2006-03-08 11:10:57

Dokument: "Herausforderung der Migration"


Vom 3. bis 5. März 2006 haben sich in Korfu die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen Südosteuropas - Albanien, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, Griechenland, Bischofskonferenz der Heiligen Cyrill und Methodius (Serbien, Montenegro und Mazedonien) Rumänien - zusammen mit den Bischöfen Griechenlands getroffen, um die gemeinsame Verantwortung für das Evangelium und die Solidarität in diesem Teil Europas zu erörtern. Ein historisches Ereignis, denn zum ersten Mal waren auf dieser Insel so viele Bischöfe aus verschiedenen Nationen versammelt. Hauptthema: die Migrationen verändern das Angesicht Europas. Die Arbeiten wurden von Bischof Amédée Grab, dem Vorsitzenden des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), moderiert.



Die Soziallehre der Kirche

S.E. Bischof Crepaldi, Sekretär des Päpstlichen Rates Iustitia et Pax, stellte das Kompendium der Soziallehre der Katholischen Kirche vor, welches am 25. Oktober 2004 veröffentlicht wurde. Es baut auf vier Grundprinzipien auf: Würde und Freiheit der menschlichen Person, Allgemeinwohl, Subsidiarität und Solidarität. Im Zentrum der ganzen Überlegungen steht die menschliche Person und ihre unantastbare Würde. Diese Würde ist eine Gabe Gottes, die sich mit dem Verstand begreifen lässt; von daher ist sie das höchste Kriterium jeglicher politischen und sozialen Entscheidung. Das Kompendium ist in einigen Ländern Südosteuropas bereits in Übersetzung und wird als ein wichtiges Werkzeug betrachtet für eine maßgebliche Präsenz der Kirche im sozialen Bereich, besonders in Ländern, in denen totalitäre, kommunistische Systeme die menschliche Person ihres Wertes beraubt und den Sinn für das Allgemeinwohl ausgelöscht haben.

Das Kompendium regt zum Dialog an mit all jenen, denen es wirklich um das Wohl des Menschen geht. Es soll den Priestern, den Katecheten und besonders den in Politik und Gesellschaft engagierten Laien vorgestellt werden. Der orthodoxe Theologe P. Mourtzanos Themistoklis zeigte auf, wie sich die Auffassung von Gesellschaft seiner eigenen Kirche an der Lehre vom dreifaltigen Gott inspiriert und auf dem eucharistischen Leben gründet. Das wirkliche Novum, das Ungerechtigkeit, Armut, soziale Ungleichheit, sowie Drogenabhängigkeit, Prostitution und Rassismus eindämmen kann, erwächst aus dem Wiederfinden der Einheit mit Gott und untereinander.



Die Migrationen

Das Migrationsphänomen betrifft auf radikale Weise alle Länder Südosteuropas. Viele Menschen haben wegen der Armut Albanien, Bulgarien und Rumänien verlassen, um Arbeit zu suchen. Der Balkankrieg hat besonders in Bosnien-Herzegowina viele Flüchtlinge geschaffen. Die Migrationen verursachen besonders in der ersten Phase enorme soziale Probleme: Auflösung der Familie, Handel mit Frauen und Kindern, Organhandel, mafiöse Strukturen. Auf der anderen Seite führt die Abwanderung der jungen oder besser ausgebildeten Menschen zu einer Verarmung der Herkunftsländer. Die Migrationen verändern das Angesicht der europäischen Länder und werden zum Hauptproblem der kommenden Jahrzehnte.



In Griechenland erlebt die katholische Kirche ein überraschendes und unerwartetes Phänomen. Laut Statistik stieg die Zahl der Katholiken zwischen 1975 und 2005 von 50'000 auf zirka 350'000 an. Dies unter anderem aufgrund der Zuwanderung Tausender Philipinos, Polen, Albanern und Irakern. Die griechischstämmigen Katholiken sind nun eine Minderheit innerhalb der katholischen Minderheit des Landes.



Die Vorträge von Fr. Francesco Varthalitis, von Dr. Desylas Christos (orthodox), von P. Gabriele Righetto und von don Stefano Marangos, welche als Wissenschaftler oder Priester im Bereich der griechischen Migration tätig sind, zeigten die großen pastoralen Herausforderung durch die Migrationen auf:

- der Migrantenpastoral auf lokaler und internationaler Ebene den Vorrang geben;

- sich mit vertiefter Anstrengung der Bildung und Integration widmen;

- die Kontakte zwischen Ursprungs- und Aufnahmeländern pflegen;

- Personal für die Migrantenpastoral finden;

- Zusammenarbeit zwischen Pfarreien fördern.



Es wurde besonders darauf hingewiesen, dass es im Bereich der Migration dringend eine ökumenische Zusammenarbeit der verschiedenen Kirchen und Gemeinschaften braucht. Die Vorsitzenden rufen dazu auf, mutig auf diesem Weg voranzugehen.



Im Blick auf die Migrationspolitik der europäischen Institutionen wurden folgende Probleme genannt: Sicherheit, vor allem wegen der Gefahr des Terrorismus, Visumsfragen, familiäre Zusammenführung, illegale Immigration. Die Asyl- und Migrationspolitik der Europäischen Union wurde vom Apostolischen Nuntius bei der EU, S.E. Bischof André Dupuy, vom Generalsekretär der ComECE, Mons. Noël Treanor, sowie von Herrn Nikolaos Dendias, Mitglied des griechischen Parlaments und des Europarates, dargelegt. Zwischen 1970 und 2000 stieg in Europa die Zahl der Migranten von 19 auf 33 Millionen an. Weltweit beläuft sich die Zahl der Menschen, die nicht im Geburtsland leben, auf zirka 190 Millionen. Die jüngsten Entwicklungen der EU bezüglich Asyl, Grenzen und Migration sind im neuen "Haager Programm" festgehalten, welches die Linien für die Justiz- und Innenpolitik bis ins Jahr 2009 definiert.



Die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen sind sich bewusst, dass die Migration nicht weiter als "ein Problem" gesehen werden darf, sondern als Chance begriffen werden muss. Sie läutet eine neue Ära der Menschheit ein und drängt zu einem neuen Bewusstsein der Universalität (Katholizität) der Kirche. Die Fähigkeit des Evangeliums, die Familie Gottes unter den verschiedenen Völkern zu schaffen, ist die wahre Antwort auf die Fragen der Globalisierung.



Die Dritte Ökumenische Europäische Versammlung

Der neue ökumenische europäische "Pilgerweg", der in Rom vom 24. bis 27. Januar mit einem Treffen von Delegierten gut hundert Kirchen und ökumenischer Gemeinschaften aus allen Ländern Europas begonnen hat, wird in einem südosteuropäischen Land enden, nämlich in Rumänien, anlässlich der Versammlung von Sibiu im September 2007. Dieser Prozess ist eine Gelegenheit für ökumenische Begegnungen vor Ort, um ein großes Gebetsnetzwerk für die Einheit der Christen neu zu beleben, um das Bewusstsein für die Notwendigkeit zur Versöhnung und Zusammenarbeit unter den Kirchen zu wecken und um Patenschaften zwischen den Kirchen der verschiedenen Länder zu fördern.



Die Tagungsteilnehmer erlebten auf Korfu eine außerordentliche Gastfreundschaft seitens der katholischen Lokalkirche, des orthodoxen Metropoliten Nektarios sowie des Bürgermeisters und der Bevölkerung. Bei der Wallfahrt zum Heiligtum des Hl. Spyridon waren Zeichen der Hoffnung auf die Einheit deutlich spürbar.



Eine wichtige Begegnung mit der Lokalkirche war die Eucharistiefeier am Sonntag, 5. März, in der Kathedrale. Bei dieser Gelegenheit wurde dem katholischen Erzbischof von Korfu, Bischof Ioannis Spiteris und dem Vorsitzenden der Griechischen Bischofskonferenz, Bischof Franghiskos Papamanolis ein aufrichtiger Dank ausgesprochen.



Die siebte Tagung wird vom 1. bis 4. März 2007 in Rumänien stattfinden








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