D: Gewalt an Schulen fordert andere Bildungspolitik
Die Diskusison um
Gewalt an deutschen Schulen geht weiter. Die Forderung nach härteren Sanktionen gegen
gewalttätige Ausländerkinder wird mehr und mehr vom Ruf nach besseren Hilfsangeboten
abgelöst. Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) gab
der eigenen Partei eine Mitschuld an den Integrationsschwierigkeiten von Migranten-Kindern.
Die Union habe zu spät erkannt, dass Deutschland eine Einwanderungspolitik brauche.
Niedersachsen kündigte eine Bundesratsinitiative zur Ausweitung von Sprach- und Integrationskursen
an. Bei einer Emnid-Umfrage forderten 79 Prozent der Bundesbürger einen erfolgreichen
Sprachtest als Voraussetzung für die Einschulung. Bundesbildungsministerin Anette
Schavan hat Internatsplätze für besonders aggressive Schüler sowie verpflichtende
Elterngesprächen gefordert. Solche "Schnellschüsse" griffen zu kurz, sagt der Bund
der Deutschen Katholischen Jugend. "Wir brauchen eine umfassende Reform des Bildungssystems",
so Bundesvorsitzende Andrea Hoffmeier,
"das heißt, individuelle Förderung
wirklich von Beginn an, gerade, was zum Beispiel Sprachförderung angeht. Dafür muss
sich aber auch die Art, wie Schule statt findet, mit 45 Minuten Unterricht, in dem
in der Regel keine individuelle Förderung stattfinden kann, sich verändern. Wir brauchen
auch pädagogische Bildungsstandards, wo Schule auch mehr vermittelt als Wissen. Letztendlich
brauchen die Jugendlichen eine Zukunft, die in einer besseren Bildung liegt, aber
auch hinterher in dem Wissen, ich habe eine Chance auf einen Ausbildungsplatz und
ein existenzsicherndes Erwachsenenleben." Doch Zustände wie an der Neuköllner
Rütli-Hauptschule seien nicht ausschließlich mit Bildungspolitik zu bewältigen. Arbeitsmarkt-,
Jugend- und Sozialpolitik müssten stärker zusammenspielen. Das bestätigt auch Michael
Kroll, Leiter der Arbeitsstelle Jugendsozialarbeit der Caritas Bayern: "Verhindern
kann man Gewalt nie. Gewalt gab es immer und Gewalt wir es immer geben. Aber mann
kann natürlich trotzdem versuchen, an vielen Stellen etwas zu vermeiden und zu Prävention
beizutragen. Ganz konkret: Hier in Bayern machen wir sehr gute Erfahrungen mit Jugendsozialarbeit
an Schulen. Dort, wo also Menschen, die sozialpäfdagogische Fachkräfte sind, an Schulen
und in der Schule mitarbeiten, aber von außerhalb der Schule kommen, die dort für
die einzelnen Schüler, für deren Probleme im persönlichen Bereich, aber auch für deren
Probleme im Bereich der Berufs- und Ausbildungsfindung zur Verfügung stehen, die mit
Schülern und Schulklassen Streitschlichterseminare machen, machen wir ganz gute Erfahrungen,
dass diese Leute wirklich helfen und zur Klimaverbesserung in der Schule beitragen." (rv
04.04.06 bp)