Bald ein Jahr ist
es her – das Habemus Papam vom 19. April 2005. Die Woche der Fastenexerzitien, in
Papst Benedikt XVI. selbst nicht öffentlich in Erscheinung tritt, wollen wir nutzen
um nachzufragen: Wie ist eigentlich der „Stil“ dieses Papstes, wie drückt er sich
aus? Wir fragten eine Frau, die das wissen muss: Die Übersetzerin Sigrid Spath. Sie
hat Ansprachen und Dokumente aller Päpste seit Paul VI. ins Deutsche übertragen –
aus dem italienischen, französischen, polnischen und gelegentlich aus dem lateinischen.
Jetzt übersetzt sie Benedikt. Es verhält sich nämlich so mit dem deutschen Papst:
Er schreibt nicht auf deutsch, sondern meistens auf italienisch.
Eine echte
Prioritätenverschiebung unter dem deutschen Papst hat Sigrid Spath beobachtet: Benedikt
XVI., der natürlich auch bei besserer Gesundheit ist als sein Vorgänger, weist der
Generalaudienz am Mittwoch einen höheren Stellenwert zu. Und schreibt die Texte dazu
selbst.
„Die Generalaudienz, die erste der Fastenzeit, am Aschermittwoch,
das war sicher ein Ratzinger-Text vom ersten bis zum letzten Buchstaben – ganz schöne
Meditation über das Fasten. Er hat das auch ausgesprochen: Alle sind immer eingeladen
zur Generalaudienz, ob Bischof oder Hausmeister oder Familien. Und da nimmt er sich
auch Zeit. Jetzt wo es so kalt war, hat er ja - dreimal war das der Fall - am Mittwoch
auch zwei Generalaudienzen gehalten, eine in St. Peter und eine in der Audienzaula.“
Benedikts
Sprache sei nicht immer einfach zu übersetzen, sagt Sigrid Spath. Stilistisch zieht
der Papst alle Register.
„Es ist überhaupt nichts Altertümliches. Es ist sehr
vielfältig, möchte ich sagen, immer dem Thema angepasst. Ich habe einmal eine Predigt
für Kinder gehört von ihm - das hätte man ihm nicht zugetraut: Er war wirklich kindgerecht
und hat trotzdem auf einem hohen Niveau gesprochen.“
Die amtliche deutsche
Version des deutschen Papstes abzuliefern, ist für Sigrid Spath eine große Verantwortung.
„Es ist eigenartig, da hab ich manchmal fast ein bisschen Scheu, wenn ich
mir denke, Papst Benedikt, dessen Muttersprache deutsch ist und dessen italienisch
gehaltene Predigt erscheint jetzt in meinem Deutsch – ich kann aber nicht Ratzinger
im Original nachahmen! Ich hoffe, er kann sich damit abfinden!“ (rv 08.03.06 gs)