Ein in zwei Lager gespaltenes Italien berunruhigt die Kirche. Mit hauchdünner Mehrheit
hat der Chef der Mitte-Links-Bündnisses Romani Prodi die Parlamentswahl gewonnen,
wie die Auszählung heute ergab. Doch de facto sind die Lager gleich groß. In einer
solchen Situation hätten die Kirche und die Christen eine große Verantwortung, sagte
Bischof Rino Fisichella, der Rektor der päpstlichen Lateran-Universität. Es sei "Zeit,
die Konflikte zu überwinden". In dasselbe Horn stößt der Vizedirektor der einflussreichen
Jesuitenzeitschrift Civiltà Cattolica, P. Michele Simone. „Italien steht vor
einer Reihe sehr ernster wirtschaftlicher Probleme. Der Ölpreis ist extrem hoch, die
internationalen Rating-Agenturen dürften die Kreditwürdigkeit unseres Landes neuerlich
abstufen. Das verlangt vielleicht nicht gerade eine Zusammenarbeit der politischen
Lager, aber ganz bestimmt den Verzicht der Parteien, einander dauern unter Beschuss
zu nehmen. Ich würde nicht soweit gehen zusagen, die Ära Berlusconi ist zu Ende. Denn
Berlusconi scheint tausend Leben zu haben… Aber mit Sicherheit steuern wir auf eine
Übergangsperiode zu, in der wir mehr Übereinstimmung suchen müssen.“ Regierungschef
Silvio Berlusconi will das Ergebnis der Wahl vorerst nicht anerkennen. Er verlangt
eine Nachzählung von mehreren Hunderttausend Stimmen, die angeblich ungültig waren.
Der Vorsprung des Mitte-Links-Bündnisses beträgt nur rund 25.000 Stimmen. (rv
11.04.06 gs)