2006-02-08 11:00:16

D: Anfragen an Familienpolitik


RealAudioMP3 Armutsprävention, Kinderfreundlichkeit und Generationensolidarität, Bildung und Erziehung sowie Ehe - das sind die zentralen Anliegen der Kirche an die Familienpolitik. Kardinal Georg Sterzinsky von Berlin, der deutsche "Familienbischof", nannte die vier Punkte jetzt bei einer Podiumsdiskussion mit Familienministerin Urula von der Leyen. Angesichts der hohen Kinderarmut in Deutschland – rund zwei Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren beziehen Grundsicherungsleistungen – sei die Solidargemeinschaft besonders gefordert und müsse helfen, Armut zu verhindern. Familien müssten unterstützt werden, eigene vorhandene Ressourcen zu aktivieren. Auch der demografische Wandel fordere eine solidarisch ausgerichtete Gesellschaft heraus, so Kardinal Sterzinsky. Eltern müssen davon ausgehen können, dass die Gesellschaft ihre Kinder mit deutlich spürbarer Sympathie aufnimmt. Es brauche mehr Kinderfreundlichkeit, denn dass Kindertagesstätten wegen unzumutbarer Lärmbelästigung geschlossen werden, sei „ein Alarmsignal, dass die Maßstäbe nicht stimmen“, so der Berliner Erzbischof.
Familie ist „die erste und schlechthin fundamentale Erziehungs- und Bildungsinstitution“, betonte Kardinal Sterzinsky. Dies müsse eine künftige Familienpolitik verstärkt in den Blick nehmen. Ebenso wichtig wie die Entwicklung neuer Angebote sei eine bessere Vernetzung bestehender Institutionen. Auch müssten die Eltern mehr in die Erziehungs- und Bildungsprozesse einbezogen werden.
Schließlich sei eine wesentliche Voraussetzung zur Verwirklichung des Kinderwunsches eine stabile Partnerschaft. Die Ehe als dauerhafter Bund zwischen Mann und Frau biete den geeigneten Rahmen für eine solch verlässliche Partnerschaft, erklärte Sterzinsky. Alle müssten sich daher fragen, was sie zum Gelingen der Ehe beitragen können.
Einige kritische Anmerkungen machte Kardinal Sterzinsky zur Einführung eines Elterngeldes im Sinne einer Lohnersatzleistung der Eltern. Zwar sei es als Instrument der Gleichstellungspolitik zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie auch als finanzielle Unterstützung während der oft schwierigen Familiengründungsphase positiv zu bewerten. Durch den geplanten Wegfall des Erziehungsgeldes würden jedoch Familien mit niedrigem oder keinem Erwerbseinkommen finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. „Es entsteht der Eindruck, dass der Fortfall des Erziehungsgeldes für die Bezieher niedriger Einkommen das Elterngeld für die Bezieher höherer Einkommen finanzieren soll“, kritisierte der Kardinal. Die Einführung des Elterngeldes mache nur Sinn, wenn nicht ein Teil der Familien schlechter gestellt werden würde als vorher. Das Elterngeld solle daher „als eine Option neben dem Erziehungsgeld“ eingeführt werden, so sein Vorschlag.
Der Dialog mit den Kirchen zu Themen von Ehe, Familie und Erziehung habe für sie einen besonderen Stellenwert, betonte die Bundesfamilienministerin Dr. Ursula von der Leyen. „Ich bin überzeugt, dass die Kirchen auch heute Antworten geben können auf Wertfragen, auf Erziehungsfragen, auf Fragen des Zusammenlebens.“ Drei Schwerpunkte seien ihr für die zukünftige Familienpolitik wichtig. So brauche es mehr Frühförderung und Erziehungskompetenz. Kinder, aber auch Eltern und Erzieher, brauchen Werte und Orientierung. Die Werteerziehung sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich die Kirchen in besonderer Weise stellen. Von der Leyen hob beispielhaft das „Bündnis für Erziehung“ hervor, in dem die katholische und evangelische Kirche gemeinsam mit ihren Wohlfahrts- und Fachverbänden auf Initiative des Bundesfamilienministeriums an dieser Aufgabe mitarbeiten.
Das Elterngeld sei eine gute Lösung, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Zugleich räumte die Ministerin ein, dass finanzielle Leistungen allein nicht ausreichten. Eine nachhaltige Familienpolitik entstehe erst im Zusammenspiel von finanzieller Förderung, steuerlicher Entlastung, verbesserter Kinderbetreuung und mehr Zeit und Raum für Familien.
In der Einrichtung so genannter Mehrgenerationenhäuser sieht sie ihren dritten Schwerpunkt. Der alltägliche Kontakt zwischen Generationen biete „Chancen für ein produktives Altwerden, für gegenseitige Hilfe und ehrenamtliches Engagement, für Akzeptanz, die den Zusammenhalt der Generationen stärkt und Verteilungskämpfen vorbeugt“, so die Bundesfamilienministerin.

(pm bi-konf 08.02.06 sk)

Unser Audio-Kurzbeitrag: Kardinal Sterzinsky erklärte kürzlich dem Kölner Domradio, worum es ihm geht: nämlich, dass "Familie als auf Ehe gegründete Lebensgemeinschaft von Eltern und Kindern im Gesamtverband der Generationen beibehalten werden muss. Und dass wir nicht immer mit defizitären Formen von Familien leben, die zwar soziale Unterstützung brauchen - aber nicht immer so reden, als ob das ein Ideal wäre."







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