Heute beginnt der
96. Katholikentag in Saarbrücken - das ist in der saarländischen Hauptsstadt nicht
mehr zu übersehen. Das grüne Katholikentagslogo winkt von weißen Zelten, Bannern und
Fahnen; alles ist vorbereitet für circa 20.000 Christen die sich in den folgenden
Tagen einem Thema widmen: „Gerechtigkeit vor Gottes Angesicht“. Dieses Motto „birgt
Zündstoff“, so der Präsident des Zentralkommitees Hans Joachim Meyer. Der Katholikentag
sei nicht nur ein kirchliches, sondern auch ein politisches Ereignis. Ziel sei es,
das Thema Gerechtigkeit in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte zu stellen. Wie
Gerechtigkeit im Sozialstaat verwirklicht werden kann, dazu sagte Meyer:
„Es
gibt keine katholische Programmatik. Auch unter Katholiken gibt es Streit, wie man
Sozialstaat organisiert. Und diesen Streit wollen wir auch führen, aber wir geben
da nichts vor. Aber ob Gerechtigkeit eine Sache ist, um die Menschen sich mühen müssen,
für die Menschen verantwortlich sind – oder ob das eine Sache ist, die sich als blindes
Wirken des Wettbewerbs ergibt, darüber wollen wir streiten. Denn da sind wir der Überzeugung,
dass katholische Christen das nicht glauben können, dass sie die Verantwortung an
den Wettbewerb abtreten können“.
Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft
müssten konkret angegangen werden, so Professor Meyer. Der Umgang mit der sogenannten
„Generation Praktikum“ beispielsweise, sei unzumutbar. Junge Menschen könnten sich
ohne sozial abgesicherte Arbeitsplätze gar nicht für eine Familie entscheiden. Das
neue Elterngeld hingegen empfindet er als einen Schritt in die richtige Richtung:
„Wir streiten im Moment in der Gesellschaft: Was ist das Familienideal,
das heute für die meisten jungen Menschen maßgebend ist? Wir glauben, dass die meisten
jungen Frauen beides wollen: Sie wollen Mutter sein und berufstätig sein. Das hat
Konsequenzen. Es hat Konsequenzen für die Männer, für die Gesellschaft, für die Wirtschaft
und natürlich für die Art, wie wir öffentlich Familie fördern“.
Dieser
politischen Komponente kann der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, nur
beipflichten. Auch er begrüßt das Motto des diesjährigen Katholikentags. Gerechtigkeit
sei ein christliches Gebot. Und deshalb müssten sich Christen in die Politik einmischen:
„Wir
müssen einfach laut aufstehen in unserer Gesellschaft und mit guten Argumenten, aber
aus einem christlichen Sinnhorizont heraus argumentieren. Und das ist eben nicht nur
damit getan, dass wir nicht nur gewissermaßen politisch-technokratisch Gerechtigkeit
durch Konzepte herstellen, sondern gewissermaßen auch in unserem Herzen, in unerer
Existenz , in unserem eigenen Leben gerecht mit anderen umgehen, ihnen gerecht werden.
Das hat zum Beispiel auch mit Toleranz zu tun, das hat zu tun mit Mitmenschlichkeit,
mit Achtung und Respekt“. (rv, domradio 24.05.06 sis).