Die deutschen Sozialdemokraten
ändern ihren Kurs. Familienpolitik wird jetzt ganz groß geschrieben. Und dafür holte
sich die SPD-Spitze am Sonntag Abend sogar den kirchlichen Segen. Der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Karl Lehmann hatte als Ehregast an der Partei-Klausur
teilgenommen, der SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck hatte zuvor seinen Antrittsbesuch
absolviert. Auch wenn das Familienbild der Genossen nicht immer deckungsgleich mit
dem der katholischen Kirche ist, Lehmann lobte die Hinwendung zu den traditionell
christlichen Werten und sozialer Verantwortung für Kinder. Schließlich will man mit
der neuen Regierung ja auch gut zusammenarbeiten. Das bestätigt auch der Präsident
des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer:
"Die
Balance, das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Gerechtigkeit muss neu gelöst
werden. Dafür gibt es Chancen in einer großen Koalition und die wollen wir unterstützen
durch begleitende Vorschläge, durch Kritik, aber vor allen Dingen durch ein konstruktives
Voranbringen der öffentlichen Debatte über das künftige Gesicht unserer Gesellschaft
in Deutschland und Europa. Das bedeutet nicht, dass wir uns auf die beiden großen
Parteien konzentrieren. Wir sind keine regierungsfromme Veranstaltung. Wir wollten
das nie sein und werden das auch in Zukunft nicht sein. Insofern ist unsere Position
gegenüber der großen Koalition die einer konstruktiv-kritischen Haltung, die aber
etwas bewegen und voranbringen will, die weiß, wir haben eine gewisse Orientierungskrise
in der deutschen Gesellschaft, also muss man die Perspektive neu definieren und man
muss dazu praktische Schritte gehen - das wollen wir tun."
Meyer, in
der DDR aufgewachsen und von 1990 bis 2002 Kultusminister in Sachsen, hofft außerdem
auf ein noch stärkeres Zusammenwachsen Deutschlands. Die Spitzen beider Volksparteien
kommen aus den neuen Ländern.
"Ich gestehe, es freut mich, dass wir
15 Jahre nach der deutschen Einheit all jene auch widerlegen, die sagen, die Neuen
Länder sind nur ein Anhängsel und sie spielen keine Rolle. Aber ich will nun auch
nicht in Abwandlung eines alten Spruches behautpen, dass aus dem Osten nur das Heil
kommt, sondern es ist eine Chance, weil hier die Erfahrung einer ideologiekritischen
Distanz, eines ideoligiekritischen Lebens in der DDR bei beiden zusammenkommt mit
praktischen Aufbauerfahrungen nach 1990. Da hoffe ich, dass bei aller Unterschiedlichkeit
der politischen Positionen, die ja ein Gewinn für eine Demokratie sind, es doch so
viele Gemeinsamkeiten gibt, dass jedenfalls für die nächsten vier Jahre Schritte nach
vorn möglich sind." (rv 17.01.06 bp)