Die Personalprälatur "Opus Dei" plant keine "Kriegserklärung" gegen den geplanten
Film "Sakrileg". Das versichert ein Opus-Dei-Sprecher im Interview mit der Nachrichtenagentur
Zenit. Der Bestseller "Sakrileg", im Original "The Da Vinci Code", kommt dieses Jahr
mit Tom Hanks in die Kinosäle. Damit erreicht der Stoff, der das Opus Dei als Bösewicht
hinstellt, erneut ein Millionenpublikum. Die Gemeinschaft will nach Angaben des Sprechers
"versuchen, aus der Zitrone einen Saft zu machen". Eigentlich sei das doch eine "großartige
Möglichkeit, um von Jesus Christus zu sprechen. Ich glaube", so der Sprecher weiter,
"dass die Verbreitung dieses Romans zum Großteil auf das enorme Interesse für die
Gestalt Jesu Christi zurückzuführen ist". (rv 17.01.06 sk)
Wir dokumentieren
hier die "Zenit"-Meldung und das Interview im Wortlaut. "Zu den herausragenden
Ereignissen dieses Jahres soll gemäß der Zeitschrift "Newsweek" unter anderem die
Kinoproduktion "The Da Vinci Code – Sakrileg" gehören.
Aus diesem
Grund veröffentlichen wir folgendes Interview, in dem ein Vertreter jener Seite zu
Wort kommt, die im millionenschweren Film mit Tom Hanks und Audrey Tautou als "das
Böse" hingestellt wird. Marc Carroggio, Pressesprecher der Personalprälatur Opus Dei,
betont gegenüber ZENIT, dass das Buch von Dan Brown und die Erwartungen auf den Film
gewissermaßen "eine indirekte Werbung" für die katholische Einrichtung sei, die 1928
vom heiligen Priester Josemaría Escrivá gegründet wurde.
Carroggio
ist der Meinung, dass das große Interesse dazu beitragen könne, Jesus Christus kennen
zu lernen.
ZENIT: Was gefällt Ihnen am wenigsten am Buch von Dan
Brown, das nun auch verfilmt worden ist?
Carroggio: Ich weiß, dass
Fiktion eigenen Regeln folgt und dass man sie nicht zu ernst nehmen sollte. Dennoch
missfällt mir genauso wie jedem anderen Christen auch die Frivolität, mit der in dem
Buch mit dem Leben Jesu Christi gespielt wird. Außerdem ist das Problem eines Drehbuchs
dieser Art, dass eine bestimmte Gruppe von Menschen "kriminalisiert" wird. Die Kirche
wird als Verbrecherbande dargestellt, die 2000 Jahre lang zu allem bereit gewesen
ist, damit eine riesengroße Lüge nur ja nicht ans Tageslicht kommt. Auch wenn das
groteske und manchmal sogar komische Züge annimmt, bleibt letztlich ein scheußliches
Bild der Institution zurück, und es ist bewiesen, dass widerwärtige Bilder in jenen
Menschen Hassgefühle hervorrufen, die bestimmte kritische Haltungen vermissen lassen.
Mir scheint, dass wir nicht noch mehr Karikaturen des Religiösen brauchen,
ganz gleich, um welche Religion es sich auch handelt. Wir müssten uns darum bemühen,
Eintracht zu sähen und Toleranz und Verständnis zu zeigen. Man kann nicht mit der
linken Hand um Frieden bitten und mit der rechten zuschlagen.
ZENIT:
Es gehört nicht zur Art des Opus Dei, zu bestimmten Ereignissen offizielle Stellungnahmen
zu veröffentlichen. Wird man in diesem Fall eine Ausnahme machen?
Carroggio:
Manche erwarten sich eine Art Kriegserklärung von Seiten der Kirche, und innerhalb
der Kirche von Seiten des Opus Dei. Vielleicht wäre das für das Marketing des Films
von Nutzen – Sie wissen schon, ein Konflikt zwischen verschiedenen Mächten und all
das…
Ich kann Ihnen jedenfalls versichern, dass das Opus Dei höchstens
eine Friedenserklärung abgeben wird. Niemand wird Drohungen verkünden, zu einem Boykott
aufrufen oder Ähnliches. Von Seiten der Produktionsfirma Sony-Columbia wurde allerdings
nur so etwas wie eine "freundliche Gleichgültigkeit" gezeigt, keine konkreten Zeichen
einer gewissen Sensibilität für religiöse Überzeugungen.
ZENIT: Wie
werden die Mitglieder des Opus Dei wohl reagieren?
Carroggio: Sie
werden genauso reagieren wie viele andere Christen: versuchen, aus der Zitrone einen
Saft zu machen.
In Wirklichkeit stehen wir hier vor einer großartigen
Möglichkeit, um von Jesus Christus zu sprechen. Ich glaube, dass die Verbreitung dieses
Romans zum Großteil auf das enorme Interesse für die Gestalt Jesu Christi zurückzuführen
ist. Es ist ein typischer Fall von kulturellem Schmarotzertum: Man macht sich selbst
berühmt, indem man mit berühmten Persönlichkeiten polemisiert und das Ergebnis zur
Kunst erklärt. Stünde Jesus Christus nicht im Mittelpunkt des Romans, dann würde das
Interesse rasch abnehmen.
Ich glaube, die beste Antwort ist, Jesus
Christus mit geeigneten Mitteln bekannt zu machen. Ich kann mir vorstellen, dass sich
in diesem Jahr viele Leute dazu anregen lassen werden, das Evangelium zu lesen, irgendein
gutes Buch über Christus aufzuschlagen und vielleicht sogar über jene großen Themen
des Glaubens nachzudenken, die sogar die schwierigsten Fragen der menschlichen Existenz
erhellen. Das alles meine ich, wenn ich sage, dass man aus der Zitrone einen Saft
machen wird.
ZENIT: Bis zu einem gewissen Grad stimmt es sicher, dass
das Opus Dei dank Dan Brown wieder in Mode gekommen ist und nun die Chance bekommt
zu sagen, was es wirklich ist. Haben Sie ein größeres Interesse feststellen können?
Carroggio: Absolut. Allein in den USA haben sich in den vergangenen
Monaten mehr als eine Million Menschen unsere Homepage www.opusdei.org angeschaut,
teilweise aufgrund des Trubels um das Buch "Sakrileg". Es gibt also eine Art indirekte
Werbung für uns.
Das erinnert mich an ein Ereignis in den ehemaligen
kommunistischen Ländern. Als offizielle Regierungsvertreter einen Artikel veröffentlichten,
in dem sie die Kirche und das Opus Dei attackierten, erhielten wir geheime Botschaften
von Menschen aus diesen Ländern, die das Gegenteil der eigentlichen Aussage herausgelesen
hatten: Sie waren zur Überzeugung gelangt, dass das Opus Dei interessant sein müsse,
wenn es von denjenigen kritisiert worden war, die die katholische Kirche kritisierten.
Mit dem "Da Vinci Code" oder "Sakrileg" ist es ähnlich.
Dank diesem
Buch haben wir schon ziemlich viel Zitronensaft machen können. Wir hoffen, dass wir
mit dem Film, so Gott will, unsere Produktion noch ankurbeln können. Wir werden mit
größerer Anstrengung zu informieren versuchen und vollkommene Offenheit und Verfügbarkeit
an den Tag legen: offene Türen. Denjenigen, die Interesse haben, würden wir gerne
die Gelegenheit geben, das Opus Dei aus erster Hand kennen zu lernen. Übrigens ist
das etwas, wofür sich weder der Romanschriftsteller noch der Filmregisseur interessiert
haben.
ZENIT: Wird man rechtliche Schritte gegen den Film unternehmen?
Carroggio: Das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Sicherlich gebe es
da schon einige Gründe, die dafür sprechen würden: Stellen Sie sich vor, dass in einem
Film gezeigt würde, dass Sony-Columbia nicht die Firma ist, wie wir sie uns vorgestellt
haben, sondern eine Mafiaorganisation oder gar eine mörderische Sekte. Ich glaube
nicht, dass sich ihre Rechtsanwälte mit Plakaten begnügten, auf denen geschrieben
steht: "Das braucht euch nicht zu beunruhigen, dass ist ja bloß Fiktion." Ich bin
davon überzeugt, dass sie mit einer Klage drohen würden.
Aber es ist
auch wahr, dass ein Gerichtsfall ein Symbol für einen institutionellen Konflikt ist.
Es würde zum "Fall Opus Dei gegen Sony-Columbia" kommen, und so etwas halte ich für
realitätsfern. Ich habe Ihnen ja bereits gesagt, dass das Opus Die höchstens eine
Friedenserklärung abgeben wird. Zum Streiten braucht man immer zwei, und in diesem
Fall wird es den zweiten nicht geben.
Andererseits gibt es Menschen
in 60 Ländern, die dem Opus Dei angehören. Einige von ihnen setzen sich unter ihren
Arbeitskollegen für die Förderung von Ausbildungszentren ein, etwa für Bauern oder
für Jugendliche, die keine Aussicht auf einen Job haben, oder aber auch für Krankenhäuser
in sehr armen Gegenden. Diese Initiativen gibt es dank der finanziellen Hilfe vieler
Mithelfer. Es ist klar, dass das Buch und der Film den Fortbestand dieser Initiativen
bedrohen könnten, weil sie die Spendensuche erschweren. Es würde mich deshalb nicht
überraschen, wenn einige dieser Organisationen finanzielle Schadensersatzforderungen
verlangten.
ZENIT: Wird man den mehr als 80.000 Mitgliedern des Opus
Dei davon abraten, sich den Film anzusehen, oder ist es besser, wenn sie ihn sehen,
damit sie die Missverständnisse verstehen, die er in manchen Kreisen ausgelöst hat?
Carroggio: Die Mitglieder des Opus Die sind erwachsene Menschen. Wir
werden nichts dergleichen tun.
Es ist eine interessante Frage, ob
es nicht besser gewesen wäre, nur die älteren Menschen zu diesem Film zuzulassen,
die ja Realität und Fiktion voneinander unterscheiden können. Ein Kind verfügt nicht
über jene Elemente, die es ihm ermöglichen, eine Geschichtsverfälschung zu erkennen:
Es genügt nicht, ein Schild mit der Aufschrift "Fiktion" anzubringen. Müsste man die
Kinder nicht genauso vor dieser subtileren und deshalb gefährlicheren Gewalt in Schutz
nehmen wie vor Szenen exzessiver Gewalttätigkeit und Sexdarstellungen?
Ich
finde, dass diese Sorge berechtigt ist. Neben dem wirtschaftlichen Nutzen sollte man
auch an die möglichen negativen Folgen für die Jugendlichen denken. Aber ich möchte
noch einmal wiederholen, dass es hier nicht darum geht, Zwietracht zwischen unterschiedlichen
Menschen, Ländern und Religionen zu sähen, sondern darum, Eintracht zu fördern."