2006-01-12 10:59:16

Vatikan: Frankfurter Musikologe ordnet Musikbestände


RealAudioMP3 Eine der bedeutendsten Musiksammlungen Europas ruht im Vatikan. Bloß: Keiner weiß es. Denn die Musikbestände der Vatikanischen Bibliothek sind zum Großteil nicht katalogisiert. Papst Benedikt XVI. hat nun einen deutschen Musikwissenschaftler damit beauftragt, Ordnung ins Gewirr der jahrhundertealten Bestände zu bringen. Adalbert Roth aus Frankfurt a.M. ist seit vergangener Woche „Scriptor Latinus“, zu deutsch: Lateinschreiber an der vatikanischen Bibliothek.

Roth arbeitet seit fünf Jahren im Vatikan. Die Bestellung zum Skriptor Latinus kam für den 52jährigen überraschend, auch wenn er wusste, dass die aus allen Nähten platzende Bibliothek zu wenige Skriptoren hatte: Laut Statut sollten es elf sein – mit Roth sind es fünf.

Das Amt des Skriptoren gibt es seit dem 16. Jahrhundert. Ihre Aufgabe war es damals, Handschriften abzuschreiben und zu ergänzen. Heute sind Skriptoren, erklärt Roth, „wissenschaftliche Bibliothekare: Unsere Hauptaufgabe ist es, Hilfsmittel wie Kataloge Inventare usw. zu erstellen. Daneben wird von uns wissenschaftliche Arbeit verlangt.“

Um Musikalien-Kataloge ist es an der renommierten päpstlichen Bibliothek trist bestellt: Es hat nie welche gegeben. Adalbert Roth ist tatsächlich der erste Musikwissenschaftler, den sich der Vatikan leistet, um seine eigenen Bestände zu sichten. Die Herausforderung liegt darin, dass die Musik-Bestände quer über die verschiedenen Sammlungen der Bibliothek verstreut sind.

„Zigtausend Handschriften und Drucke sind das - zigtausende. Wie viele Tausend, das kann ich Ihnen gar nicht sagen.“

Das Herzstück des vatikanischen Musikbestandes bildet das Archiv der so genannten Cappella Sistina, also des Papst-Chores, der in der sixtinischen Kapelle bei Papstmessen sang. Adalbert Roth: „Die Cappella Sistina war die tonangebende Institution der katholischen Kirche. Wenn wir heute von „a cappella“ sprechen, heißt das: nach Art der päpstlichen Kapelle. Und hier haben wir – das ist ganz einzigartig – das Repertoire einer Institution für ein halbes Jahrtausend heute noch unter einem Dach.“

Wie sich die Gesänge dieses päpstlichen Chores in der Sixtina vor 500 Jahren anhörten, vermag Roth nicht zu sagen. Einspielungen interessieren ihn wenig; in seinem engen Büro steht kein CD-Player. Dafür hängt da ein alter Stich: Eine Innenansicht der vollbesetzten Sixtina, mit Michelangelo-Fresken, einem dem Gottesdienst vorsitzenden Papst, Kurienleuten und – natürlich – den Sängern, die auf ihrer Empore stehen.

Adalbert Roth hat einen Traum: Die Rekonstruktion einer solchen historischen Papstmesse in der Sixtina – originalgetreu bis ins Detail.

„Das läuft in meinen Augen ab wie Fetzen eines Films, es gibt ja auch eine genaue Choreographie. Vor allem hängen meistens noch die Teppiche! Man müsste auch die Raffael-Teppiche aufhängen, und ob da das Museum mitspielt, weiß ich nicht!
(rv 12.01.06 gs)







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