörde gibt gesagt, für uns sind diese drei Elemente gegeben. Man kann
nicht vor dem Staat seinen Austritt aus der Kirche erklären, ohne dass das auch in
der Kirche Folge hat, rein auf der rechtlichen Ebene.
Wirksam werde der
Austritt durch die Zuleitung der Erklärung an die kirchliche Autorität. Das werde
durch die Eintragung im Taufbuch dokumentiert, so die Bischöfe weiter in ihrer Erklärung.
Der Austritt wegen der Kirchensteuer stelle als Verweigerung der solidarischen Beitragspflicht
eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Communio dar und mindere die Rechtsfolgen
nicht. In Deutschland waren Forderungen laut geworden, das deutsche Kirchensteuersystem
zu reformieren. Dazu Prof. Graulich:
Man kann natürlich alle Aufgaben
anders verteilen, das haben die österreichischen Bischöfe zum Beispiel getan. Die
haben auch das Recht, den Kirchenbeitrag zu erheben und tun das selber. In Deutschland
hat die Kirche irgendwann die Entscheidung getroffen, das nicht selber zu tun, übrigens
beide Kirchen, nicht nur die katholische, und hat diese Aufgabe dem Staat zurückgegeben,
bezahlt dafür natürlich auch eine Gebühr, dann muss sie das auch ernst nehmen, Die
einzige Alternative dazu wäre eine Art doppelter Kirchenaustritt, das man entweder
mit einem zweiten Schreiben, das man dann am Standesamt unterschreibt. So ist es eine
relativ einfache Lösung, das man sagt, „Ok ich trete aus und der Staat meldet das
weiter“. Das muss demjenigen natürlich bewusst sein. Damit ist die rechtliche Sphäre
zu Ende und es beginnt die pastorale Sphäre, dass dann der Pfarrer, der die Nachricht
erhält zu dem einzelnen Gläubigen geht und sagt, das wird so und so gewertet, hast
Du das alles gewollt?
Dr. Robert Nandkisore ist Pfarrer
der Gemeinde St. Antonius in Frankfurt am Main. Jedes Jahr erreichen ihn etwa 20 bis
25 Mitteilungen über Kirchenaustritte von Mitgliedern seiner Gemeinde. Er schreibt
jeden Ausgetretenen persönlich an. Warum? „Um ihnen einmal zu zeigen, diese Abmeldung
ist angekommen bei uns, dass ich als der zuständige Pfarrer darauf reagiere und ich
tu das, indem ich ihnen erst einmal im Advent zu dieser Adventszeit alles Gute wünsche
und zu allererst danke, dass sie Kirchenmitglied gewesen sind und dass ihr Platz frei
bleibt und versuche in einem Satz deutlich zu machen, dass der Platz in der Kirche
durch die Taufe erworben nicht einfach verloren geht durch den Austritt, der bleibt
bestehen.“
Nach den Erfahrungen von Pfarrer Nandkisore ist der Kirchenaustritt
bei manchen eine Folge einer zunehmenden Entfremdung von der Kirche, für andere ist
der Austritt eine einfache Möglichkeit, Geld zu sparen. Das würde die Gemeindearbeit
aber in Bedrängnis bringen. Pfarrer Nandkisore:„Ich habe immerhin noch den Luxus,
immerhin zwei Kindergärten zu unterhalten. Für diese Kindergärten brauchen wir eine
gewisse Finanzsicherheit und das kann ich nicht, indem ich sage, für dieses Jahr reicht
es voraussichtlich auch für das nächste. Wenn ich solche große Unternehmen habe, brauche
ich eine Planungssicherheit für die nächsten 5 bis 10 Jahre einfach auch den Angestellten
zu liebe. Das wäre dann eher kritisch, wenn ich nicht wüsste, machen die Leute ihr
Kreuzchen oder haben sie sich über den Papst oder den Bischof oder den Pfarrer geärgert
und sagen sich, dieses Jahr bestrafen wir ihn oder so. Ich sehe zumindest dort eine
Gefahr.“
Pfarrer Nandkisore sucht in jedem Fall das Gespräch mit den Ausgetretenen.
Denn die entscheidenden Fragen lassen sich nicht mit dem Kirchenrecht regeln: „Ich
ende mein Schreiben mit dem Wunsch, ich würde gerne wissen, welche Gründe sie zu dieser
Entscheidung bewogen hat. Ich würde gerne prüfen, ob sich die Gründe für ihre eventuelle
Enttäuschung beseitigen lassen. Die Kirche glaubt nicht, dass sie ohne Fehler ist
aber, um diese festzustellen braucht sie den Dialog mit den Menschen“