Vatikan: Neuer Kardinal Zen, "Beziehungen zu China verbessern!"
Unter den neuen Kardinälen
ist auch Bischof Jospeh Zen von Hongkong. Der 74-jährige Salesianer will nun alles
dafür tun, die äußerst zähe Annäherung zwischen dem Heiligen Stuhl und dem kommunistischen
Regime in Peking voranzubringen. Wir hatten im Vorfeld Gelegenheit mit ihm zu sprechen
und haben ihn zunächst gefragt, wie er die Reaktionen der Regierung auf seine Ernennung
bewertet:: "Die ersten Kommentare des Regimes waren nicht besonders kritisch,
eigentlich waren das eher Routine-Reaktionen. So haben sie mich an die Trennung von
Kirche und Staat erinnert. Aber natürlich, das ist nichts Neues. Sie haben also noch
keine offizielle Antwort gegeben. Vielleicht, weil sie wirklich überrascht wurden,
vielleicht weil sie so sehr mit ihren großen politischen Versammlungen in Peking
beschäftigt waren. Vielleicht mussten sie erst noch über eine Strategie diskutieren.
Sogar der Außenminister war eigentlich zunächst gemäßigt in seiner Reaktion. Aber
jetzt in der letzten Zeit gab es dann sehr böse Stimmen – wie die des Vizepräsidenten
der "Chinesischen Katholischen Patriotischen Vereinigung" (CCPA), Anthony Liu Bainian.
Diese Leute sagten "Oh, Zen mag Benedikt, weil der so konservativ ist“ – was immer
das heißen mag! Und dann: Dass der Papst Zen zum Kardinal macht ist ein feindlicher
Akt gegen China. Sie denken an Johannes Paul II. und seinen Anti-Kommunismus in Polen.
„Jeder weiß, dass Bischof Zen gegen den Kommunismus ist“, sagen sie. Wenn die Bischöfe
in China alle wie er werden, dann sind wir in Gefahr - wie damals in Polen! Das
ist allerdings schlicht lächerlich – und dementsprechend entschieden habe ich das
zurückgewiesen."
Und was bedeutet Ihre Ernenung für die Menschen in der
Volksrepublik?
"Ich denke, viele freuen sich, weil sie wissen, dass ein
Kardinal in engem Kontakt zum Heiligen Vater steht. Und so hoffen sie, dass ich ihre
Anliegen dem Papst vortragen kann. Und deshalb freue auch ich mich! Offenkundig ging
es bei der Ernennung nicht um meine Person als solche, sondern um das große Wohlwollen,
dass Benedikt für das chinesische Volk hat. Und gerade, was die Gespräche zwischen
dem Heiligen Stuhl und der chinesischen Regierung in Peking anbelangt, hoffe ich,
dass ich Benedikt die Stimme der chinesischen Bischöfe überbringen kann."
Peking
knüpft die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl an die
Bedingung, Rom müsse zunächst seine diplomatischen Beziehungen mit Taiwan aufkündigen
– denn Peking sieht Taiwan als abtrünnige Provinz…
"Jeder weiß, dass der
Heilige Stuhl ohne diplomatische Beziehungen keinerlei Einfluss in China hat. Aus
pastoralen Gründen, um für die vielen Katholiken in der Volksrepublik da sein zu können,
muss der Heilige Stuhl wirklich solche Beziehungen aufnehmen. Da wird er wohl nicht
drum herumkommen, die derzeitigen diplomatischen Beziehungen mit Taiwan zu opfern.
Das ist objektiv gesehen nicht einfach, weil der Heilige Stuhl noch nie einseitig
eine befreundete Nation verlassen hat. Aber ich glaube, die Menschen in Taiwan werden
Verständnis haben. Die Bischöfe dort verstehen natürlich die pastoralen Gründe und
ich hoffe, dass sie diese Einsicht auch weiter geben können. Ich denke, der Heilige
Stuhl sollte der Regierung Taiwans die Hintergünde genau erklären, ja sich sogar für
diesen aufgewungenen Schritt entschuldigen."
Wird Ihre Ernennung denn
auch einen positiven Einfluss auf die Situation der Katholiken in Hongkong haben?
"Ich denke, es ist auf jeden Fall eine Ermutigung für die Menschen in Hongkong.
Obwohl ich glaube, dass der Papst hat tatsächlich mehr an China als an Honhkong selbst
gedacht hat, ist der Schritt doch eine Anerkennung dessen, was wir in diesen jahren
hier in Hongkong gemacht haben, für die menschnrechte, für die Gerechtigkeit."
Regierungsvertreter
haben ja gesagt, dass religiöse Personen sich nicht in die Politik einmischen sollen.
Wie sehen Sie in dieser Hinsicht ihre Zukunft?
"Mir sind solche Kommentare
wirklich egal. So was haben sie schon hunderte von Malen gesagt. Aber sie widersprechen
sich selbst! Wenn sie etwa Religionsvertreter in die Konsultativkonferenz oder den
Volkskongress berufen – das sind nun wirklich politische Organe!! Sie drängen uns,
zu wählen, auch wenn wir nicht wollen. Grundsätzlich gesprochen: es gibt doch einerseits
die Machtpolitik. Dazu gehört , eine politische Partei zu sein, sich zur Wahl zu stellen,
öffentliche Ämter zu bekleiden. Dann sind da aber auch die Gesellschaftsfragen –
die ganz gewiss auch eine politische Dimension haben. Und das ist eine Art der Politik,
an der jeder teilhaben sollte, der sich für die Gesellschaft interessiert. Und so
ist doch völlig klar, dass angesichts des sozialen Engagements der Kirche auch jeder
Bischof Stellung zu sozialen Fragen beziehen können muss!" (rv 24.03.06 hr)