Beobachter deuten
das erste Konsistorium eines Papstes gerne als Programmatik seines Pontifikats. Wie
die heutige Kardinals-Kreierung in dieser Hinsicht einzuschätzen ist , das haben wir
den Salesianerpater Markus Graulich gefragt. Graulich ist Kirchenrechtler an der Päpstlichen
Universität "Salesiana" in Rom. Er sagt:
"Als Leo XIII John Henry Newman
zum Kardinal gemacht hat. Das war eine Aussage, dass sein Pontifikat ganz anders sein
wird als das seines Vorgängers. Und als Johannes Paul II im ersten Konsistorium Casaroli
zum Kardinal erhoben hat, da war klar, er wird auch Staatssekretär. Es gibt bestimmte
programmatische Linien. Die sehe ich in diesem Konsistorium eigentlich nicht, sondern
mich hat es besonders überrascht, dass sich der Papst so rigoros an die Zahl der 120
wahlberechtigten Kardinäle hält. Diese Zahl, die von Papst Paul VI auf 120 festgelegt
worden war, war bei den letzten drei Konsistorien immer überschritten worden. Aber
Bendikt hält sich wirklich rigoros daran. Er hat auch weitergeführt, was andere Päpste
bereits vor ihm gemacht haben - wie Paul VI und Johannes Paul II - nämlich verdiente
Männer, die bereits über 80 Jahre sind, in den Kardinalsstand zu erheben: wie zum
Beispiel den Erzbischof Montezemolo, den früheren Nuntius in Italien. Und - das ist
vielleicht das überraschende - er hat sich nicht zwingen lassen: Er hat zum Beispiel
weder den Erzbischof von Paris noch den Erzbischof von Dublin noch den Präsidenten
des Päpstlichen Laienrates in den Kardinalsstand erhoben, sondern hat einfach diejenigen
erwählt, die er wollte."