Weltjugendtag in
Rom. Am Palmsonntag feiert die Weltkirche den 21. Weltjugendtag, nicht mit einem zentralen
Treffen wie in Köln, sondern dezentral in den einzelnen Diözesen. Das Bistum Rom hat
damit schon gestern begonnen: mit Chor, Orchester, gefeierten Ballettänzern, bekannten
Fernsehmoderatoren, 40.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf dem Petersplatz
und natürlich mit dem Papst.
Als die Frühlingssonne langsam hinter dem
Petersdom verschwand fuhr das Papamobil aus dem Glockentor heraus auf den Platz. Benedikt
XVI. lächelte in die Menge, Benedetto-Rufe begrüßten ihn. Der Papst war bewegt, gerührt,
versuchte dem hohen Anspruch gerecht zu werden. Schließlich hatten die, die jetzt
jubelten, zuvor schon eine Stunde lang über Johannes Paul II. gesprochen, ihr Beziehung
zu ihm und dessen Botschaften.
Fünf junge Menschen sprachen stellvertretend
für alle mit dem Papst. Sie stellten Fragen, er antwortete. Die erste stand ganz im
Motto dieses 21. Weltjugendtags: „Sein Wort sei eurem Fuß eine Leuchte“. Wie funktioniert
Bibellesen, wie erkenne ich, was das Wort Gottes für meinen Weg bedeutet, das Anliegen
eines jungen Römers. Der einstige oberste Glaubenswächter wurde zum Katechet:
„Man
darf die Heilige Schrift nicht wie irgend ein Geschichtsbuch lesen oder wie wir etwa
Homer, Ovid oder Horaz lesen. Man muss sie wirklich als Wort Gottes lesen, und das
bedeutet, sich wirklich auf ein Gespräch mit Gott einzulassen. … Es ist Gott, der
zu uns spricht. Aber Gott wollte den Menschen in sein Wort mit hineinnehmen. Während
die Moslems davon überzeugt sind, dass der Koran wörtlich von Gott inspiriert wurde.
Wir glauben, dass für die Heilige Schrift die – um mit den Theologen zu sprechen –
„Synergie“ charakteristisch ist, das gemeinsame Wirken Gottes mit dem Menschen. Er
rührt sein Volk an mit seinem Wort.“
Die Menschen sollen dieses Wort auch
leben, sich selbst und die Botschaft Gottes in der Gesellschaft lebendig werden lassen.
„Um
im Sport oder im Beruf ein gestecktes Ziel zu erreichen, braucht es Disziplin und
Opfer. Das wissen wir alle. Doch wenn man ein erstrebtes Ziel erreicht hat, wird alles
vom Erfolg gekrönt. So ist es auch mit dem eigenen Leben. Mensch nach dem Vorbild
Jesu zu werden, bedeutet Verzicht. Doch das ist nicht etwas negatives sondern meint
ganz im Gegenteil den Menschen mit einem neuen Herzen leben zu helfen, ein Leben,
das zutiefst menschlich und glücklich ist. Es gibt nun einmal eine konsumorientierte
Kultur, die es zu verhindern weiß, nach dem Beispiel des Schöpfers zu leben. Deshalb
müssen wir den Mut haben, Inseln zu schaffen, Oasen und schließlich ganze Landschaften,
in denen die katholische Kultur vorherrscht, in denen man nach dem Beispiel des Schöpfers
lebt.“
Der Papst sprach völlig frei, verlor jede Scheu, wurde persönlich.
Seine eigene Berufung, so der Mann aus Bayern, sei in der Zeit des Nationalsozialismus
gewachsen:
„Der Anblick dieser unmenschlichen Kultur hat mich in der
Überzeugung bestärkt, dass der Herr, das Evangelium, der Glaube uns den richtigen
Weg zeigt und wir alles dafür tun müssen, damit dieser Weg sich im Leben durchsetzen
kann. In dieser Situation ist die Berufung sozusagen ganz natürlich gemeinsam mit
mir herangewachsen, ohne große Bekehrungserlebnisse. Schon als Junge habe ich mit
Hilfe meiner Eltern und des Pfarrers die Schönheit der Liturgie entdeckt und sie immer
mehr geliebt. Ich fühlte nämlich, dass in ihr die göttliche Schönheit aufstrahlt und
uns dem Himmel gegenüber offen macht.“
Und schließlich scheute der Papst
auch nicht vor dem Diskurs mit den Naturwissenschaften. Ganz im Gegenteil: Er sprach
vom „großen Galilei“.
„Es gibt Gott, oder es gibt ihn nicht. Es gibt
nur diese zwei Möglichkeiten. Entweder gibt man der Vernunft den Vorrang, der schöpferischen
Vernunft, die schon von Anbeginn an war und selbst der Anfang allen ist. Mit der Vernunft
gibt man auch der Freiheit die oberste Priorität. Oder man gibt dem Irrazionalen den
Vorrang, wonach dann alles auf unserer Erde und in unserem Leben lediglich zufällig
und marginal wäre, ein Produkt des Irrationalen. Diese beiden Prinzipien kann man
nicht gegeneinander ausspielen. Die Option des Christentums ist die Rationalität,
die Priorität der Vernunft. Diese Option zeigt uns, dass hinter allem eine große Intelligenz
steht, auf die wir vertrauen können.“
Jugendliche aus Köln trugen schließlich
das Kreuz der Weltjugendtage und die Marienikone in den Petersdom. Johannes Paul II.
hatte das schlichte Holzkreuz 1983 an die „Jugend der Welt“ übergeben. Dem Stifter
des Kreuzes und der Weltjugendtage galt auch des letzte Gebet des Jugendtreffens auf
dem Petersplatz. Jugendliche, Bischöfe und Benedikt selbst stiegen zum Abschluss hinunter
ans Grab Johannes Pauls II. (rv 07.04.06 bp)