Wenige Stunden vor
Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland haben die christlichen Kirchen
Gottes Segen für das Turnier erbeten. Ein ökumenischer Gottesdienst im Münchner Liebfrauendom
war der Anstoß für das Spiel der Kirchen, die rund um die WM gegen Zwangsprostitution
und für ein gastfreundliches und friedliches Land auflaufen. Der Vorsitzende der Deutschen
Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, machte deutlich: "Seit vielen Jahren
ist dieser Tag vorbereitet worden. Hunderttausende haben dafür mit großem Einsatz
Sorge getragen. Viele sind froh, dass die Spiele nun beginnen können. Jetzt möchten
die Leute einen guten Fußball sehen. Da wir wissen, dass wir vieles trotz aller Planung
und Machbarkeit letztlich nicht selbst in der Hand haben, brauchen wir den Segen Gottes.
Er soll allem, was wir tun können, vorausgehen und das Ganze gelingen lassen." Die
Weltmeisterschaft bringe die Menschen auf der Erde näher zusammen. Das Gemeinschaftsgefühl
müsse stärker sein, "als alle nationalistischen Verführungen".
"Wir wünschen
alle, dass darum der Wettbewerb die Regeln der Achtung und der Rücksicht sowie die
unantastbare Würde jedes Menschen nicht verletzt und in diesem Sinne Fairness das
oberste Gebot bleibt. So kann die Fußball-Weltmeisterschaft ähnlich wie die olympischen
Spiele dazu beitragen, dass das Band um die Völker und Nationen, Sprachen und Religionen,
Kulturen und Rassen uns enger zusammenschließt und uns gemeinsam stärkt, Armut, Hunger,
Krankheiten und Unwissenheit auf der Erde, wirksam zu bekämpfen."
"Fußball
ist ein starkes Stück Leben." Das sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche
in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber. In zweimal 45 Minuten lasse sich mehr an Glück
an Angst, an Hoffnung und Enttäuschung, an Freude und Scheitern erleben als sonst
in ganzen Monaten.
"Im Spiegel des Fußballs werden wir daran erinnert, dass
unser Leben weder langweilig noch banal gemeint ist. Fußball ist ein starkes Stück
Leben. Wir werden eingeübt in das Mitgehen und Mitleiden. Kaum anderswo kann man so
Dicht die großen Folgen kleiner Fehler miterleben."
Huber verwies zum Vergleich
auf den Apostel Paulus, der das Glaubensleben oft in Bildern des Wettkampfs ausdrückte.
Paulus kenne die Spielregeln:
"Er weiß, dass keiner den Siegespreis von
vornherein in der Hand hat. So sehr er sich anstrengt, weiß er doch, dass der kostbare
Preis, die Berufung durch Jesus Christus, niemals ein sicherer Besitz ist. Niemand
kann seine Berufung durch Gott in die Tasche stecken und mit nach Hause nehmen. Wohl
kann sich jeder Glaubende danach ausstrecken, aber erzwingen kann er es nicht. Das
Kleinod des Glaubens bleibt ein Geschenk aus Gottes Freiheit."
Und Huber
hat einen Trost, für alle, die das Wort vom runden Leder, das ins Eckige muss, jetzt
schon nicht mehr hören können:
"Auch Fußballbegeisterte können wissen –
der eigentliche Sieg ist nicht die Trophäe der Weltmeisterschaft, sondern der Glaube
an Gott. Wir können deshalb die Spiele der nächsten Wochen genießen, ohne dass deren
Ergebnis die Welt zum Einsturz bringt. Wir können uns mit denen freuen, die Grund
zum Jubeln haben und mit denen fühlen, die enttäuscht sind. Gerade so hilft uns der
Glaube dabei, Fußball aus vollem Herzen als das zu erleben, was er ist: Ein starkes
Stück Leben. Amen."
Der Dom der WM-Stadt München war bis auf den letzten
Platz besetzt, unter den Mitfeiernden DFB-Präsident Theo Zwanziger, Bundesinnenminister
Wolfgang Schäuble und Bundespräsident Horst Köhler. Der wird gegen 17 Uhr in der Münchner
Arena die Weltmeisterschaft feierlich eröffnen.