Der 96. Deutsche Katholikentag
in Saarbrücken hat am Freitag seine inhaltliche Arbeit fortgesetzt. Nachmittags nahmen
Bundespräsident Horst Köhler und SPD-Chef Kurt Beck an dem Christentreffen teil. Köhler
diskutierte mit dem Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Pascal Lamy,
über Rezepte gegen Armut in der Welt. Beck wirkte bei einer Veranstaltung zu Fragen
der Globalisierung mit. Am Vormittag hatten sich der für den Katholikentag gastgebende
Trierer Bischof Reinhard Marx und der saarländische Ministerpräsident Peter Müller
(CDU) gegen eine Trennung von Politik und Religion ausgesprochen. Wenn eine Pfarrgemeinde
wirklich fromm sei, dann kümmere sie sich auch um die Probleme der Welt, sagte Marx.
Müller äußerte, die Kirche müsse sich in die Politik einbringen, auch wenn das der
Politik unangenehm sei; zugleich müsse die Kirche auch Widerspruch aus der Politik
ertragen. Die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt lobt
in Saarbrücken das von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) initiierte
«Bündnis für Erziehung» mit den Kirchen. Es sei gut für die Gesellschaft, auf die
Bedeutung von christlichen Grundwerten in der Erziehung hinzuweisen. Die frühere Bundestagspräsidentin
Rita Süssmuth (CDU) rief zu einem Umdenken in der Integrationspolitik auf. «Nur mit
Abwehr und Konfrontation werden wir unser Zusammenleben nicht gestalten können», sagte
Süssmuth. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte auf dem Katholikentag
ein starkes, großes und handlungsfähiges Europa, um «unglaubliche Ungerechtigkeiten»
wie Hunger und Armut wirksam bekämpfen zu können. Hinsichtlich der EU-Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei vertrat der Minister die Ansicht, dass damit noch kein Automatismus
einhergehe. Er plädierte erneut für eine privilegierte Partnerschaft statt einer
EU-Vollmitgliedschaft der Türkei. Im Südwestrundfunk (SWR) nannte der Präsident
des den Katholikentag veranstaltenden Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK),
Hans Joachim Meyer, die Massenarbeitslosigkeit die gegenwärtig größte Ungerechtigkeit
in Deutschland. Sie berge die Gefahr einer Zweidrittel-Gesellschaft, in der ein Drittel
allenfalls von Sozialleistungen leben könne. (kna)
Unser Audio-Dossier:
Interviews und Äußerungen der Politiker Merkel und Schavan beim Katholikentag