Brasilien: Kard. Hummes, Gewaltwelle "nicht zu rechtfertigen"
Die seit Samstag anhaltende
Welle von Anschlägen und gewaltsamen Aufständen von Kriminellen hat im Südosten Brasiliens
mindestens 81 Tote gefordert und die Wirtschaftsmetropole Sao Paulo weitgehend lahmgelegt.
Schulen, Universitäten, Firmen, Läden und Bahnhöfe blieben gestern geschlossen oder
machten deutlich früher zu, berichteten örtliche Medien. Es ist die wohl schlimmste
Gewaltwelle in der Geschichte Brasiliens. Der Erzbischof von Sao Paolo, Kardinal Claudio
Hummes: "Wir sind überrascht und geschockt. Diese Gewaltwelle ist zu groß. Gewalt
gibt es immer, derartige Vorfälle, auch mit Schwerverletzten und Toten, gab es immer
wieder. Aber für uns ist es jedes Mal wieder ein Schock. Es ist schon schrecklich,
wenn eine einzige Person das Leben verliert, aber diese große Zahl ist wirklich überwältigend.
Ich glaube, dass das niemand akzeptieren kann." Laut Behörden sind die Aktionen
die Antwort der Mafia auf die Zwangsverlegung von rund 740 Gefängnisinsassen vergangenen
Freitag. Dabei waren unter anderen auch acht ranghohe Mafiabosse isoliert worden.
Hinter den Anschlägen wird das "Primeiro Comando da Capital" (PCC, Erstes Hauptstadt-Kommando)
vermutet, das von hinter Gittern sitzenden Drogenbossen angeführt wird.
Kardinal
Hummes: "Die Gesellschaft kann das nicht kalt lassen. Man muss etwas tun. Die Verantwortlichen
müssen bestraft werden. Wir wissen, dass hinter allem viele Probleme stecken, die
gelöst werden müssen. Aber nichts kann solche Gewalt und Brutalität gegen Menschen
rechtfertigen.“ Die brasilianische Bischofskonferenz hat eine umfassende Reform
des Justiz- und Strafwesens gefordert. Der Staat müsse alles daran setzen, eine Gesellschaft
aufzubauen, die "in Gerechtigkeit, Eintracht und Frieden" lebe.