Vatikan: Eine Art "Mea culpa" in "Zigeuner"-Seelsorge
Der Vatikan verurteilt deutlich jede Diskriminierung von "Zigeunern", wie man auf
italienisch bedenkenlos sagen kann, und verspricht ihnen mehr Aufmerksamkeit und Anstrengungen
für ihre Integration. Das steht in einem Dokument des päpstlichen Migrantenrates,
das heute vorgestellt wurde. Es trägt den Titel: "Orientierungen für eine Pastoral
der Zigeuner" und drängt die Regierungen, den Sinti und Roma auf ihrem Weg aus ihrer
Misere und ihrer Ablehnung zu helfen. Mit eindringlichen Worten erinnert das Vatikan-Papier
an die Verfolgung der "Zigeuner" durch die Nazis und an ihre Leiden im Jugoslawien-Konflikt.
Das Papier ist von Vatikankardinal Stephen Fumio Hamao unterzeichnet, der den päpstlichen
Migrantenrat leitet. Es ruft auch nach mehr Aufmerksamkeit und Geduld der Kirche bei
ihrer Seelsorge für Angehörige von Zigeunervölkern. Die Autoren ermutigen die Zigeuner,
das Gute an ihrer Kultur zu bewahren. Die italienische Nachrichtenagentur Ansa spricht
von einer Art "Mea Culpa" der Kirche für Fehler und Versäumnisse den Zigeunern gegenüber.
Bei der Vorstellung des Dokuments kam es heute zu einer Premiere: Erstmals sprachen
Zigeuner im vatikanischen Pressesaal.
Und hier sind einige wichtige Kernsätze
aus dem neuen Vatikan-Papier: “Von der Geburt bis zum Tod ist die Situation eines
jeden Individuums die des homo viator“– das bekräftigte der Diener Gottes Johannes
Paul II. -, und es ist gleichsam - das anerkennen wir – ein bildlicher Ausdruck der
Lebensart der Zigeuner. Und trotzdem herrscht Gleichgültigkeit und Widerstand ihnen
gegenüber. Es geht von den gewöhnlichen Vorurteilen zu Zeichen der Ablehnung, und
bei denen, die davon Zeugen sind, entsteht meist keinerlei Reaktion oder Zurechtweisung.
Dies hat zu unbeschreiblichen Leiden geführt und war Anlass zu Verfolgungen, besonders
im vorigen Jahrhundert. Diese Situation sollte die Gewissen aufrütteln und Solidarität
für diese Bevölkerung wecken. Die Kirche anerkennt ihr Recht auf eine eigene Identität,
und sie setzt sich für eine größere Gerechtigkeit ihnen gegenüber ein, indem sie selbst
der Kultur und der gesunden Traditionen Achtung entgegenbringt. Rechte und Pflichten
sind jedoch eng miteinander verbunden, und so haben auch die Zigeuner den anderen
Völkern gegenüber Pflichten zu beachten. Diese Orientierungen sind Ausdruck der
Sorge der Kirche für die Zigeuner, die eine spezifische Seelsorge brauchen, eine Seelsorge,
die ihre Kultur achtet, die aber vom österlichen Geheimnis des Todes und der Auferstehung
durchdrungen sein muss. Das gilt im Übrigen für alle Kulturen. Die universelle Geschichte
der Evangelisierung stellt klar heraus, dass die Verbreitung der christlichen Botschaft
immer mit einem Prozess der Läuterung der Kulturen einherging, gleich einer notwenige
Erhebung. Eine uneingeschränkte Verteidigung aller Ausdrücke der Zigeuner-Kultur ohne
die erforderliche Unterscheidung und die entsprechende evangelische Beurteilung ist
nicht von Hilfe. Läuterung aber heißt nicht Unterhöhlung, sondern eine gewisse Integration
mit der umgebenden Kultur." (rv 28.02.06 sk)