Papst Benedikt XVI. hat sich heute Mittag mit 1.000 Klerikern in der Kathedrale von
Warschau getroffen. Dabei überreichte ihm Kardinalprimas Josef Glemp eine alte Bibelausgabe;
Benedikt betete einige Minuten lang schweigend am Grab des früheren Primas, Kardinal
Wyszynski. In seiner Ansprache sagte der Papst u.a.: "Diese Kathedrale von Warschau
erinnert mit jedem Stein an die schmerzliche Geschichte eurer Hauptstadt und eures
Landes. Welchen Prüfungen wart ihr in noch gar nicht ferner Zeit ausgesetzt! Erinnern
wir uns an die heroischen Zeugen des Glaubens, die ihr Leben für Gott und die Menschen
gaben, darunter auch einfache Leute, die aufrecht blieben, authentisch und gut, ohne
je dem Mißtrauen nachzugeben. In dieser Kathedrale erinnere ich vor allem an Kardinal
Stefan Wyszyński, den ihr "Primas des Millenniums" genannt habt, und der inmitten
harter und dauernder Prüfungen treu der Kirche gedient hat. Erinnern wir uns mit Dankbarkeit
an alle, die sich nicht von den Mächten der Finsternis in Versuchung führen ließen.
Wir lernen von ihnen den Mut der Kohärenz und der Beständigkeit im Anhängen an das
Evangelium Christi. Ihr, die ihr zu Priestern Christi im neuen Millennium berufen
seid: Glaubt an die Kraft eures Priestertums! Im Sakrament habt ihr alles empfangen,
was ihr seid. Wenn ihr "ich" sagt, dann tut ihr es im Namen Christi, der sich eurer
Hände und Lippen und eurer Gaben bedient. ... Die Größe des priesterlichen Dienstes
kann Angst machen. Aber er hat wirklich uns erwählt, wir sollten seinem Blick vertrauen.
Lassen wir uns nicht hetzen: die Zeit, die wir Christus im stillen Gebet widmen, ist
keine verlorene Zeit. Lassen wir uns nicht entmutigen: Christus schweigt, aber er
handelt zugleich. Ich erinnere mich da gerne an die Erfahrung letztes Jahr in Köln.
Da gab es ein Schweigen von Millionen von Jugendlichen während der Eucharistischen
Anbetung. Die Gläubigen erwarten von den Priestern nur eines: dass sie Spezialisten
sind, die die Menschen zur Begegnung mit Gott führen. Er muß sich nicht in Wirtschaft
auskennen, in Architektur oder Politik. Sondern nur im spirituellen Leben. Das
Leben in Zeiten eines totalitären Systems kann eine gewisse Form von Heuchelei fördern.
Aber das schadet der Echtheit der Beziehungen zu den Brüdern. Christus braucht reife,
männliche, echte und väterliche Priester. Darum brauchen die Priester Ehrlichkeit
zu sich selbst, einen spirituellen Führer und Vertrauen in die göttliche Barmherzigkeit.
Papst Johannes Paul II. hat im Heiligen Jahr 2000 die Christen mehrfach zur Buße
für die Untreue vergangener Zeiten gedrängt. Die Kirche ist heilig, aber die Menschen
in ihr sind Sünder. Wir dürfen uns nicht nur mit denen identifizieren, die ohne Sünde
sind. Denn für das Heil der Sünder ist Jesus doch in die Welt gekommen und gestorben.
Wir müssen also lernen, die christliche Buße ehrlich zu leben. Und wir dürfen uns
nicht zu arroganten Richtern vergangener Generationen aufschwingen."